2024-04-25T14:35:39.956Z

Vereinsnachrichten

Germerstadion - Das Spiel des Jahres - Ein Erlebnisbericht

Schon Wochen und Monate davor, wenn du einen gelb-roten Sympathisanten auf der Straße getroffen hast, hast Du ihn gefragt: 07.05, weißte bescheid?! Und meist kam dann die Antwort zurück: Auf jeden!

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Schon Wochen und Monate davor, wenn du einen gelb-roten Sympathisanten auf der Straße getroffen hast, hast Du ihn gefragt: 07.05, weißte bescheid?!

Und meist kam dann die Antwort zurück: Auf jeden!

Die Euphorie war groß und die Mundpropaganda kam nicht zu kurz. Kurzzeitig rechneten wir mit einer Masse von 80 bis 100 Leuten, die den Preussen ordentlich einheizen wollten. Dementsprechend aufgeregt und gespannt fieberten wir auf diesen Sonnabend hin. Und auch wenn, wie gesagt, seit Monaten der Termin und unser Support feststand, wurde die finale Vorbereitung trotzdem erst am Freitag vor dem Spiel abgeschlossen. Quasi auf den letzten Drücker, wie könnte es anders sein. Nach einigen Bieren und einem gehörigen Sonnenbrand waren die Schriftbänder dann im Garten auf dem Hof angefertigt. Nun hieß es noch einmal schlafen und schauen, wieviel in schwarz gekleidete Mannen am nächsten Tag um 13:00 Uhr vor den Toren von Post stehen werden – denn das war der verabredete Treffpunkt. Das Spiel der Zweiten zuvor geriet dabei eher in den Hintergrund und eine weitere bittere Niederlage war schnell vergessen.

Ab da an hieß es nur noch ab unter die Dusche, Bier auf und sammeln. Tatsächlich trudelten dann auch schon die ersten gut bekannten Gesichter ein und trotz brütender Hitze wurde sich strikt an die Kleiderordnung gehalten. Minute um Minute verstrich und so langsam aber sicher wurde jedem klar, dass wohl nicht mehr kommen werden. Und so waren wir ein kleines aber feines Häufchen von 25 Mann, die sich geschlossen in Richtung Haltestelle begaben, um mit der Bahn zum Südring zu fahren. Zwar wurden damit die hohen Erwartungen nicht erfüllt, aber auch ein kleiner schwarzer Mob kann gehörig beeindrucken und beim aussteigen wurde dann mal ein erstes Auswärtssieg skandiert, wahrscheinlich weniger zur Freude der restlichen Insassen der vollbesetzten Bahn. Um vorerst kein weiteres Aufsehen zu erregen, wählte man einige kleine Wege an den Hauptstraßen vorbei und schlängelte sich so in Richtung Stadion. Unterwegs stieß noch der ein oder andere zu uns dazu, so dass wir mittlerweile eine beachtliche Truppe von 30 Mann waren. Nun gut, das ein oder andere weibliche Wesen war auch darunter. Das wir an diesem Tag nicht nur stimmlich alles geben wollten, sondern auch einige visuelle Überraschungen geplant waren, ist keine Frage. Die Organisation verlief reibungslos und während einer außerplanmäßigen Wartepause, als einige wenige ihren Hunger am nahegelegenen Döner stillten, wurde diese genutzt, um von den Anwesenden ein kleinen Solibeitrag für das erworbene Material zu sammeln. Wie es letztlich unser kleiner Mob und das ganze Material geschafft haben problemlos ins Stadion zu kommen, bleibt wohl ein Geheimnis. Auf jeden Fall konnten alle Anwesenden und die angrenzenden Bewohner ein lautes Hurra, Hurra, der Post SV ist da vernehmen.

Und spätestens jetzt wusste jeder, hier geht heute was. Damit rechneten die Preussen nicht, das war ihnen deutlich anzusehen.

Es dauerte auch nicht lange, bis die ersten Zaunfahnen hingen und der ein oder andere kleine Gesang ins grüne Rund hallte. Schon mal kurz Respekt verschaffen und unseren Jungs den nötigen Rückenwind einhauchen. Beim theatralischen Ankündigen des Spielerkaders des Gegners über die Lautsprecheranlage wurde dann auch jeweils anstatt des eigentlichen Nachnamens ein vielzitiertes Wort aus der Gosse gebrüllt und nun war man endlich bereit für das Spektakel.

Aller Anfang war schwer und kurz nach Anpfiff mussten erstmal die Texte der Lieder vorgesungen werden, bevor auch der letzte Anwesende sie verstanden hat und sich stimmlich mit einbringen konnte. Aber zum Glück war hier weniger Poetisches im Stile Goethes als mehr der raue, proletarische Gesang des Königs Fussball gefordert. Und so trugen wir das eine Lied mal mehr und das andere mal weniger brachial auf den Rasen und es war unverkennbar, dass sich unsere Mannschaft dadurch beflügelt fühlte. Leider jedoch meist nur in kämpferischer Hinsicht, denn spielerisch schien diesen Tag nichts so recht zu laufen. Was uns auf den Rängen allerdings weniger Interessierte, denn wir wollten bedingungslosen Kampf gegen den vermeintlich übermächtigen Gegner sehen und jede Grätsche, jeder Körpereinsatz wurde frenetisch gefeiert. Den Spielern des Gegners wurden dementsprechend des Öfteren mal ein paar Worte mitgegeben, wenn sie sich an der Kurve vorbeischlichen.

Nicht immer der ganz feine Ton, aber Mutti war ja nicht dabei.

Die Stimmung konnte dann wirklich konstant hochgehalten werden, sowie zwischendurch auch ein kleiner Teppich, bestehend aus der Sportbekleidung des Gegners, mühsam und stilvoll zusammengenäht und dann am Zaun befestigt. Man könnte von einer kleineren Provokation sprechen – und ja, so war es gewollt! Den Preussen schien das nicht wirklich zu jucken, zumindest gab es keine Reaktion außerhalb des Platzes und auf dem Platz fiel dann auch unser erstes Gegentor. Noch zwei weitere sollten an diesem Tage folgen und wir fuhren am Ende nach Haus, ohne ein eigenes Tor bejubeln zu können.

Aber das tat der Stimmung keinen Abbruch.

Schließlich waren wir für den Support hier und der hört bekanntlich nicht auf, nur weil man hinten liegt. Nachdem wir also, trotz weiterhin brütender Hitze, eine kleine Choreo aus Fahnen und Luftballons zu Beginn der zweiten Halbzeit präsentierten, später im Verlauf des Spiels den Block in gelben und roten Rauch verwandelten und dann einen weiteren Teppich hervorzauberten, diesmal um einiges größer, mit Utensilien sämtlicher unterklassiger Vereine Magdeburgs (man könnte von einer größeren Provokation sprechen – und ja, so war es gewollt!), ertönte auch schon bald der Abpfiff und Post verlor mit 0:3.

Egal, der Zaun wurde trotzdem gestürmt und die Spieler besungen.

Anfangs ein wenig zögerlich und aufgrund der Niederlage geknickt, stand die geschlagene Elf noch leicht verstört auf dem Platz, aber spätestens nachdem sich, wie aus Zauberhand, ein Tor zum Spielfeld öffnete, wurde mit der Mannschaft auf dem Rasen gefeiert, als hätten wir gerade den Aufstieg geschafft. Das war Balsam für die gelb-rote Seele und somit war die Niederlage eigentlich auch schon wieder vergessen.

Auch das Trainerteam und Verantwortliche bedankten sich noch bei der Kurve und wir konnten somit erhobenen Hauptes das Germer verlassen.

Die angeschlagenen Stimmbänder wurden mit Bier gekühlt und das Grüppchen schrumpfte auf dem Rückweg zu Post, wo schon erste Videos von unserem Auftritt bewundert werden konnten, bevor es auch den letzten wackeren Post'ler zurück ins traute Heim zog, denn Sonne, Bier, vorher selber gespielt und frühes Aufstehen zollte seinen Tribut.

Spätestens mit dem Einschlafen wird ein jeder, der vor Ort war, noch einmal im Geiste gesungen und noch einmal den markanten Duft vom bengalischen Rauch in der Nase gehabt haben.

Und spätestens am nächsten Tag wird auch ein jeder gewusst haben: wir kommen wieder, egal wo, egal wann!

Dennis Schneider

Aufrufe: 06.6.2016, 21:11 Uhr
Dennis SchneiderAutor