Vor einer Woche redete Markus Palionis Klartext. Das hart erarbeitete zarte Pflänzchen Hoffnung auf den Klassenerhalt habe die Mannschaft in Cottbus selbst zertrampelt, meinte der Jahn-Kapitän. Am Samstag, in der ersten Halbzeit gegen Dynamo Dresden, trampelte der Jahn auf diesem Pflänzchen nicht mehr nur herum, er grub gleich den ganzen Boden um. Nach drei haarsträubenden Abwehrfehlern stand es zur Pause 0:3. Danach kämpften die Regensburger zwar erfolgreich um ihre Ehre und schossen noch zwei Tore - an der desaströsen Vorstellung der ersten 45 Minuten konnte dies aber nichts mehr ändern.
In den ersten drei Spielen nach der Winterpause ging es für den Jahn gegen drei direkte Konkurrenten im Abstiegskampf der 3. Liga. Die Regensburger schlugen sich bravourös und holten sieben Punkte. Nun stand in zwei Duellen gegen Aufstiegskandidaten sozusagen die Reifeprüfung für das neu formierte Team an - und die versiebte der Jahn. In Cottbus gab es vier Gegentore, gegen Dresden nun drei.
Dabei waren die Regensburger mit großen Hoffnungen in die ,,Partie mit existenzieller Bedeutung", wie Brand vorher sagte, gegangen. Vielleicht hatte man im Jahn-Lager auch ein bisschen darauf spekuliert, dass die Dresdner das Spiel nicht ganz so konzentriert angehen würden, weil für Dynamo am Dienstag das Achtelfinale im DFB-Pokal gegen Borussia Dortmund ansteht. Davon war auf dem Platz aber nichts zu sehen. Die Gäste wollten offensichtlich vielmehr ihre jüngste Pleitenserie in der Liga von vier Niederlagen am Stück beenden und waren hellwach. Geschludert wurde nur von einem Team: dem SSV Jahn.
Die Dresdner hatten den Ball in der achten Spielminute eigentlich nur zaghaft nach vorne geschlagen, Jahn-Verteidiger Gregory Lorenzi brachte diesen aber einfach nicht aus dem Strafraum heraus. Dynamo-Torjäger Justin Eilers sagte Danke und schob die Kugel zum 0:1 ins Tor. Zwar sorgte danach Thomas Kurz, der für den verletzten Michael Königs als Mittelstürmer für den Jahn auflief, auch für etwas Betrieb im Dynamo-Strafraum - einmal traf er die Latte (9.), einmal zielte er knapp daneben (25.) -, diese vorsichtigen Angriffsversuche waren aber natürlich zu wenig, um die Fehler in der Abwehr auszugleichen.
Brand dürfte seinen Jungs in der Halbzeit gehörig die Leviten gelesen haben. Diese kamen jedenfalls mit neuer Kraft aus der Kabine und prompt zum Anschlusstor. Nach Vorarbeit von Kolja Pusch traf Uwe Hesse zum 1:3 (53.). Nun lag wieder ein Fünkchen Hoffnung in der Luft. Es entwickelte sich ein offener Schlagabtausch. Der Jahn versuchte verzweifelt, irgendwie noch ein Tor nachzulegen, was sogar gelang. Pusch drosch den Ball aus 14 Metern ins Netz (73.). Der Einsatz war den Jahn-Spielern nun ohnehin nicht mehr abzusprechen. Bis zur letzten Minute pressten sie alles aus sich heraus. Die vielen Angriffsversuche endeten aber zu oft im Nirgendwo. Am Ende blieb es beim 3:2 für Dresden. Die berüchtigten Dynamo-Fans feierten den Sieg euphorisch - aber friedlich, wie die Regensburger Polizei nach der Partie bekannt gab.
Da begann bei den Regensburger umgehend die Analyse. ,,Unser Problem war die erste Halbzeit", meinte Pusch. Uwe Hesse versuchte, sich irgendwie am Positiven hochzuziehen: ,,In der zweiten Hälfte sah man, was für ein Potenzial wir haben." Coach Brand stieß in dasselbe Horn: ,,Die zweite Halbzeit war ein Spiel auf ein Tor. Die Mannschaft hat eine Supermoral bewiesen und Dynamo an den Rand des Unentschiedens gedrängt."