2024-05-10T08:19:16.237Z

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"Ich hätte nicht auf das Geld verzichtet"

Michael Reichert, Vorsitzende des Schiedsrichterausschusses im Fußballkreis Oberhavel/Barnim, im Gespräch über die Elfmeter-Entscheidung in Mildenberg und den Verzicht des Unparteiischen

Es war der Aufreger im Fußballkreis Oberhavel/Barnim am Wochenende. Im Kreisoberligaspiel zwischen der SG Mildenberg und dem FC Kremmen nahm Schiedsrichter Tomy Richter erst eine Elfmeter-Entscheidung zurück und verzichtete dann auf sein Geld.

"Einen Fall, in dem ein Schiedsrichter auf sein Geld verzichtet hat, kenne ich so nicht", sagt der Vorsitzende des Schiedsrichterausschusses im Fußballkreis Oberhavel/Barnim, Michael Reichert. "Ich kenne einen Schiedsrichter aus Westfalen, der grundsätzlich nie die Aufwandsentschädigung angenommen hat, aber das war ja ein anderer Fall."

Der Referee der Partie in Oberhavel hatte aus einem anderen Grund verzichtet. Er entschuldigte sich bei den Kapitänen beider Teams für seine schlechten Leistungen und verzichtete aus diesem Grund auf seine 20 Euro Aufwandsentschädigung und sogar auf seine Fahrtkosten. "So etwas habe ich auch noch nie erlebt", berichtete Kremmens Trainer Falk Franke im Nachhinein. Dabei waren er wie auch sein Mildenberger Trainerkollege gar nicht so unzufrieden mit der Schiedsrichterleistung.

Lediglich eine Szene hatte kurz für Aufregung gesorgt, als bei Stand von 3:1 für Kremmen ein Mildenberger im Strafraum zu Fall kam. Tomy Richter entschied zunächst auf Strafstoß. Doch dann sprach ihn Mildenbergs Kapitän Dennis Moldenhauer an und erklärte, dass es kein Elfmeter war und sein Team den Strafstoß nicht ausführen wolle. Eine Entscheidung, die die Mildenberger zuvor in einer kurzen Teambesprechung gefällt hatten.

Der Mildenberger Einspruch hatte Erfolg, Schiedsrichter Tomy Richter nahm seine Entscheidung zurück. "Das war ganz großer Sport", so Kremmens Trainer im Anschluss. "Wenn Mildenberg getroffen hätte, wären sie wieder im Spiel gewesen. Dann brennt da nochmal der Mond. Darum war das sehr stark. Das macht nicht jede Mannschaft."

Eine Entscheidung zurück zu nehmen, so viel Mut müsse ein Schiedsrichter schon mitbringen, findet Michael Reichert. "Ich ermutige die Referees zu solchen Entscheidungen. Und auch, dass man ruhig mal zugeben kann, wenn man einen schlechten Tag hatte. Das sorgt für viel mehr Akzeptanz bei den Spielern und Trainern. Es gibt eben Situation, da ist einem zum Beispiel die Sicht verstellt, auch wenn ich eigentlich gut stehe, so etwas passiert eben."

Schiedsrichter Tomy Richter stammt aus dem Fußballkreis Mecklenburgische Seenplatte. "Mit den Referees und denen aus Prignitz-Ruppin haben wir ein Austauschprogramm", erklärt Michael Reichert. "Weil die in der Regel ihre Spiele Sonntags haben und wir Samstags, helfen sie bei ein bis zwei Spielen bei uns aus und umgekehrt." Die Reaktion des "Austausch-Schiris" findet Michael Reichert beachtlich. "Ich hätte das allerdings nicht gemacht, dass ich auf das Geld verzichtet hätte", sagt er auch. "Die Spieler verzichten ja auch nicht auf ihr Geld, wenn sie mal schlecht spielen."

Die Entscheidung der Mildenberger, auf den Strafstoß zu verzichten, könnte jetzt übrigens ein positives Nachspiel haben. "Ich habe mich mit dem Vorsitzenden des Spielausschusses, Steffen Midziol, besprochen und wir haben festgelegt, dass wir darüber eine offizielle Fair-Play-Meldung an den Fußball-Landesverband schicken werden", berichtet Michael Reichert. "So ein Vorgehen ist anerkennenswert und das sollte man auch würdigen", findet der Chef-Schiedsrichter.

Aufrufe: 021.3.2017, 06:07 Uhr
MOZ.de / Britta GallreinAutor