2024-05-17T14:19:24.476Z

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,,Ich spiele lieber bei den Jungen"

Die 15-jährige Maylis Roßberg kickt bei der JSG Hattstedt/Arlewatt und gehört zu den besten Fußballerinnen ihrer Altersklasse in Deutschland

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Maylis Roßberg ist verliebt. Ballverliebt. ,,Ob Handball, Basketball, Beachvolleyball - man kann mich mit allen Ballsportarten kriegen." Besonders mit Fußball, denn in dieser Sportart gehört die 15-Jährige zu den besten Spielerinnen ihrer Altersklasse in Deutschland: In der Landesauswahl Schleswig-Holsteins ist sie seit 2012 fester Bestandteil. Das entging auch U15-Bundestrainerin Bettina Wiegmann nicht, zu aktiven Zeiten Weltmeisterin 2003 und vierfache Europameisterin. Sie lud die Offensivkraft, die seit ihrem vierten Lebensjahr kickt, im vergangenen Jahr zu einem DFB-Lehrgang ins nordrhein-westfälische Hennef ein.

Dort schlug sich die gebürtige Sylterin, die in einem Flensburger Internat wohnt und die Duborg-Skolen besucht, wacker. Prompt wurde sie im Herbst erneut zu einem Lehrgang eingeladen. Den musste Maylis absagen, da sie sich kurz zuvor beim Training in der Halle einen Außenbandriss zugezogen hatte. ,,Das war richtig hart für mich." Fast drei Monate lang setzte Maylis mit dem Balltraining aus und konnte nur dosierte Übungen zur Kräftigung der Rumpfmuskulatur absolvieren - für die fußballverrückte Sportkanone war das die Höchststrafe. ,,Ich hoffe schon, erneut eingeladen zu werden", sagt sie. ,,Nur wegen einer Verletzung werden sie mich nicht vergessen."


Erst Schule, dann Fußball: Maylis Roßberg am Schreibtisch bei den Schularbeiten.

Vergessen hat Maylis auch ihre Schwächen nicht, an denen sie in den kommenden Monaten feilen will. ,,Schnelligkeit, Technik, Torschuss und Spielübersicht will ich verbessern", sagt sie selbstkritisch. ,,Da gehöre ich noch nicht zu den 18 besten U15-Spielerinnen in Deutschland." Die meisten von ihnen sind allerdings ein Jahr älter als Maylis. Um die Defizite abzustellen, trainiert die 15-Jährige dreimal wöchentlich auf dem Platz und zweimal individuell ohne Ball. Hinzu kommt ein Punktspiel am Wochenende in der SH-Liga mit den C-Junioren der JSG Hattstedt/Arlewatt. Dort kickt sie seit dieser Saison bei den Jungs mit und nimmt lange Anfahrtswege in Kauf - kein Problem für Maylis, da sie weiß, dort besser gefordert und gefördert zu werden als bei anderen Teams.

Von Mitspielern oder Gegnern darf sie sich als Mädchen zwar regelmäßig Sprüche anhören, aber damit kann die selbstbewusste Maylis gut umgehen. ,,Ich muss ja nicht auf alles reagieren, und ansonsten weiß ich mich zu wehren." Das habe sie auch in ihrer Familie gelernt, die sie oft nur in den Ferien und an einigen Wochenenden während der Schulzeit sieht. ,,Meine Eltern, mein Bruder und meine Großeltern stehen mir immer mit Rat und Tat zur Seite." Von ihren Eltern sei aber auch die klare Ansage gekommen: ,,Schule geht vor."

Das beherzigt Maylis durchaus: Sie spricht fließend Englisch und Dänisch und zählt trotz des intensiven Trainings zu den besten Schülern ihrer Klasse. Dem Sport räumt sie dennoch einen ebenso großen Stellenwert ein, deshalb spielt sie ,,lieber bei den Jungen als Mädchen". ,,Da ist das Niveau höher, sie spielen schneller, dynamischer." Maylis will auch künftig von ihrem Sonderstatus als Auswahlspielerin Gebrauch machen und in der kommenden Saison im ersten B-Jugendjahr in einem Jungen-Team spielen. Ob dies weiterhin bei der JSG Hattstedt/Arlewatt der Fall sein wird, steht noch nicht fest. Ihr derzeitiger Trainer, Axel Thomas, hofft es jedenfalls. ,,Sie hat bei uns eine Führungsrolle, kommuniziert und dirigiert sehr gut, verteilt die Bälle hervorragend und ist auf einem hohen technischen Niveau", schwärmt er. Sie sei eine Bereicherung für jede Mannschaft. ,,Maylis kann man nachts um drei Uhr wecken, und sie würde sofort Fußball spielen wollen." Wenn sie ihr Schnelligkeits-Defizit in den Griff bekommt, stünden ihr ,,relativ viele Türen offen".

Das wünscht sich auch sein Schützling. Maylis: ,,Wolfsburg hat einen hochprofessionellen Frauenfußball-Bereich, aber am liebsten würde ich nach München gehen." Dort spielt derzeit auch ihr Idol, Mario Götze. ,,Er ist wie ich mehr ein Instinkt- und Technik-Fußballer." Doch an eine mögliche Profi-Karriere will Maylis noch nicht denken. ,,Man weiß im Leistungssport nie, wie es in ein, zwei Jahren aussieht." Nicht nur bei diesem Satz wirkt die 15-Jährige deutlich reifer, als es ihr Alter vermuten lässt. ,,Viel wichtiger ist es, den Spaß am Fußball zu behalten, denn dann spiele ich immer am besten." Spaß hat Maylis auch am Reisen. ,,Mit 16 oder 17 Jahren will ich für ein Auslandsjahr in die USA." Fußballspielen will sie dort natürlich auch. Denn ein Leben ohne Fußball ist für Maylis Roßberg nicht vorstellbar. ,,Ich wüsste nicht, was ich dann für ein Mensch wäre."
Aufrufe: 016.4.2015, 08:00 Uhr
SHZ / Christoph KäferAutor