2024-04-25T14:35:39.956Z

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Von solchen Fans, wie beim Pokalfinale 2014, gab es für den FC Bötzingen zuletzt zu wenige. Der Verein steckt in einer schweren Krise. | Foto: Manfred Frietsch
Von solchen Fans, wie beim Pokalfinale 2014, gab es für den FC Bötzingen zuletzt zu wenige. Der Verein steckt in einer schweren Krise. | Foto: Manfred Frietsch

Vorstand gesucht: Ist der FC Bötzingen noch zu retten?

Am Freitag soll ein neuer Vorstand gewählt werden +++ Früherer Vorsitzender Messerschmidt will Verein wieder auf die Beine stellen

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Rund 400 Mitglieder des FC Bötzingen sind am Freitagabend zu einer außerordentlichen Mitgliederversammlung aufgerufen. Es geht darum, den fast völlig verwaisten Vorstand neu zu wählen.
Rund 400 Mitglieder des FC Bötzingen sind am Freitagabend zu einer außerordentlichen Mitgliederversammlung aufgerufen. Es geht darum, einen neuen Vorstand zu wählen. Keine bloße Formalie bei der gegenwärtigen Verfassung des Vereins. Denn die ist sportlich, von der inneren Struktur und auch finanziell schlecht. Die Vorstandswahl könnte da schon die letzte Chance sein, die der Verein noch hat.

Immerhin: Ein Aufgebot steht, das, nach den Worten seines Frontmanns, Andreas Messerschmidt, mit einem Konzept vor die Mitglieder treten will. Der Gastronom ist bereit, als Vorsitzender zu kandidieren – und das nur sieben Monate, nachdem er, nach zwei Amtsjahren, auf eine Wiederwahl als Vorsitzender verzichtet hatte.

Ein Trio tritt zur außerordentlichen Vorstandwahl an: Andreas Messerschmidt, Udo Riva und Bernhard Wagner (von rechts). | Foto: Manfred Frietsch

Woher der Sinneswandel? Der Wirt der „Krone“ nennt drei Umstände, die ihn dazu bewogen haben, wieder anzutreten. Erstens sei er im August aus dem Verein aufgefordert worden, zu helfen. Zweitens habe er sich einen Überblick über den Ernst der Lage verschafft und darüber, was getan werden muss. Drittens, und das ist entscheidend für Andreas Messerschmidt, hat er – anders als noch im März – Leute zusammen, die sich mit ihm zur Wahl stellen, um den Kern eines neuen Vorstandes zu bilden. Udo Riva will als zweiter Vorsitzender kandidieren, Bernhard Wagner als Kassierer und Martin Hess als Spielausschussvorsitzender. Nur für das Amt des zweiten Rechners ist noch kein Kandidat gefunden.

Rückkehr nach dem Amtsverzicht
Vor sieben Monaten, bei der ordentlichen Mitgliederversammlung, sah es noch anders aus: Niemand wollte Kassierer werden, niemand fand sich zu einer Kandidatur als Vorsitzender bereit. An Bord blieb der damals nicht zur Wahl stehende zweite Vorsitzende Mario Schöneberg. Ihm gelang es zwar, später Bernhard Wagner kommissarisch mit der Führung der Kasse zu beauftragen. Doch die Erosion ging weiter. Der Frust färbte auch auf den Förderverein ab, der vor allem für das Werben von Sponsoren und die Aufwandsentschädigungen an die Spieler verantwortlich ist. Udo Riva legte schon im April sein Amt als zweiter Vorsitzender des Fördervereins nieder – wegen des Durcheinanders im Hauptverein, wie er heute sagt. Schließlich zog sich auch noch der Vorsitzende des Spielausschusses, der den Sportbetrieb organisiert, zurück.

Vor drei Wochen dann warf Schöneberg das Handtuch, nach Kritik an den Zuständen im Verein, die auch der Trainer der Verbandsligamannschaft, Ewald Beskid, öffentlich gemacht hatte. Zu diesem Zeitpunkt hatte Messerschmidt bereits Fühlung mit Akteuren im Verein aufgenommen. Dass Schöneberg und Messerschmidt erneut, wie nach ihrer Wahl als Vorstandsduo im März 2013, zusammenarbeiten könnten, ist kein Thema mehr.

„Der Notvorstand war einfach zu klein, es wurde im August klar, dass zu viel liegen bleibt“, schildert Bernhard Wagner seine Sicht. Und – ganz nach dem legendären Zitat des Bayernprofis Jürgen Wegmann – man hatte beim FCB nicht nur kein Glück, sondern es kam noch Pech dazu: Im Sommer nahm das Landratsamt den Brandschutz unter die Lupe und stieß in dem über 35 Jahre alten vereinseigenen Clubheim auf Mängel. Jetzt steht eine mittlere fünfstellige Summe im Raum, um in einem vorgegeben Zeitfenster die Mängel abzustellen. „Wir sind schuldenfrei“, betont Wagner, der in seinem kommissarischen Rechneramt die Finanzlage durchleuchtet hat, „aber es ist schwierig, den laufenden Etat zu decken.“ Auch in den Jahren vor seiner Amtszeit sei es so gewesen, dass man immer wieder vierstellige Defizite am Jahresende gehabt habe, sagt Messerschmidt. Er werde die Lage bei der Versammlung am Freitag „mit offenen Karten“ darstellen.

Immer Ärger mit dem Rasen
Das soll auch für das leidige Thema des Rasenplatzes gelten. Die Vereinsführung vor seiner Zeit, so Messerschmidt, habe von der Gemeinde erwartet, dass sie einen komplett neuen Platz baue – aus seiner Sicht ein Luftschloss in sechsstelliger Preislage. Jahrelang habe man sich nur aufs Flicken verlegt, bis dieses Jahr die Gemeinde eine Grundsanierung für 15000 Euro vornahm. Dann aber – das kreiden Messerschmidt und Riva dem Notvorstand der letzten Monate an – habe man die nötige Pflege und Wässerung schleifen lassen, so dass im Sommer Trockenschäden auftraten und die Saisonvorbereitung auf Kunstrasen erfolgen musste. Laut Schöneberg war es mühsam, Helfer zu finden. Dies gelang dann doch, und so ist der Rasen wieder hergerichtet.

Der Verein hat zu wenig Rückhalt an Mitgliedern, die anpacken, besonders in den Jahrgängen von Ende dreißig bis sechzig. „Es fehlt der Mittelbau, viele von denen sind vor gut zehn Jahren vergrault worden“, klagt Udo Riva. Dieses Loch erbten Messerschmidt und Schöneberg, als sie vor zweieinhalb Jahren die Führung übernahmen. Stopfen konnten sie es aber bisher nicht. Sportlich gab es zwar in der Verbandsliga einen Höhenflug, doch der riss die Basis nicht mit. Im Dorf wurde gegrantelt, dass im Kader nur auswärtige Spieler seien – in dieser Liga keine Ausnahme. Dass zudem verbreitet wurde, das ganze Geld fließe in die erste Mannschaft, stimme so nicht, betont Riva.

Auf und ab in der Jugendarbeit
Seit dem verlorenen südbadischen Pokalfinale im Mai 2014 geht es fast nur noch bergab. Die Mannschaft flog auseinander; der neue Trainer Ewald Beskid schaffte es dennoch, die Klasse zu halten. Dafür brach die mühsam wieder aufgebaute Jugendarbeit zusammen. Jugendtrainer verließen den Verein, Eltern meldeten ihre Kinder bei Nachbarclubs an. Es gibt nur noch eine D-Jugend und keine C-Jugend, die B-Jugend überlebt nur dank der Spielgemeinschaft mit dem SC Eichstetten. Diese Rückschläge will Messerschmidt mit seinem Team wieder wettmachen und einen Koordinator der Jugendarbeit anheuern. Immerhin, die zweite Mannschaft hat eine gute Verankerung am Ort.

Alles soll dafür getan werden, mehr Zuschauer ins Ried zu locken. „Die Mauer von 200 sollten wir überschreiten“, hofft Messerschmidt. Ob die erste Mannschaft dazu was beitragen kann? Einem holprigen Saisonstart mit fünf Pünktchen aus sechs Spielen folgte, pünktlich mit dem Ko. des Notvorstands, der Absturz: Drei Niederlagen mit 0:17 Toren. Da könnte man zynisch sagen, ein Besuch im Riedstadion lohne sich wirklich – für die Fans der Gästemannschaften.
Aufrufe: 012.10.2015, 17:50 Uhr
Manfred Frietsch (BZ)Autor