2024-04-16T09:15:35.043Z

Der Spieltag
Gewann im Schneegestöber von Drochtersen fast jeden Zweikampf: Henry Sung. Fotos Berlin
Gewann im Schneegestöber von Drochtersen fast jeden Zweikampf: Henry Sung. Fotos Berlin

Höhenflug dank Pasta Bolognese und viel Spinat

Die SV Drochtersen/Assel bleibt die Überraschungsmannschaft der Fußball-Regionalliga Nord.

Verlinkte Inhalte

Am Sonntag erzielte der Aufsteiger vor 812 Zuschauern im Kehdinger Stadion ein 1:1-Unentschieden gegen den VfL Wolfsburg II. Es stürmte und schneite, die Bedingungen waren eine Katastrophe. Genau das Richtige für den Drochterser Mittelfeldspieler Henry Sung (26), dem sein Trainer Enrico Maaßen eine Leistungsexplosion bescheinigt.

SV Drochtersen/Assel - VfL Wolfsburg II 1:1

Gegen den haushohen Favoriten aus Wolfsburg geriet Henry Sung zu einem der wertvollsten Spieler des Tages. Schon durch seinen Körperbau besaß er im tiefsten Matsch-Gemisch aus Schnee, Rasenfetzen und Erde einen entscheidenden Vorteil gegenüber seinen Gegenspielern. Trainer Maaßen erklärt die Zweikampfstärke seines Mittelfeldspielers mit dessen „niedrigen Körperschwerpunkt“. Keiner ist im Zweikampf am Boden so wuselig, standfest und dabei erfolgreich wie Sung.

Dieses ganze Lob ist Sung unangenehm. „Ich will nur meinen Job machen und mich nicht abfeiern lassen“, sagt er. Für Sung zählt nur der Erfolg der Mannschaft. Bei stürmischem Schneegestöber im Kehdinger Stadion war es sein Kollege Alexander Neumann in der Sturmspitze, der D/A in der 20. Spielminute gegen den VfL Wolfsburg II in Führung hätte bringen müssen. Neumann versuchte, den Ball über VfL-Schlussmann Alexander Brunst-Zöllner zu heben, scheiterte jedoch. Zehn Minuten später scheiterte die Offensivkraft erneut, weil er den mitgelaufenen Florian Nagel nicht anspielte und danach mit seinem Schüsschen in der Abwehr hängen blieb. Nagel und Finn-Patrick Gierke besaßen danach gute Schussmöglichkeiten. Wolfsburg agierte bei Standardsituationen brandgefährlich.

Nach dem Seitenwechsel passte sich das fußballerische Niveau den Platzverhältnissen an. Bis zur 75. Minute passierte gar nichts. Weil die Drochterser Zentrale Wolfsburgs Oskar Zawada nicht angriff, konnte der, eiskalt wie der klirrende Nordwestwind, ungehindert einschieben. Drei Minuten später wurde den Kehdinger Fans wieder warm ums Herz, nachdem Innenverteidiger Thomas Johrden am zweiten Pfosten in Folge einer Drochterser Ecke den rechten Fuß hinhielt und den Ball über die Linie drückte.

Johrden lief schnell beim Jubeln. Doch Henry Sung krallte sich in seinem Trikot fest und war einer der ersten Gratulanten. Das Ausgleichstor, das gleichzeitig den Endstand bedeutete, war wie eine Erlösung. „Wir haben 1:1 gewonnen“, sagt später Trainer Enrico Maaßen.

Drochtersens Vereinspräsident Rigo Gooßen kürte Henry Sung nach dem Abpfiff zum Spieler des Tages. Nicht nur für die gerade zu Ende gegangenen 90 Minuten, vielmehr für die gesamte Saison. Sung hat zwei Fußball-Jahre zum Vergessen hinter sich. Langwierige Probleme an der Hüfte und ein Innenbandriss im Knie warfen den Rechtsfuß immer wieder zurück. Die Fitness blieb aus, die Form reichte nur für die zweite Mannschaft. Der 26-Jährige arbeitete an sich, an seiner Einstellung und stellte seine Ernährung um. Sung ist wieder da.

Zehn Kilogramm speckte Sung in den vergangenen Monaten ab. Er ist athletischer und muskulöser geworden. „Bei der Arbeit war die Pizza oder die Currywurst mit Pommes immer schnell bestellt“, sagt er. Am Vorabend eines Ligaspiels gibt es jetzt Pasta Bolognese oder Spinat mit Rührei. Sungs Freundin Laura kocht ausgewogen. Wenn kein Fußball ansteht, kochen beide gemeinsam.

Typen wie am Sonntag Johrden oder sonst die Kreativkräfte entscheiden die Spiele. Typen wie Sung erarbeiten fast ungesehen den Erfolg. Sung sagt, er wolle einfach nur spielen, oben dran bleiben, den Traum fortsetzen und verletzungsfrei bleiben.

Schiedsrichter: Henrik Bramlage (VfL Oythe) - Zuschauer: 84

Tore: 0:1 Oskar Zawada (75.), 1:1 Thomas Johrden (78.)

D/A holt die Punkte gegen die Großen

Die Einstellung: Wieder kämpft D/A bis zum Abpfiff und belohnt sich mit dem Ausgleich. Rückstände hat die Mannschaft bereits häufiger weggesteckt.

Favoritenschreck: D/A holt gegen fast jedes Top-Team der Liga Punkte. Nur in Flensburg gab es keine Zähler.

Die Fitness: Bei den Verhältnissen 90 Minuten lang Vollgas geben, ist aller Ehren wert.

Der Abschluss: Bei der Anzahl der hochklassigen Chancen lagen beide Teams eng beisammen. D/A hätte in Halbzeit eins in Führung gehen können. Doch Alexander Neumann agierte im Abschluss zu harmlos und übersah den besser postierten Nebenmann.

Die Fairsten im KreisVGH-Vertriebsleiter Ingo Kellersmann, Paul-Reinhard Schmidt vom NFV und der Drochterser VGH-Vertreter Stefan Funk übergeben D/A-Kapitän Sören Behrmann den Fairness-Pokal.

Der Fußball-Regionalligist SV Drochtersen/Assel hat im Anschluss an das Spiel gegen den VfL Wolfsburg II von VGH-Vertriebsleiter Ingo Kellersmann, von dem Drochterser VGH-Vertreter Stefan Funk und von Paul-Reinhard Schmidt vom Niedersächsischen Fußballverband den Fairness-Pokal erhalten. Die Kehdinger waren im VGH Fairness Cup 2014/2015 als Oberligist die zweitbeste Mannschaft in Niedersachsen und die fairste im Kreis Stade.

Kellersmann, Funk und Schmidt hatten für die Spielvereinigung einen Scheck in Höhe von 800 Euro als Belohnung dabei. Dieses Geld fließt in die Jugendarbeit des Vereins. Über weitere 500 Euro freut sich die Mannschaftskasse des erfolgreichen Aufsteigers.

Noch nie in der Geschichte des Fairness Cups hatte das höchstklassig spielende Team des Landkreises bei der traditionellen Wertung einen vorderen Platz belegt.



Aufrufe: 022.11.2015, 21:55 Uhr
Tageblatt/Daniel BerlinAutor