2024-04-25T14:35:39.956Z

Im Nachfassen
Plitsch, platsch - und rein ins Vergnügen: Steven Lewerenz kämpft mit dem Ball und den Wassermassen.
Plitsch, platsch - und rein ins Vergnügen: Steven Lewerenz kämpft mit dem Ball und den Wassermassen.

Holstein Kiel nimmt "grenzwertige" Bedingungen an

Nach der Wasserschlacht in Stuttgart: Stimmen zum Spiel

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Die Entscheidung war keine leichte. An den Kassen des Waldau-Stadions hatten die Verantwortlichen des VfB den Einlass verzögert, um die Entscheidung abzuwarten. Wird nun gespielt oder nicht? Zwei Tage heftigster Regenfälle und dazu noch dichte Nebelschwaden - kurz vor 18 Uhr sah es am Freitagabend gar nicht gut aus. Die Kieler mussten sich schon darauf vorbereiten, die zweitägige Fahrt völlig umsonst angetreten zu haben, ehe der angesetzte Unparteiische Johann Pfeifer dann doch entschied: Ja, es wird gespielt.

,,Ich kann verstehen, dass man das Spiel durchziehen will", sagte Stuttgarts Nachwuchsleiter, der frühere DFB-Trainer Rainer Adrion. ,,Aber ein normales Fußballspiel werden wir nicht sehen." Er behielt Recht. ,,Grenzwertig", so nannte Holsteins Trainer Karsten Neitzel später den Entschluss, das Spiel stattfinden zu lassen und gestand: ,,Da wir gewonnen haben, bin ich im Nachhinein natürlich froh darüber. Sonst hätte ich wohl anders darüber gedacht."

VfB-Trainer Jürgen Kramny ging betont sportlich mit der Situation um. ,,Wenn der Schiedsrichter anpfeift, muss man sich auf die Bedingungen einlassen", sagte er. ,,Der Kieler Sieg ist insgesamt verdient."


Nicht an allen Stellen rollte der Ball: Der Platz im Stuttgarter Waldau-Stadion war am Freitag teilweise von Pfützen übersät.

Zwar hatte sich der Nebel, angesichts dessen die Sicht von Tor zu Tor vor Spielbeginn zeitweise nicht möglich war, bis zum Anpfiff völlig verzogen. Doch der Untergrund ließ Erinnerungen an die legendäre ,,Wasserschlacht" zwischen Deutschland und Polen 1974 im Frankfurter Waldstadion oder in jüngerer Zeit einen Spielabbruch zur Halbzeit eines Bundesliga-Spiel in Nürnberg aufkommen. Zwar präsentierte sich der Rasen im Waldau-Stadion in einem Top-Zustand, saftig grün und fest. Doch die Wassermassen bekam er nicht verarbeitet, so dass sich vor allem in den Seitenbereichen der linken Spielfeldhälfte Pfützen bildeten. Der Ball rollte nur in Teilbereichen. Was beide Mannschaften letztlich vor einem Abbruch bewahrte, war die gute Substanz des Rasens: Weil auch das kämpferisch geprägte Spiel den Rasen in 90 Minuten nicht ,,umpflügen" konnte und kein Morast entstand, blieben die Bedingungen während des gesamten Spiels nahezu gleich.

,,Man darf nie vom Normalfall ausgehen", erklärte Holsteins Torhüter Niklas Jakusch die Besonderheiten, ,,sondern muss immer davon ausgehen, dass der Ball sich nicht so verhält wie üblich. Der ist ja nur an zwei, drei Stellen normal gerollt. Ansonsten waren da ja Pfützen. Es kommt darauf an, einfach zu spielen und den Kampf anzunehmen." Für den 25-Jährigen stand deshalb auch außer Frage: ,,Wir haben uns den Sieg kämpferisch verdient."

,,Für uns ist es gut gegangen", befand Holsteins Tim Siedschlag. ,,Die Führung hat sicher auch geholfen. Wenn man auf so einem Boden zurückliegt, wird es noch schwerer." Im Gegensatz zur vergangenen Woche in Lübeck, als der Untergrund morastig und insgesamt regulärer, aber für gepflegtes technisches Spiel ebenso ungeeignet war (,,In gewisser Weise eine perfekte Vorbereitung für dieses Spiel", schmunzelte Jakusch), fanden sich die Kieler schnell mit der Situation ab. ,,Wir haben die Bedingungen angenommen", erklärte Rafael Czichos. ,,Bei diesem Wetter ging es nur so, dass wir über den Kampf ins Spiel kommen. Dafür haben wir alle gemeinsam richtig gut gearbeitet." Der Abwehrspieler war erleichtert. ,,Heute hat man gesehen, dass wir auch kämpfen können. Zuletzt war uns ja gerne mal vorgeworfen worden, dass wir es nur spielerisch können."

Prototyp des Kämpfers auch auf einem solchen Untergrund war einmal mehr Patrick Herrmann. Der Außenverteidiger lobte aber ebenfalls die gesamte Elf. ,,Wir haben das als Mannschaft so angenommen, sind jedem Ball nachgegangen und haben es dem Gegner schwer gemacht", erklärte er. ,,Bei solchen Verhältnissen ist es das Wichtigste, die Zweikämpfe anzunehmen. Mit dem 1:0 wurde es natürlich auch leichter für uns."

Und so war am Ende auch Neitzel rundum zufrieden. ,,Die Mannschaft hat das so gemacht, wie man es unter diesen Bedingungen machen muss", sagte er. ,,Und in der zweiten Hälfte haben wir auch gut Fußball gespielt. Insgesamt war es für diese Umstände ein sehr gutes Fußballspiel mit Chancen auf beiden Seiten." Aus Kieler Sicht werden die Gedanken an die ,,Wasserschlacht von Stuttgart" somit rückblickend positiv bleiben.
Aufrufe: 023.11.2015, 14:35 Uhr
SHZ / cjeAutor