2024-04-25T14:35:39.956Z

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Am 10. November 1990 gedachten Fans beim Spiel des FC Berlin gegen den HFC Chemie des getöteten Mike Polley. Foto: Bernd Settnik / Wiki CC-Lizenz
Am 10. November 1990 gedachten Fans beim Spiel des FC Berlin gegen den HFC Chemie des getöteten Mike Polley. Foto: Bernd Settnik / Wiki CC-Lizenz

Heute vor 26 Jahren wurde Fußballfan Mike Polley erschossen

Der Her­gang der Tat ist bis heute un­ge­klärt

Am 3.11.1990 kam es in Leipzig zu den Ereignissen, die zum Tode von Mike Polley führten. Polley kam während der Ausschreitungen rund um das Oberliga-Spiel zwischen dem FC Sachsen Leipzig und dem FC Berlin (heute BFC Dynamo) durch Schüsse eines Polizisten ums Leben.

Am 3.11.1990 besuchte der FC Ber­lin-Fan Mike Pol­ley in Leip­zig das Spiel sei­nes Vereins gegen den FC Sach­sen Leip­zig. Nach­dem die Leipziger Polizei die FCB-Fans nicht ins Sta­di­on ließ, kam es zu mehr­stün­di­gen Krawallen, bei denen Po­li­zis­ten auf dem Bahn­hofs­ge­län­de von Leip­zig-Leutzsch von den FCB-Anhängern um­ringt wur­den. Sie fühl­ten sich be­droht und schos­sen in die Menge. Pol­ley wurde von einer Po­li­zei­ku­gel töd­lich ge­trof­fen. Der Her­gang der Tat ist bis heute un­ge­klärt.

Die taz berichtete in ihrer Ausgabe vom 05.11.1990: "Nachdem die vor dem Stadion aufgebauten Polizeiketten massiv mit Raketen und Reizgas angegriffen worden waren, ließ Einsatzleiter Krompholz Tränengas einsetzen, was - so seine eigene Darstellung - 'wunderbar klappte'. Beim weiteren Vordringen gegen die Hooligans geriet die zahlenmäßig unterlegene Polizei am Leutzscher Bahnhof jedoch in die Klemme. Sie wurde von zwei Seiten von den Hooligans eingekesselt, mit Pflastersteinen und Raketen befeuert und mit Eisenstangen angegriffen. In dieser Situation gab der Einsatzleiter den Befehl zum Einsatz der Schußwaffe. Erst nach einer Weile waren Stimmen zu hören, daß es dabei Verletzte gegeben habe. Schließlich kamen einige Jugendliche mit erhobenen Händen aus der Seitenstraße und teilten der Polizei beinah geschäftsmäßig mit, daß sie einen Toten hätten."

Au­gen­zeu­gen spra­chen von einem hin­ter­rücks ge­tä­tig­ten Schuß und davon, dass die Po­li­zei auf fliehende Fans geschossen habe. Trotz Ein­lei­tung von 80 Er­mitt­lungs­ver­fah­ren gegen be­kann­te und 74 gegen un­be­kann­te Per­so­nen, wurde die Tat nicht auf­ge­klärt.

Ein Augenzeuge von damals auf ostfussball.com: "Mike Polley hatte zum Zeitpunkt, als ihn die Schüsse trafen, einen Abstand von etwa 100 Metern zu den Schützen. Erst nachdem aufgehört wurde zu schießen, kam den Fans richtig zu Bewusstsein, dass scharf geschossen worden war. Es lagen mehrere Verletzte am Boden. Eine unbeteiligte Frau auf dem Bahnsteig hatte aus etwa 150 bis 200 Metern Entfernung einen Beindurchschuss erlitten. Mehrere Personen gingen unbewaffnet und mit erhobenen Händen auf die Polizisten zu und riefen: `'Wir haben einen Toten und mehrere Verletzte, wir brauchen einen Notarzt und einen Krankenwagen'. Zur Antwort erhielten sie von einem Polizisten mit gezückter Waffe: 'Noch einen Schritt und ich schieße!'" Nach den töd­li­chen Schüs­sen zogen die FC-Ber­lin-Fans und die zahl­reich an­ge­reis­ten Hooligans aus Gesamt­deutsch­land in die Leip­zi­ger In­nen­stadt. Po­li­zei­au­tos brann­ten, Läden wur­den de­mo­liert und ge­plün­dert.

Die Fußballwoche berichtet am 05.11.1990 über die Vorfälle in der Leipziger Innenstadt: "Gegen 16 Uhr werden am Brühl Straßenbahn-Türen aufgerissen. Ein Mann: 'Etwa 50 junge Männer vermummten sich mit Schals und Kapuzen, rannten zwischen Autos quer über die Fahrbahn zu den Kiosken am Konsument-Warenhaus, zertrümmerten sie, nahmen mit, was ihnen in die Hände kam, warfen die Fenster des Warenhauses ein.' Danach ziehen sie in Richtung Innenstadt. Am Sporthaus prankt ihnen der Slogan "Wir sind am Ball" entgegen. Wenig später liegt alles in Scherben. In weiteren Geschäften werden die Schaufenster zerschmissen. Im Parkhotel wird randaliert. Die Nikolaistraße sieht aus, als ob ein Orkan gewütet hat."

Der DFB sah eine "Be­dro­hungs­la­ge" und sagte das für Mitte No­vem­ber 1990 ge­plan­te "Ver­ei­ni­gungs­län­der­spiel" zwi­schen den Fuß­ball­na­tio­nalmann­schaften der DDR und der BRD ab. Nach den Todesschüssen demonstrierten am 10. November 1990 über 1000 Fußballfans (darunter auch der Spieler Waldemar Ksienzyk vom FC Berlin) in Berlin-Prenzlauer Berg im Rahmen der DDR-Oberliga-Partie zwischen dem FC Berlin und dem HFC Chemie gegen Polizeigewalt. Das geplante "Vereinigungsländerspiel" wurde dann am 20.10.2010 nachgeholt.

Aufrufe: 03.11.2016, 08:40 Uhr
RedAutor