Gegenspiel nach Vierteljahrhundert

Am Mittwochabend hat sich Roland Bienwald mit seinen engsten Mitstreitern im Verein, Übungsleitern und Vorstandsmitgliedern, zu einer kleinen Geburtstagsfeier im Gasthaus "Adler" getroffen. Am 30. September war es genau 25 Jahre her, dass sich 35 Freizeitsportler im Speiseraum des ehemaligen Kreisbetriebes für Landtechnik (KfL) trafen und einen neuen Sportverein, den SV Victoria Seelow gründeten. Zum 1. Präsidenten des Vereins wählten sie Roland Bienwald.

Der "Präsident", wie viele ihn nennen, feiert mit seinem Verein zusammen "Silberhochzeit": Roland Bienwald steht seit 25 Jahren ohne Unterbrechung an der Spitze des größten Vereins in der Kreisstadt. Doch auch Jörn Albrecht und Dieter Pfeiler sind als Vorstandsmitglieder der ersten Stunde bis heute dabei.

Den Zeitungsausschnitt aus der MOZ vom 29. September 1990 hat er aufbewahrt, in dem die Vereinsgründung angekündigt wird und in dem die Mitglieder der Sektion Fußball der TSG Seelow und andere Sportfreunde eingeladen werden, sich an der Gründung des neuen Vereins zu beteiligen.

"Träger der TSG Seelow war damals der Rat des Kreises, der sich in Auflösung befand. Aber wir mussten einen neuen, auch wirtschaftlichen Spielbetrieb auf die Beine stellen. Dafür brauchte es einen Neuanfang", erklärt Roland Bienwald.

Die Freizeitsportler waren damals froh, dass Seelow in der Ruhrgebietsstadt Moers schon gute Freunde hatte. "Wir hatten doch damals vom bundesdeutschen Satzungsrecht keine Ahnung", erinnert sich Roland Bienwald. Der Vorsitzende des Grafschafter Spielverein (GSV) Moers, Wolfgang Jansen, war den Victorianern damals eine große Starthilfe.

Die beiden Sportvereine haben am 2. Oktober 1990 ein Stück Sportgeschichte geschrieben: "Die Fahrt nach Moers war damals unsere letzte Auslandsreise als DDR-Bürger. Das um 20 Uhr unter Flutlicht angepfiffene Freundschaftsspiel war unser erstes als Victorianer und wohl das letzte Spiel einer DDR-Mannschaft gegen ein bundesdeutsches Team", sagt Bienwald stolz. Es endete unentschieden, 2:2. "Ab Mitternacht haben wir mit den Moersern bis in den Morgen die Wiedervereinigung gefeiert", erinnert sich der Victoria-Chef.

Danach begann für die Victorianer und ihren Chef die Zeit des großen Um- und Aufbruchs - persönlich und im Verein. Roland Bienwald, bis dahin Angestellter im KfL, wagte den Schritt in die Selbständigkeit. Mit einem Partner gründete er die B&K Handels- und Service GmbH, zu der ein Baumarkt und ein Reifenservice gehören. Bis heute.

Der Vereinsname "Victoria", Sieg, war Programm: "Sportlich ging es eigentlich stetig bergauf", resümiert Bienwald. Seit August spielt die 1. Mannschaft der Victorianer im "Oberhaus des Ostens", in der Oberliga Nordost. Der Sportverein hat mehr als 400 Mitglieder in den Abteilungen Fußball, Tischtennis, Frauensport und Freizeitradler. Darunter sind viele Kinder und Jugendliche.

Zur Erfolgsbilanz gehören die zwei modernen Sportstätten des Vereins. 1997 hatte die Stadt sie den Victorianern in Eigenregie übertragen, zahlt seitdem einen jährlichen Zuschuss, der sich nicht erhöht habe, wie Roland Bienwald betont. Dank vieler Freunde und Förderer aus Seelow und dem Umland gelang der Ausbau von Sparkassen-Arena und EWE-Sportplatz. Ohne das private Engagement vieler Firmen und Privatleute sei der Erfolgskurs der Victoria undenkbar gewesen, so der Vereinschef.

Zwischen Stadt und Verein gab es ein Geben und Nehmen, sagt der Victoria-Präsident, unter anderem mit Blick auf die Sport- und Spielfeste der Victorianer am 1. Mai-Wochenende. Bienwald, inzwischen 60, war viele Jahre lang Stadtverordneter. Heute lenkt er als stellvertretender Vorsitzender des Kreissportbundes die Geschicke des Sportes in Märkisch-Oderland mit.

Zur deutsch-deutschen Silberhochzeit sind am Wochenende die Freunde aus Seelows Partnerstadt Moers ins Oderland eingeladen. Nach 25 Jahren soll endlich das Gegenspiel ausgetragen werden: Wie damals ist auch diesmal am 2. Oktober, um 20 Uhr Anstoß zum Fußball-Freundschaftsspiel der Victorianer gegen die 1. Herren-Mannschaft des GSV Moers. Die Moerser spielen in der Bezirksliga. Spielort ist die Sparkassenarena. "Und danach werden wir wieder bis in den Morgen feiern", ist sich Roland Bienwald sicher.