2024-05-02T16:12:49.858Z

Ligavorschau
André Kreuer freut sich, wieder unter Wettkampfbedingungen gegen den Ball treten zu können., Foto: UH
André Kreuer freut sich, wieder unter Wettkampfbedingungen gegen den Ball treten zu können., Foto: UH

Hartes Training - für die Tribüne

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André Kreuer kehrt beim SV Bergisch Gladbach nach dreizehnmonatiger Sperre zurück. Er beteuert noch immer, im November 2012 keine Tätlichkeit begangen zu haben. Bei seinem Comeback gegen Herkenrath bereitet er gleich drei Tore vor.

Bergisch Gladbach. Für den Blick nach vorne muss André Kreuer auch zurückschauen, anders geht es nicht. Die Geschichte aus dem November 2012 gehört zu seiner Geschichte. Er hat darunter gelitten, sie hätte ihm beinahe die Lust am Fußball genommen. Aber er ist gestärkt daraus hervorgegangen. Was war passiert?

Kreuer steht seit diesem Sommer beim Fußball-Mittelrheinligisten SV Bergisch Gladbach 09 unter Vertrag. Während der Ereignisse, die inzwischen über ein Jahr zurückliegen, hatte er noch das Trikot des VfL Leverkusen getragen. Kreuer war Kapitän des Leverkusener Teams, das in der Landesliga an einem grauen Novembertag beim FV Bonn-Endenich antreten musste. Die Partie endete 0:0, nichts Spektakuläres also. Für Kreuer war es dennoch ein einschneidender Tag. Der heute 27-Jährige war wegen zweier kleinerer Vergehen kurz vor Schluss mit der Gelb-Roten-Karte des Feldes verwiesen worden. Auch das passiert im Fußball, ebenfalls nichts Spektakuläres also.

Aber dann beginnt das Unglück: Wie es sich für einen fairen Sportsmann gehört, verabschiedete sich Kreuer nachher noch artig vom Gegner und wollte in die Kabine gehen. Auf dem Weg dorthin kreuzte sich sein Weg mit dem des Schiedsrichters, den er dabei an den Hacken berührte. Der Unparteiische legte einen Sonderbericht an. Er notierte einen Tritt und damit eine absichtliche Tat, eine Tätlichkeit. Kreuer beteuert noch immer, dass es im Gedränge passiert sei, ein Versehen: „Ich habe nie abgestritten, dass ich ihn berührt habe. Aber es war eben keine bewusste Aktion. Ich bin überhaupt nicht der Typ für solche eine Sache.”

Bei der Verhandlung vor dem Sportgericht glaubt man ihm jedoch nicht und sperrt ihn — für ein Jahr und einen Monat. „In diesem Moment ist eine Welt für mich zusammengebrochen. Ich habe überlegt, ob ich den Fußball komplett aufgeben soll. Aber das ging nicht, dafür liebe ich diesen Sport zu sehr”, sagt Kreuer. Immer wieder musste er sich rechtfertigen, immer wieder musste er seine Sicht der Dinge schildern: „Manche haben mir geglaubt, andere nicht. So ist es eben. Mir war nur wichtig, dass meine besten Freunde und meine Familie hinter mir stehen.”

Die schlimmste Zeit hat er nun hinter sich gelassen. Er hat ein Jahr lang nur trainiert, er hat zwei harte Vorbereitungen absolviert — immer mit dem Wissen, dass er nicht spielen darf. „Es war nicht immer leicht, sich dafür zu motivieren”, sagt der Mittelfeldstratege rückblickend. „Ich hatte mal einen Kreuzbandriss. Da bin ich ebenfalls lange ausgefallen. Ich wusste allerdings, dass es keine andere Möglichkeit gab. Während meiner Sperre war ich topfit, und ich durfte trotzdem nur zuschauen. Das war sehr bitter.”

Kreuer ist dankbar, dass die Verantwortlichen des SV Bergisch Gladbach 09 um Trainer Dietmar Schacht ihm im Sommer trotzdem einen Vertrag gaben. Obwohl er noch ein weiteres halbes Jahr nicht spielen durfte. „André ist ein guter Junge. Ich bin davon überzeugt, dass er uns weiterhelfen wird. Im Training hat er gute Ansätze gezeigt. Es ist toll, dass er jetzt endlich wieder spielen darf. Für ihn, aber auch für uns”, sagt Schacht. Sie setzen also große Hoffnungen in ihn, er soll im Mittelfeld die Richtung vorgeben.

So hat er es auch in den 13 Jahren gemacht, in denen er beim VfL Leverkusen unter Vertrag stand. Aber nach den Vorkommnissen im Winter 2012 war Kreuer klar, dass er einen Neuanfang starten muss: „Ich bin davon überzeugt, dass die Schiedsrichter mich besonders im Blick haben werden. Das ist für mich jedoch überhaupt kein Problem. Ich habe nichts zu verbergen, ich bin vorher nie negativ aufgefallen.” Auch deshalb erscheint die lange Sperre rückblickend so unverhältnismäßig.

Am Samstag vor einer Woche hat der Bankangestellte sein erstes Spiel für seinen neuen Verein bestreiten dürfen. Das 4:2 gegen den TV Herkenrath war Kreuers erste Begegnung nach der einjährigen Sperre — er hat direkt mal drei der vier Tore vorbereitet: „Es war nur ein Testspiel. Aber ich war zuerst nervös und glücklich zugleich. Ich habe gemerkt, dass mir die Spielpraxis etwas fehlt. Aber ich habe auch gemerkt, dass ich mit jeder Minute sicherer und besser geworden bin.”

Wenn sich diese Tendenz fortsetzt, werden sie in Bergisch Gladbach noch viel Freude an ihm haben. Obwohl Kreuer bereits ein halbes Jahr da ist, ist er gleichzeitig ein gefühlter Neuzugang. Es bleibt dabei: Für den Blick nach vorne muss André Kreuer auch zurückschauen, anders geht es nicht.

Aufrufe: 09.2.2014, 19:45 Uhr
Kölner Stadt-Anzeiger / Sven WinterschladenAutor