2024-04-25T14:35:39.956Z

Interview
Bis zum Winter noch auf der Bank beim SV Pullach: Niko Sternberg (2.v.li.) ist jetzt in der 1. Liga im Iran tätig. F: Hofer
Bis zum Winter noch auf der Bank beim SV Pullach: Niko Sternberg (2.v.li.) ist jetzt in der 1. Liga im Iran tätig. F: Hofer

In Pullach vor 100 Fans - in Teheran vor 100.000

Niko Sternberg (26) war bis vor Kurzem noch Towarttrainer beim SV Pullach, jetzt trimmt er im Iran die Keeper des Erstligisten Rah Ahan Yazdan zu Höchstform

Auf ein wahrlich nicht alltägliches Fußball-Abenteuer hat sich Niko Sternberg eingelassen. Der 26-Jährige war bis zum Winter Towarttrainer beim SV Pullach in der Bayernliga Süd und knallte unter anderem Ex-Löwen-Keeper Michi Hofmann die Kugeln um die Ohren. Doch seit April ist Sternberg nun im Iran bei Rah Ahan Yazdan in der Persian Gulf League beschäftigt. Im FuPa-Interview erzählt er, wie er zu dem außergewöhlichen Engagement gekommen ist und wie nun sein Alltag im streng muslimisch geprägten Iran aussieht.

FuPa: Niko, du warst ja bis vor Kurzem noch beim SV Pullach tätig. Wie bist du zu deinem Engagement bei Rah Ahan Yazdan im Iran gekommen?
Niko Sternberg (26): Ja, ich war bei SV Pullach als Torwarttrainer tätig. Es war eine wunderschöne zeit in Pullach, an die ich gerne zurück denke. Ich habe ihn Pullach sehr nette und sympathische Leute kennengelernt wie Frank Schöller ,Theo Liedl, Michi Hofmann und die anderen Jungs darf man auch nicht vergessen. In den Iran bin ich durch einen sehr guten Freund von mir gekommen. Er ist Deutsch-Perser und ist dort bei dem Klub als Geschäftsführer Sport tätig.

Erklär uns doch bitte kurz, wie die Persian Gulf Pro League funktioniert? Wie ist das Niveau und mit welcher Liga in Deutschland könnte man sie vergleichen?
Die Persian Gulf Pro League funktioniert fast wie jede andere Liga auf der Welt auch. Es gibt 16 Mannschaften und es wird ein Hin- und ein Rückspiel ausgetragen. Die ersten drei Mannschaften qualifizieren sich für die asiatische Champions League. Dazu kommt noch der Pokalsieger, der ebenfalls in der Champions League spielt. Bis jetzt gab es drei, ab der neuen Saison gibt es nur noch zwei Fixabsteiger. Das Liganiveau ist vom vom Tempo her obere zweite Liga, von der Technik würde ich sagen fast Bundesliga. Aber taktisch, das muss man ehrlich so sagen, sind die Iraner nicht besonders gut geschult, da würde ich sagen das ist vergleichbar mit unserer Regionalliga.

Und wie sieht`s mit dem Zuschauerinteresse aus?
Das Zuschauerinteresse ist sehr groß im Iran, die Iraner sind ein fußballverrücktes Volk. Wir hatten bei unserem letzten Auswärtsspiel 100.000 Zuschauer im Azadi-Stadion. Es gibt auch anderen Orte die einen Schnitt von etwa 4000 Fans haben.

Wie sieht der Kader bzw. Trainerstab aus, bist du der einzige Ausländer unter Iranern oder seit ihr bunt gemischt?
Im Trainerstab wird es ein paar Änderungen geben, es wird ein neuer Headcoach kommen für die neue Saison, die im August losgeht. Ich bin nicht der einzige Ausländer, wir haben noch einen deutschen Fitness/Athletiktrainer, mit dem ich mich super verstehe. Dazu haben wir einen Esten, der die Scouting-Abteilung übernimmt. Wie anfangs gesagt, haben wir einen Deutsch-Perser als Geschäftsführer Sport. Und dann gehört noch ein Deutscher zu unserem Team, den wir aus der Bundesliga abgeworben haben. Er kümmert sich um Sponsoring und Marketing.

»Viele Leute haben einen schlechten Eindruck vom Iran. Mag sein, dass es streng ist, aber jedes Land hat seine Religion. Ich akzeptiere es so wie es ist und ich habe kein Problem damit.«

Wie und wo lebst du?
Ich lebe in einer schönen Wohnung sehr zentral in Teheran, die mir vom Verein gestellt worden ist.

Der Iran ist vom Islam geprägt. Wie muss man sich deinen Alltag vorstellen?
Dazu kann ich jetzt noch nicht viel sagen, da ich erst seit Mitte April hier tätig bin. Meinen Alltag kann mich sich so vorstellen: Die meiste Zeit verbringe ich am Trainingsgelände. Zudem bin ich noch für die Ausbildung der Torhüter in der Academy zuständig dort werde ich noch von Torwarttrainer aus der Academy unterstützt. Ich arbeite auch gerade an einen Konzept für die systematische Ausbildung der Torhüter. Viele Leute haben einen sehr schlechten Eindruck vom Iran. Mag sein, dass es streng ist, aber jedes Land hat seine Religion. Ich akzeptiere es so wie es ist und ich habe damit kein Problem. Die Perser sind sehr freundlich und hilfsbereit.

Jetzt im Sommer steigen im Iran die Temperaturen nicht selten weit über 40 Grad. Wie kommst du mit dem Klima zurecht?
Ich komme sehr gut mit dem Klima zurecht. Hier im Norden in Teheran haben wir ganz normal vier Jahreszeiten. Im Sommer kann es allerdings schon mal bis über 40 Grad gehen. Das ist aber noch nichts im Vergleich zu anderen Städten Im Iran wie Ahvaz, die Stadt liegt am Persischen Golf liegt. Da wird es im Hochsommer nicht selten bis 50 Grad heiß. (lacht)

Wie schützt ihr euch bzw. die Spieler während des Trainings oder eines Spiels vor der brennenden Sonne?
Die Saison lief ja bis Mitte Mai, da waren die Temperaturen noch in Rahmen. Jetzt im Juni bis August wird es schon deutlich wärmer. Die Vorbereitung geht jetzt Ende Juni los, da werden wir am Abend trainieren, wenn es etwas kühler ist, so vermeiden wir die Hitze. Ab September wird es dann deutlich angenehmer.

Wie lange hast du vor im Iran zu bleiben? Planst du eine Rückkehr nach Deutschland?
Mein Vertag im Iran läuft jetzt noch bis Ende Mai 2019, was danach passiert, kann ich noch nicht sagen. Im Fußball weiß man nie genau, wo es einen hinverschlägt. Wenn ein passendes Angebot aus Deutschland kommen würde, könnte ich es mir gut vorstellen, auch nach Deutschland zurückzukommen und dort wieder zu arbeiten oder in anderen europäischen Ländern.

Aufrufe: 020.6.2016, 16:55 Uhr
Mathias WillmerdingerAutor