2024-05-02T16:12:49.858Z

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Gericht pfeift jahrelangen Streit ab

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SVW-Aufsichtsrat Harald Naraschewski will eine Rückstufung in die Regionalliga. Die Verhandlung hat bereits am 5. Juli stattgefunden.
Frage: Herr Naraschewski, am kommenden Dienstag verkündet der Bundesgerichtshof in Karlsruhe, ob der 2013/2014 gegen den SV Wilhelmshaven verhängte Zwangsabstieg aus der Regionalliga rechtens war. Mit welcher Entscheidung rechnen Sie?

Harald Naraschewski: Ich hoffe auf eine Entscheidung zugunsten des SVW.

Frage: Warum?

Naraschewski: Unserer Auffassung nach spricht die Rechtslage eindeutig für den SVW. Der Norddeutsche Fußballverband (NordFV, die Redaktion) hätte diesen Zwangsabstieg nicht verhängen dürfen, weil er eindeutig gegen geltendes Recht verstößt.

Frage: Welche Konsequenzen hätte die von Ihnen erhoffte Entscheidung für den SVW?

Naraschewski: Im Falle eines positiven Prozessausganges sehen wir den DFB sowie den NordFV in der Bringschuld, den beim SVW angerichteten Schaden wieder gutzumachen, also Rückgliederung in die Regionalliga für die Spielzeit 2017/2018 und Schadenersatz in Geld.

Frage: 2007 verpflichtete der SVW für einige Monate den Argentinier Sergio Sagarzazu, der auch einen italienischen Pass hat. Laut Weltverband Fifa sollten Sie eine Ausbildungsentschädigung an zwei argentinische Vereine in Höhe von insgesamt 157 500 € Euro zahlen. Der SVW lehnte das ab, die Folge ist ein jahrelanger Streit vor Sportgerichten und nun auch ordentlichen Gerichten. Warum sind Sie diesen Weg gegangen?

Naraschewski: Die Regeln der Fifa über die zu zahlende Ausbildungsentschädigung verstoßen eindeutig gegen deutsches und europäisches Recht, was insbesondere der Europäische Gerichtshof bereits in einem Urteil festgestellt hat. Darüber hinaus ist der festgesetzte Entschädigungsbetrag von 157 500 Euro € für einen Regionalligaspieler mit einem über knapp sechs Monate abgeschlossenen Vertrag völlig unverhältnismäßig. Selbst nach ihren eigenen Statuten hätte die Fifa den Betrag auf ein angemessenes Maß herabsetzen können, was leider nicht geschehen ist und letztendlich den SVW gezwungen hat, sich rechtlich in der geschehenen Weise zur Wehr zu setzen, weil er die festgesetzte Ausbildungsentschädigung nicht zahlen konnte.

Frage: Was wäre Ihrer Meinung nach denn angemessen?

Naraschewski: Der SVW hatte bereits 2007 die Zahlung einer Ausbildungsentschädigung auf der Grundlage seiner eigenen Ausbildungskosten angeboten. Diese liegen in der Jugend unter 1000 Euro € pro Spieler und Ausbildungsjahr. Gegen die Festsetzung einer Ausbildungsentschädigung von unter 10 000 Euro € hätte sich der Verein nicht gewehrt. Nach europäischem Recht sind nunmehr Ausbildungsentschädigungen auf der Grundlage der konkret angefallenen Ausbildungskosten des abgebenden Vereins zulässig. Die entsprechenden Kosten in Südamerika dürften auf keinen Fall höher liegen als die in Wilhelmshaven.

Frage: Sie stellen die Ausbildungsentschädigung also nicht grundsätzlich infrage?

Naraschewski: Nein. Das OLG Bremen ist aber der Auffassung des Europäischen Gerichtshofs gefolgt, dass die derzeitigen Regeln der Fifa über die Ausbildungsentschädigung gegen europäisches Recht verstoßen und daher unwirksam sind. Nach deutschem Verfassungsrecht verstoßen derartige Regelungen gegen die Freiheit der Berufsausübung, die den Spielern mit der Hypothek der Entschädigungsverpflichtung nur wenig Chancen lässt, einen Verein zu finden, der bereit ist, derartige Beträge an den früheren Ausbilder zu bezahlen. Wir sind zuversichtlich, dass das sehr sorgfältig begründete Urteil des OLG Bremen auch vor dem BGH Bestand behält.

Frage: Die mündliche Verhandlung vor dem BGH hat bereits am 5. Juli stattgefunden. Am kommenden Dienstag wird das Urteil verkündet. Warum liegen mehr als zwei Monate dazwischen?

Naraschewski: Der BGH legt selbst fest, wann er seine Entscheidungen verkündet. Vielleicht wollte der Senat noch einmal die Gelegenheit nutzen, die in der mündlichen Verhandlung angesprochenen Gesichtspunkte in Ruhe zu überdenken.


Will mit dem SVW wieder in die Regionalliga: Harald Naraschewski BILD: von Reeken

Rechtsstreit mit grundlegender Bedeutung für den Sport

Harald Naraschewski ist Rechtsanwalt und Aufsichtsrat des SV Wilhelmshaven. Der Streit, der am Dienstag vor dem BGH zu Ende geht, könnte auch grundlegende Bedeutung erlangen. Bekommt der SV Wilhelmshaven Recht, könnten viele Sportler und Vereine dem Beispiel folgen und nach Niederlagen vor Sportgerichten den Gang vor ordentliche Gerichte anstreben.

Aufrufe: 016.9.2016, 08:00 Uhr
Hauke RichtersAutor