2024-05-02T16:12:49.858Z

Interview
F: Christian Hedler
F: Christian Hedler

Habib: ,,Kann auch ohne Binde voran gehen"

Der Spielmacher des BC Sport stand Rede und Antwort +++ Er erklärt die Gründe, warum er sein Kapitänsamt abgegeben hat und seine Ziele in der Saison

Wir haben Harez Habib vom Verbandsliga-Aufsteiger BC Sport für ein Interview gewinnen können. Der 31-jährige war der überragende Mann im Mittelfeld des Grupenliga-Meisters und war mit 19 Treffern bester Torschütze seines Teams. Wir haben ihn über die Gründe gefragt, warum er nicht mehr der Kapitän der Sportianer ist und was seine Ziele mit seinem Verein und der Nationalmannschaft von Afghanistan sind.

FuPa: In der kommenden Spielzeit startest du mit dem BC Sport Kassel nach der Meisterschaft in der Gruppenliga nun in die Verbandsliga Nord. Welche Ziele hast du dir persönlich gesetzt?

Harez Habib: Für mich persönlich habe ich nur den Wunsch, verletzungsfrei zu bleiben. Was die Mannschaft und den Verein betrifft, möchte ich meinen Beitrag leisten, dass dieser bis her eingeschlagene erfolgreiche Weg auch in der Verbandsliga anhält.

FuPa: Ihr habt vom BC Sport das Ziel ausgegeben, oben mitzuspielen. Welche Mannschaften siehst du persönlich in der Spitzengruppe bzw. als Aufstiegsaspiranten?

Harez Habib: Unser primäres Ziel wird sein, dass es jeder Gegner in dieser Liga schwer haben soll, uns zu schlagen. Ich sehe ganz vorne eigentlich nur Schwalmstadt, die unbedingt aufsteigen wollen und dahinter eine Verfolgergruppe, zu denen sicherlich Sand, Weidenhausen und auch Steinbach zählen werden.

FuPa: In der vergangenen Saison seid ihr durch die Gruppenliga marschiert und habt souverän den Aufstieg erreicht. Ist so etwas auch in der Verbandsliga möglich?

Harez Habib: Das sind zwei völlig unterschiedliche Ligen. Mir persönlich fiel es zum Beispiel unheimlich schwer, mich in dieser Liga zurechtzufinden. Viele Mannschaften standen zu Zehnt am eigenen Strafraum und haben durch zum Teil übertriebene Härte versucht, uns zu stoppen. Die Verbandsliga ist wesentlich spielstärker und hier werden mehrere Mannschaften offensiv und ohne Furcht gegen uns zu Werke gehen. Und darauf freuen wir uns.

FuPa: Was hat vor der vergangenen Saison bei dir den Ausschlag gegeben, vom KSV Hessen zum BC Sport in die Gruppenliga zu wechseln?

Harez Habib: Es war in aller erster Linie der berufliche Aspekt, denn ich hatte die Möglichkeit, direkt nach meinem Studium bei unserem Sponsor Klapp beruflich Fuß zu fassen. Hinzu kam, dass ich mit dem Trainer Wolfgang Zientek und einigen Spielern wie Dennis Kahl, Samil Eligür oder Sammy Ghebrehamlak schon vorher die beiden Jahre bei der KSV Reserve verbracht habe.

FuPa: Du hast das Kapitänsamt abgegeben und kannst dich nun auf das rein sportliche konzentrieren. Ist das wirklich so ein Vorteil, wenn man nicht Kapitän ist?

Harez Habib: Ich habe mir schon seit einigen Wochen Gedanken zu dieser Entscheidung gemacht und bin auch sehr froh darüber, dass mich Wolfgang bei dieser unterstützt. Ich bin der Meinung, dass durch die Kapitänsbinde andere Spieler noch mehr Verantwortung übernehmen können und auch müssen. Ich brauche die Binde nicht, um voranzugehen. Ich werde auch immer ein Ansprechpartner für Mannschaft, Trainerteam und Vereinsführung sein, wenn es diese möchten. Aber ich möchte kein offizielles Amtmehr bekleiden, werde auch nicht für den Mannschaftsrat zur Verfügung stehen und mich voll und ganz auf das sportliche konzentrieren.

FuPa: Ihr habt viele junge, talentierte Spieler geholt, die teilweise schon Höherklassig gespielt haben.Wie siehst du eure Neuzugänge?

Harez Habib: Sie haben ihre Qualitäten, sonst hätten sie nicht schon höherklassig gespielt. Aber es ist hier etwas anderes, es gibt eine andere Erwartungshaltung an sie, auch wenn sie noch jung sind und das muss ihnen hier bewusst werden. Wir sind keine Mannschaft, die überall mit offenen Armen empfangen wird. Wenn sie sich absolut auf unsere Ziele fokussieren, werden sie uns weiterbringen, davon bin ich überzeugt.

FuPa: Auf welches Spiel bzw. welche Spiele freust du dich in der kommenden Saison am meisten? Wohl auch auf das Spiel gegen die Reserve des KSV Hessen Kassel oder?


Harez Habib: Das Spiel gegen den KSV ist natürlich was besonderes, den vorallem die ehrenamtlichen Helfer dort kommen manchmal viel zu kurz und leisten eine ganz tolle Arbeit in der Reserve. Ich freue mich auf ein Wiedersehen mit diesen. Alle anderen Spiele interessieren mich da weniger, bis auf einen Gegner, der uns letzte Saison eine empfindliche Niederlage beigebracht hat, die wir mit Sicherheit nicht vergessen haben.

FuPa: Zum Auftakt müsst ihr gegen Steinbach ran und spielt anschließend gegen Korbach. Wie beurteilst du den Auftakt und wie schätzt du die Gegner ein?

Harez Habib: Das sind absolut gestandene Teams mit sehr erfahrenen Spielern. Da wird sich gleich zeigen, wie weit wir sind und wohin der Weg führen kann.

FuPa: Schon im Winter hast du mehrere Angebote von anderen Vereinen gehabt. Sicher auch in diesen Sommer. Warum bist du trotzdem beim BC Sport geblieben?

Harez Habib: Ich empfinde im Moment einfach nicht den Reiz, in der Hessenliga oder Regionalliga zu spielen. Durch meinen Beruf ist mein zeitlicher Rahmen für sportliche Belange eingeschränkt, und der Aufwand für die Verbandsliga ist so in Ordnung. Wäre die berufliche Seite mir nicht so wichtig, hätte ich mich mit Sicherheit noch einmal der einen oder anderen höherklassigen Aufgabe gestellt.

FuPa: Wie siehst du den BC Sport mittelfristig aufgestellt? Wohin kann der Weg führen? Seit Sponsor Klapp und Trainer Wolfgang Zientek das Zepter übernommen haben, hat der Verein ja eine sehr positive Entwicklung hingelegt. Kann sich der BC Sport auf Sicht neben den KSV Hessen etablieren? Mit Süsterfeld ist so ein Versuch ja auch schon mal nach hinten losgegangen.

Harez Habib: Ich glaube beide Vergleiche machen kein Sinn. Der KSV ist einfach, durch Struktur und räumlicher Gegebenheit in dieser Region, der FC Bayern München Nordhessens und das wird auch immer so bleiben. In Süsterfeld wollte man wohl zu schnell zu viel, was auch nicht der richtige Weg ist. Der BC Sport hat im Einklang mit Verein und Sponsor sowie Trainerteam eine gewisse Vorstellung, die vielversprechend ist, aber auch immer mit Sachlichkeit und gegenseitiges Vertrauen angegegangen werden muss. Da sind alle soweit ich das einschätzen kann, auf einem guten Weg. Was die Zukunft bringt, kann ich nicht voraussagen, sonst wäre ich heute Lottomillionär.

FuPa: Noch eine Frage zu deinen Ex-Verein, den KSV Hessen Kassel. Er hat in der Vorsaison knapp den Sprung in die dritte Liga verpasst. Wie stark schätzt du die Löwenmannschaft in der Saison 2013/2014 ein? Wie wichtig ist es für Nordhessen, dass mit dem KSV Baunatal eine zweite Nordhessische Mannschaft in der Regionalliga vertreten ist?

Harez Habib: Ich finde das sehr gut. Es zeigt auch, dass die heutige Regionalliga mit weniger professionellen Traditionsmannschaften gespickt ist, die dieser auch in den letzten Jahren ein gewisses Flair gegeben hat. Es sind sehr gute Oberligamannschaften dabei, aber auch einige Teams, die eher durch Stadion und Fans in die 3. Liga gehören, wie der KSV Hessen zum Beispiel. auf die Baunataler sind wir ja irgendwo alle gespannt, aber ich glaube, sie werden mitspielen können, denn so stark wie in den Jahren zuvor ist die heutige Regionalliga auch nicht mehr.

FuPa: Du hast schon viele Trainer in deiner Laufbahn gehabt. Wer hat sich am meisten geprägt, von welchen Trainern hast du am meisten gelernt?

Harez Habib: Was Trainingsinhalt und Proffessionalität betrifft, habe ich mir einiges von Mirko Dickhaut in meiner Zeit bei der Regionalliga-Mannschaft des KSV abgucken können. Was das Gespür für Instinktfussball und Überraschungsmomente betrifft, hat mir Wolfgang Zientek einiges beigebracht. Wer mich aber zu dem gemacht hat, was ich heute bin, war Achim Stey in meiner Zeit beim Vfl Kassel vor knapp 10 Jahren. Wäre er nicht gewesen, wäre ich vielleicht nie weiter als Verbandsliga gekommen, denn er hat mir gezeigt, dass Fleiss und Hartnäckigkeit mehr belohnt werden, als das Ausruhen auf Talent.

FuPa: Du warst schon Kapitän und Führungsspieler sowohl beim KSV Hessen als auch beim BC Sport. Wäre nach deiner Aktiven Laufbahn der Trainerjob etwas für dich?

Harez Habib: Ich will jetzt nichts falsches sagen, sonst erschlägt mich meine Frau (lacht). Im Ernst, den Trainerschein zu machen, ist ein kommendes Ziel.

FuPa: Wie sieht es eigentlich mit der Nationalmannschaft von Afghanistan aus? Bist du da noch aktiv und wie intensiv verfolgst du den Fußball in Afghanistan?

Harez Habib: Es steht jetzt ein Prestigeduell gegen Pakistan in Kabul am 20. August an, dem das ganze Land entgegenfiebert und ich auch nominiert bin. Zudem finden im September die Südostasienmeisterschaften in Nepal statt und vorallem im nächsten März das Hauptqualifikationsturnier für die Asienmeisterschaften 2015 in Australien. Es gibt in Afghanistan mittlerweile eine professionelle Premierleague die ein großer Erfolg ist und die ich auch verfolge, weil Mitspieler aus der Nationalmannschaft dort spielen.

FuPa: Vielen Dank für das aufschlussreiche Interview. Wir wünschen Dir und dem BC Sport Kassel eine erfolgreiche Saison.

Aufrufe: 024.7.2013, 08:28 Uhr
Florian DiehlAutor