2024-04-25T14:35:39.956Z

Interview
Francisco Lahora auf seiner Praktikumsstelle beim SSV Merten, Foto: Won Song
Francisco Lahora auf seiner Praktikumsstelle beim SSV Merten, Foto: Won Song

"Ich will mich erstmal auf Bezirkligaebene etablieren"

Den Kindern fehlen häufig motorische Grundfertigkeiten. Ein Interview mit Francisco Lahora

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Francisco Lahora ist Schiedsrichter auf Bezirksligaebene, Trainer der C-Jugend des 1.FC Bonn, Mädchenbeauftragter und Vertreter der jungen Generation im Kreis Bonn.

FuPa Bonn/Rhein-Sieg sprach im Interview mit dem 18-jährigen über das Schiedsrichterleben, die Entwicklung des Bonner Fußballs und seine Vorlieben.

Frage: Sie haben im Mai ihre Schullaufbahn mit dem Abitur beendet. Was machen Sie aktuell während der Zeit nach dem Abitur?

Lahora: Ich mache seit August ein Vereinspraktikum beim SSV Merten, was mir persönlich sehr viel Spaß bereitet. Nebenbei übe ich natürlich noch mein Hobby als Schiedsrichter aus.

Wo liegen die Aufgabenbereiche bei ihrem Praktikum?

Hauptsächlich trainiere ich die F-Jugend des SSV Merten oder mache administrative Dinge. Ich bin auch für die Pausen- und Übermittagsbetreuung an zwei Schulen, mit denen der Verein kooperiert, zuständig. Dabei liegt mein Schwerpunkt auf dem Pausensport.

Kommen wir nun zur Schiedsrichterei. Auch wenn Sie die Frage wahrscheinlich nicht mehr hören können, wie kamen Sie dazu Schiedsrichter zu werden?

Ich wollte schon immer mal der Mann auf dem Platz sein, der die Entscheidungsgewalt hat bzw. das Recht hat, das Spiel zu leiten. Hinzu kam natürlich, dass mein Vater seit über 30 Jahren selber Schiedsrichter ist und so bekam ich schon als kleines Kind viel mit.

Könnten Sie mir, die aus ihrer Sicht, positiven sowie die negativen Seiten des Schiedsrichterlebens darstellen?

Man steht als Schiedsrichter immer im Mittelpunkt des Geschehens, was man eigentlich vermeiden möchte. Du wirst für jeden kleinen Fehler kritisiert, die immer mal passieren können, da wir ja auch nur Menschen sind. Selbstverständlich gehören Emotionen zum Fußball dazu, keine Frage. Ich würde mir aber trotzdem mehr Verständnis von allen Beteiligten der Vereine wünschen. Du bist auch gezwungen, dich über 90 Minuten zu konzentrieren und fokussieren nicht so wie z.B, der „Neuner“, der sich auch mal eine kleine Pause gönnen darf. Allerdings macht das Schiedsrichterleben auch enorm viel Spaß, da man wirklich hochklassige Partien nicht nur mitbekommt sondern mit eingebunden ist. Vor allem, wenn du mit einem Gespann zusammen arbeitest, in dem du eine gute Teamarbeit brauchst, ist es für mich eine Freude, auf und neben dem Platz zu stehen.

Einen Namen können wir dabei natürlich nicht außen vor lassen. Sascha Stegemann aus Niederkassel, der am 30.08.14 beim Spiel zwischen Mainz 05 und Hannover 96 seine Bundesligapremiere feierte. Was bedeutet das für sie?

Ich muss dazu zuerst sagen, dass ich mich für Sascha sehr freue, zumal ich mit seinem jüngeren Bruder öfter ein Gespann bilde. Für den Kreis bzw. den Verband ist es natürlich eine Maxime, dass man einen Bundesligaschiedsrichter stellt, dazu einen so guten wie Sascha Stegemann. Klar sieht man dadurch, dass es möglich ist, nach ganz oben zu kommen. Allerdings ist es ein wirklich weiter und anstrengender Weg bis dahin und deswegen denke ich lieber Schritt für Schritt, indem ich erst mal versuche, mich in der Bezirksliga zu etablieren.

Was können Sie potentiellen, bzw. zukünftigen Schiedsrichtern mit auf dem Weg geben?

Ich kann wirklich jedem nur empfehlen, der Lust hat, sich auf dem Platz selber zu verausgaben und zu entfalten diesen Weg zu gehen, auch wenn man nicht der beste Fußballer ist. Die Wichtigkeit besteht halt darin, sich nach außen ordentlich zu präsentieren, weil jede Entscheidung eine gewisse Außenwirkung hat.

Wir kommen nun zu der Entwicklung des Bonner Fußballs. Was sind Ihrer Meinung nach die Hauptgründe, dass im Kreis Bonn, trotz vielversprechender Talente in den Jugendabteilungen, keine Profimannschaft existiert?

Ich denke, dass ist ein schwieriges Thema. Selbst wenn wir mit dem Bonner SC in der A-Jugend Bundesliga und dem FC Blau Weiß Friesdorf in der A- und B-Jugend Mittelrheinliga zwei Mannschaften haben, die es geschafft haben, sich über Jahre hinweg in diesen Klassen zu halten, glaube ich, dass es aufgrund unserer Konkurrenz in der Umgebung wie z.B. Köln, Leverkusen oder wie auch in ganz Nordrhein-Westfalen verstreut, Schalke 04 oder Borussia Dortmund, sehr schwierig wird. Dann gibt es natürlich noch Viktoria und Fortuna Köln und nicht zu vergessen der FC Hennef 05 im Kreis Sieg, der ganz nah am Profigeschäft ist. Aufgrund dieser massiven Konkurrenz halte ich es für sehr schwer, in Bonn professionellen Fußball zu etablieren. Natürlich hat der Bonner SC das Potenzial in höhere Ligen vorzustoßen, allerdings bin ich mir da nicht sicher, ob das im Moment überhaupt erwünscht ist.

Würden Sie sich keinen Profifußball in Bonn wünschen?

Meiner Meinung nach ist es wichtig, dass jeder Verein die gleichen Maxime anstrebt und das ist nur möglich, wenn es keinen Klub gibt, in den die Stadt stark rein investiert. So haben alle, auch die kleinen Vereine, etwas vom Bonner Fußball.

Sie sind ja jetzt schon seit über vier Jahren Schiedsrichter und haben in der Zeit sehr viele Vereine kennengelernt. Erkennen Sie in den Vereinen grundsätzliche strukturelle Entwicklungen?

Ja klar, erkennt man bei vielen Vereinen Veränderungen. Allerdings gibt es meiner Meinung nach zu wenig Ehrenamtler, die sich aktiv beteiligen bzw. etwas bewegen wollen. Natürlich kann auch eine einzige Person einen neuen Weg einleiten, der dann drei bis vier Jahre erfolgreich ist. Dies sind dann aber nur kurze „Höhen“, die nicht etabliert werden können, weil es zu wenig ehrenamtliche Unterstützung gibt.

Es fehlt also nur an Personal?

Nein, nicht nur. Es ist vielleicht auch ein gesellschaftliches Problem, wenn man viele Kinder heutzutage sieht, die mit vier bis fünf Jahren noch Probleme beim Laufen haben, eine Erfahrung die ich als Jugendtrainer gemacht habe. Ich konnte mit vier Jahren schon Purzelbäume schlagen, auch wenn das jetzt wahrscheinlich schwierig wird. So ist man stark eingeschränkt bei den Trainingseinheiten, da viele Grundvoraussetzungen bei den Kindern fehlen. Es müsste mehr von den Schulen und Kindergärten kommen, die die Kinder in der Hinsicht mehr fördern sollten.

In welcher Hinsicht, kann der Fußball etwas bewegen?

Wir beim 1.FC Bonn versuchen, den Kindern mal etwas anderes zu zeigen. Die Leistung steht bei uns nicht im Vordergrund. Wir wollen den Kindern andere Perspektiven öffnen und ihnen klar machen, dass man z.B. keine Beleidigungen oder Gewalt braucht, um Spaß zu haben. Selbstverständlich funktioniert dies noch nicht zu einhundert Prozent, aber man erkennt stetig Fortschritte und Einsicht bei den Kindern. Vor allem bin ich stolz darauf, dass unsere C-Jugend wirklich unheimlich fair spielt, worauf auch mein persönlicher Schwerpunkt liegt.

Man hört aus ihrer Umgebung, dass Sie ein großer FuPa-Fan seien. Stimmt das?

Ja, absolut. Ich finde FuPa einfach toll, weil jedem Verein und Spieler die Möglichkeit gegeben wird, sich zu präsentieren und zu zeigen, wer man ist. Vor allem die Widgets finde ich sehr praktisch, sodass wir die auch in unsere Internetseite eingebaut haben. Lobenswert sind die einzelnen Profile, die unkompliziert und übersichtlich sind wie auch die Spielberichte, die mir sehr gut gefallen. Allerdings finde ich es etwas Schade, dass es nicht mehr Fotos und Bilder von den einzelnen Spielen gibt, weil die den positiven Gesamteindruck heben würden.

Warum ist in der heutigen Zeit die Öffentlichkeitsarbeit, im Bezug auf die Medienpräsenz, auch im Amateurbereich von großer Bedeutung?

Ich finde es gerade im Amateurbereich wichtig, weil es auf der Ebene wirklich alle betrifft. Ich persönlich empfinde es als deutlich interessanter zu erfahren, wie mein Freund in der Kreisliga oder mein Ligakonkurrent gespielt hat, als ein gewöhnliches Ligaspiel im Fernsehen zu gucken, beispielsweise in der Primera Divison, weil einfach der persönliche Bezug fehlt. Nur zur Info; ich bin Real Madrid Fan.

Was sind Ihre nächsten Ziele?

Kurzfristig versuche ich mich, wie schon zuvor erwähnt, als Schiedsrichter in der Bezirksliga zu etablieren. Mittelfristig gesehen würde ich dann schon gerne den Ausstieg in die Landesliga schaffen. Mit meiner C-Jugend beim 1.FC Bonn versuche ich, einfach so weiter zu machen, weil es aktuell super läuft und hoffentlich dann aber, dass mit der Zeit, Geduld und Spaß auch der Erfolg hinzu kommt (lacht). Das Praktikum beim SSV Merten gefällt mir auch sehr gut, da eine sehr familiäre Atmosphäre herrscht.

Francisco Lahora in 10 Jahren?

Das ist eine sehr schwierige Frage. Ich würde mir wünschen, dass ich in zehn Jahren auf DFB-Ebene pfeifen darf und mein Studium bis dahin beendet habe.

Vielen Dank.

Aufrufe: 018.9.2014, 16:00 Uhr
Won Song / FuPa Bonn/SiegAutor