2024-04-25T08:06:26.759Z

Im Nachfassen
Sektdusche mal anders herum: Kapitän Rafael Czichos begießt einige Fans, die fast vollständig den Platz stürmten, mit Sekt. Foto: dpa
Sektdusche mal anders herum: Kapitän Rafael Czichos begießt einige Fans, die fast vollständig den Platz stürmten, mit Sekt. Foto: dpa

Holstein Kiel mit emotionaler Zweitliga-Rückkehr

Großaspach und die große Party

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Der eine sank ungläubig zu Boden, der andere setzte euphorisch zum Jubelsturm an. Die Reaktionen der Kieler Spieler waren nach dem Schlusspfiff unterschiedliche. Die Fans kannten kein Pardon mit dem Rasen, obwohl der doch eigentlich für das Junioren-Länderspiel in der kommenden Woche geschont werden sollte. Ganz Großaspach war eine ganz große Party in Blau-Weiß-Rot.

Im Mittelpunkt der Fans Publikumsliebling Patrick Herrmann, aber auch alle Spieler mittendrin. Rund 1500 Kieler hatten die 736 Kilometer zum wohl am schlechtesten erreichbaren Drittligisten auf sich genommen. Am Ende jubelten sie mit der Mannschaft, von denen der eine schnell, der andere weniger schnell seine Emotionen in Worte fassen konnte.

In der Stunde des Triumphs dachte Verteidiger Dominik Schmidt zuerst an den im März verstorbenen Präsidenten. „Roland Reime schaut von oben zu. Er hätte es verdient gehabt, das hier zu erleben.“ Auch die mitgereisten Vertreter des Aufsichtsrats hatten an ihn gedacht und zumindest ein Bild von Reime dabei.

Geschäftsführer Wolfgang Schwenke schoss der langjährige Mitstreiter im Präsidium ebenfalls gleich in den Kopf. „Er hätte sich sehr gefreut. Es ist unheimlich schade, dass er das hier nicht mehr erlebt.“ Gleichzeitig freute er sich über die große Unterstützung. „Einfach toll, wie viele auch heute hier dabei waren. Es hat sich angefühlt wie ein Heimspiel.“

Die Feierstimmung erreichte schnell erste Höhepunkte. „Es ist der helle Wahnsinn“, jubelte selbst der besonnene Routinier Dominic Peitz. Die Aufstiegs-T-Shirts (Schriftzug „Kiel Ahoi“ mit einem Segelboot mit einer „2“ auf dem Segel) hatten schnell alle übergestreift. Nur Versorgungsengpässe wurden zunächst noch ausgemacht. Schließlich war vom Verein offiziell nichts vorbereitet worden. Einzig ein paar Sektflaschen fanden schnell den Weg aufs Feld, ein paar obligatorische Duschen folgten.

„Ich will jetzt einfach nur ein Bier“, sagte Torhüter Kenneth Kronholm und stellte auch mit Aussicht auf künftige Gastspiele in Kaiserslautern, Nürnberg oder St. Pauli fest: „Begreifen werde ich das alles ohnehin erst in ein paar Tagen.“

Für den Flüssigkeitshaushalt war dann in der Kabine gesorgt, wo eilig ein paar Kästen Bier herangeschafft wurden. Die wurden allerdings nicht nur getrunken. „Wo ist denn hier die Pressekonferenz?“, fragte Routinier Schmidt als Anführer einer Spieler-Polonaise zielorientiert.

Das obligatorische Pressegespräch war zwar wegen des „Ausnahmezustands“ abgesagt worden. Doch ihr Opfer fanden die Akteure dennoch. Trainer Markus Anfang hatte in der Presserunde gerade freudig festgestellt, dass sein Team „wieder zu Null gespielt“ und es vor allem defensiv „gut gemacht“ habe, als er von einem Dutzend Spieler umringt und mit Bier übergossen wurde.

Doch nach dem Duschen legte der eine oder andere Spieler eine kleine Feierpause ein. Zu spüren war, dass von manchem Akteur auch einfach nur eine Menge Erwartungsdruck abgefallen war. Weiter ging's dann ja ohnehin schon auf dem Weg zum Flughafen. Mehr wussten die Aufsteiger zunächst auch nicht. „Es wird mit Sicherheit gefeiert. Wir wissen nur noch nicht, wo und wie“, sagte Schmidt.

In Erwartung der großen Feier am kommenden Sonnabend auf dem Rathausmarkt hatte der Verein für die Rückkehr nach dem Großaspach-Spiel nur inoffiziell bereits den Stadionvorplatz als Treffpunkt ausgemacht. Einer fehlte übrigens auch da. Sportchef Ralf Becker genoss zwar auch ein Siegerbier. „Aber für Sonntag ist eine Spielbeobachtung geplant. Und daran wird nichts geändert“, sagte er und blieb im Süden. „Die Zeit zum Feiern kommt noch.“
Aufrufe: 015.5.2017, 08:30 Uhr
SHZ / cjeAutor