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Vereinsnachrichten
Die erste Garde des BV Cloppenburg im Jahr 1956 (hinten, von links): Reinhold Tiemann, Heinrich Sternberg, Josef Gerst, Heinz Gerst, Alfons Kreutzmann, Johannes Friedrich und Franz Solowski (vorne, von links): Willi Wagner, Heinz-Richard Müller, Josef Gertzen und Erhard Sternberg. Günter Gall
Die erste Garde des BV Cloppenburg im Jahr 1956 (hinten, von links): Reinhold Tiemann, Heinrich Sternberg, Josef Gerst, Heinz Gerst, Alfons Kreutzmann, Johannes Friedrich und Franz Solowski (vorne, von links): Willi Wagner, Heinz-Richard Müller, Josef Gertzen und Erhard Sternberg. Günter Gall

Im Dienste ihrer Britischen Majestät

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Der Fußballclub BV Cloppenburg hat seit seiner Gründung im Jahr 1919 so manch turbulente und spannende Spielzeit hinter sich gebracht. Jedoch ...
gehört das Jahr 1956 und die anschließende Saison 1956/1957 zu den interessanteren in der langen Vereinsgeschichte. Zum einen gewann der BVC im besagten Jahr 1956 den erstmals ausgetragenen Bezirkspokalwettbewerb. Die andere Besonderheit findet sich in der Kaderzusammensetzung wieder.

Denn in der damaligen Mannschaft standen auch drei Engländer. Sie hießen Harris, Howlett und Hill. Außerhalb des Fußballfeldes standen sie in Diensten der englischen Royal Air Force und waren an deren Stützpunkt in Ahlhorn stationiert. Ihre ersten Versuche im Dress des BVC unternahmen sie jedenfalls in Testspielen. Mit bahnbrechendem Erfolg: Ende Juni 1956 fegte der BVC, der seinerzeit in der Amateuroberliga unterwegs war, Frisia Goldenstedt mit 8:0 vom Platz.

Dabei erzielte Harris auf der Position des Rechtsaußen drei Tore. Sein Kamerad, Mittelstürmer Howlett, markierte einen Doppelpack. Die weiteren Tore schossen Willi Wagner und Alfons Kreutzmann.

Ab August waren die Engländer auch spielberechtigt und mit waschechten Pässen des NFV ausgestattet worden. Aufgrund ihrer unterschiedlichen Dienstzeiten konnten die englischen Spieler zwar nicht immer trainieren, doch ihren Leistungen tat dies keinen Abbruch. Zumal sie stets topfit zu den Spielen erschienen und sich keineswegs auf ihren Lorbeeren ausruhten. "Die Jungs haben richtig geackert. Das war schon imponierend", erzählte BVC-Legende Heinz-Richard Müller schon vor Jahren im Gespräch mit der NWZ.

Nach den Spielen wurden Howlett, Harris und Hill wieder eingesammelt und brausten davon. Allerdings nicht mit einem Militärfahrzeug, wie man vermuten könnte, sondern mit einem Privat-Pkw. Für damalige Verhältnisse eh ein besonderes Ereignis, denn ein Auto hatten seinerzeit die Wenigsten vorzuweisen. Englische Fußballer waren in den damaligen Amateurligen übrigens keine Seltenheit. Schließlich waren die Engländer fast überall im Norden stationiert. So spielte auch beim VfL Löningen lange Zeit ein Engländer in der Mannschaft.

Als bekannt wurde, dass die Engländer auch in Pflichtspielen eingesetzt werden konnten, versprachen sich die Cloppenburger einiges von ihrer Mannschaft. Die Hoffnungen waren auch berechtigt, denn der BVC hatte auf dem Transfermarkt ordentlich zugeschlagen. Neben Howlett, Harris und Hill tauchten mit dem torgefährlichen Hermes (Victoria Oldenburg) und Glosemeyer aus Garrel zwei weitere Topleute im Kader auf.

Dazu gesellten sich noch die vielen Eigengewächse. Eine starke Mannschaft war auch wichtig, denn in der damaligen Amateuroberliga, ging es zu wie in einem Haifischbecken. Hier gaben sich die Spitzenclubs gegenseitig die Klinke in die Hand wie der VfB Oldenburg, Victoria Oldenburg oder Eintracht Osnabrück. Wer da mitmischen wollte, brauchte eben eine schlagkräftige Elf, und die hatte der BVC zusammen.

Aus den damaligen Unterlagen geht hervor, dass in jener Saison 1956/1957 Josef Gerst als Spielertrainer das Ruder in der Hand hatte. Er und sein Bruder Heinz spielten schon in der Jugend für den BVC. Sie erlebten eine denkwürdige Spielzeit mit rassigen Duellen.

So wie im Januar 1957, als es den Cloppenburgern gelang, den Favoriten VfB Oldenburg um Ex-Nationalspieler Erich Hänel mit 2:1 zu schlagen. Die Tore erzielten Reinhold Tiemann und Hermes. Ein denkwürdiges Spiel, weil die Oldenburger sich kaum Schwächen erlaubten und am Ende der Saison mit elf Punkten Vorsprung Erster wurden. Der BVC wurde Neunter.

Zwar gilt England als das Mutterland des Fußballs, doch am Ende der Saison finden sich die englischen Verstärkungen nicht unter den besten BVC-Torschützen wieder. Josef Gerst (15), Hermes (13) und Tiemann (10) trafen am häufigsten. Wie lange die Engländer beim BVC aktiv waren, ist unklar.

Ihre Vornamen und der spätere Werdegang ließen sich trotz intensiver Recherche und NWZ-Nachfragen bei der Royal Air Force (RAF) in England und der Britischen Botschaft in Berlin nicht ausfindig machen.

Aufrufe: 020.12.2014, 10:37 Uhr
Stephan TönniesAutor