2024-04-25T14:35:39.956Z

Testspiel
Wieder einmal ausgetanzt: Auch Eidur Sigurbjörnsson (re.) hatte gegen die HSV-Stürmer, hier Pierre-Michel Lasogga, vor der Pause große Probleme. Foto: Stieh.
Wieder einmal ausgetanzt: Auch Eidur Sigurbjörnsson (re.) hatte gegen die HSV-Stürmer, hier Pierre-Michel Lasogga, vor der Pause große Probleme. Foto: Stieh.

"Holstein hat uns mit viel Power richtig gefordert"

Kiel unterliegt HSV im Test nur knapp +++ Beide Trainer zufrieden

Karsten Neitzel war zufrieden. ,,Das war ein Test, der einige wichtige Erkenntnisse gebracht hat", stellte der Kieler Trainer fest. Auf der anderen Seite fuhr Bruno Labbadia ebenfalls gut gelaunt heim. Im Gegensatz zum letzten Vergleich vor vier Jahren hatte der Hamburger SV mit 2:1 (2:0) bei Holstein Kiel gewonnen. ,,Vor allem aber war es das Spiel, was wir uns gewünscht haben. Holstein hat uns mit viel Power richtig gefordert", sagte der HSV-Trainer.

Nur in den ersten Minuten war davon nichts zu sehen. Eine der Neitzel-Erkenntnisse war ursächlich dafür. ,,Es war wichtig, einige Spieler nach Verletzungen wieder zu sehen. Man hat erkannt, dass ein paar Wochen ohne Spielpraxis schon einen großen Unterschied machen. Wettkampf und Training sind da schon etwas völlig anderes", sagte der Holstein-Coach. Das durfte Willi Evseev auf sich beziehen, der 45 Minuten lang quasi überhaupt nicht stattfand.

Das galt mit Einschränkungen auch für Evans Nyarko, der vor der Abwehr nicht für die erhoffte defensive Stabilität sorgte. Vor allem aber waren die Innenverteidiger gemeint, Rafael Czichos und Eidur Sigurbjörnsson. Insbesondere Czichos begann so schlecht, wie man es selten vom Kapitän sah. ,,Er hat sich im Laufe des Spiels aber wieder besser zurecht gefunden", sagte Neitzel.

Zwar wirkten alle Kieler anfangs nicht wirklich wach, was Patrick Kohlmanns zu kurzer Rückpass nach nur 30 Sekunden unterstrich, mit dem er Robin Zentner erstmals in Bedrängnis brachte. Doch die beiden schnellen Gegentreffer gingen in erster Linie auf das Konto der Innenverteidiger. Beim 0:1 sahen beide schlecht aus, Pierre-Michel Lasogga bediente Sven Schipplock, der Zentner umkurvte und einschoss (5.). Beim 0:2 hatte Czichos einen Pass schon abgefangen, ließ sich das Leder aber amateurhaft von Schipplock abjagen, der frei auf Zentner zulief und flach verwandelte (9.). Zwischenzeitlich hatte Sigurbjörnsson Glück, als er sich von Lasogga im Strafraum austanzen ließ, Zentner dessen Schuss jedoch per Fußabwehr parierte (7.). ,,In einem Punktspiel hätte ich wohl frühzeitig zwei Mal gewechselt", sagte Neitzel später.


Anfangs lautstark, später zufrieden: Karsten Neitzel konnte mit seiner Elf von der 15. bis zur 90. Minute zufrieden sein.Stieh

,,Die erste Viertelstunde sah düster aus", verdeutlichte Sportchef Uwe Stöver.,,In einem Pokalspiel hätte ich wohl auch etwas defensiver aufgestellt", erläuterte Neitzel, dessen Team auch gegen den zwei Klassen höheren Gegner durchweg Mann gegen Mann verteidigte und vorne die Pressing-Situationen suchte - was vor der Pause aber nur ab und zu gelang.

Immerhin stabilisierten sich die Kieler bald. ,,Die Mannschaft hat nach dem 0:2 nicht aufgesteckt, sondern das Spiel angenommen, sich zurückgekämpft und gut ins Spiel gefunden", lobte Stöver. Zwar ließ sich Sigurbjörnsson noch einmal von Schipplock vernaschen, der sobald er Tempo aufnahm, von beiden Innenverteidigern kaum zu bremsen war. Aus spitzem Winkel landete der Ball am Außenpfosten (25.). Nabil Bahoui scheiterte zudem zwei Mal an Zentner (28., 44.). Nach dem zweiten Versuch setzte Schipplock den Abpraller aus sechs Metern über das leere Tor. ,,Da hätte das Buch schon zu sein können", wusste Labbadia.

Der 0:2-Pausenstand war jedoch gerecht, schließlich verlief das Spiel nach dem 0:2 bereits deutlich ausgeglichener. Vorn kam Holstein nach ersten Versuchen von Manuel Janzer (8.) und Maik Kegel (12.) etwas besser ins Spiel. Mit etwas Glück hätte Mathias Fetsch einen Elfmeter bekommen können, als Jaroslaw Drobny den Ball gegen ihn vertändelte und den Stürmer dann rempelte (30.). Fabian Schnellhardt, für den verletzten Janzer (Verdacht auf Muskelfaserriss) gekommen, hatte nach einem starken Solo kurz vor der Pause eine erste große Chance, die Drobny per Fußabwehr bereinigte (41.).

Mit völlig veränderter Offensive kehrten die Kieler aus der Pause zurück. Eine weitere positive Erkenntnis des Abends. ,,Wir haben einen breiten Kader. Das müssen wir in den nächsten Wochen zu unserem Vorteil nutzen", erklärte Neitzel. 22 Mann ließ der Kieler Trainer spielen. 20 davon können sich auch in der Liga Hoffnungen machen. Und neben den drei Kreuzband-Rekonvaleszenten fehlten ja auch noch die angeschlagenen Tim Siedschlag (Knieprobleme), Denis-Danso Weidlich (Wadenbeschwerden) und Manuel Hartmann (Zehprellung). Dank der Breite im Kader wirkten sich die Wechsel weniger aus als beim HSV, der ohne fünf Nationalspieler (Spahic, Sakai, Ekdal, Gregoritsch, Rudnevs) und drei angeschlagene Spieler (Cleber, Djourou, Hunt) am Ende eine Not-Abwehr auf dem Platz hatte, in der der Ex-Lübecker Ahmet Arslan seine Premiere als Rechtsverteidiger feierte.

,,Wir haben uns aber auch mehr zugetraut, sind früher drauf gegangen", erklärte Czichos.Saliou Sané, in Magdeburg schon defensiv überzeugend, machte auch bei eigenem Ballbesitz diesmal einiges richtig. Es passte, dass er nach einem von Czichos quergelegten Kegel-Freistoß zum 1:2 einschoss (54.). ,,Das Tor tut gut", sagte der Torschütze, der in einem Punktspiel zuletzt im August 2014 (!) getroffen hat. ,,Ich hoffe, es geht für mich so weiter. Aber entscheidend ist, dass wir als Team endgültig unten raus kommen." Fulminante Distanzschüsse von Patrick Herrmann (57.) und Marc Heider (61.) folgten, ehe Heider in abseitsverdächtiger Position nach schönem Pass von Sané das 2:2 auf dem Fuß hatte, aber frei vor Andreas Hirzel am Außenpfosten scheiterte (68.).

Nach einem Klassevorstoß des jungen Arne Sicker auf der linken Seite traf zudem René Guder aus 14 Metern nur die Latte (85.). ,,In der zweiten Hälfte haben wir uns einige Torchancen erspielt. Am Ende wäre ein 2:2 möglich und auch gerecht gewesen", fand Stöver. Der HSV hatte in der gesamten zweiten Hälfte nur eine Chance, als Schipplock aus der Drehung das lange Eck verfehlte (73.).,,Trotz der Niederlage gehen die Zuschauer mit einem guten Gefühl nach Hause", glaubte der Holstein-Sportchef. Bei fast 9000 Besuchern im nicht ganz ausverkauften Holstein-Stadion auch keine ganz unwichtige Erkenntnis.

Holstein Kiel: Zentner (46. Jakusch) - Herrmann (74. Guder), Sigurbjörnsson (74. Schmidt), Czichos (85. Mandel), Kohlmann (74. Sicker) - Nyarko (74. Wirlmann) - Evseev (46. Lewerenz), Kegel (85. Arndt), Janzer (28. Schnellhardt) - Schäffler (46. Sané), Fetsch (46. Heider).

Hamburger SV: Drobny (46. Hirzel) - Diekmeier (68. Arslan), Haut (46. Seo), Kacar, Ostrzolek - Bahoui (76. Carolus), Jung, Holtby, Ilicevic (46. N. Müller) - Schipplock, Lasogga.

SR: Jablonski (Bremen).Zuschauer: 8.986.Tore: 0:1 Schipplock (5.), 0:2 Schipplock (9.), 1:2 Sané (54.).Gelbe Karte: Bahoui.
Aufrufe: 025.3.2016, 10:30 Uhr
SHZ / Christian JessenAutor