2024-04-25T14:35:39.956Z

Interview
Ein Leben für den FV Bad Honnef: Lothar Paulsen gehört dem Verein seit 51 Jahren an und ist seit 25 Jahren sein Vorsitzender. Am Saisonende tritt er zurück. FOTO: WOLFGANG HENRY
Ein Leben für den FV Bad Honnef: Lothar Paulsen gehört dem Verein seit 51 Jahren an und ist seit 25 Jahren sein Vorsitzender. Am Saisonende tritt er zurück. FOTO: WOLFGANG HENRY

"Ich bin halt kein bequemer Typ"

Lot­har Paul­sen, seit 25 Jah­ren Vor­sit­zen­der des FV Bad Hon­nef, tritt zum Sai­so­nen­de zu­rück. Frust spielt auch ei­ne Rol­le

Sein Na­me ist un­trenn­bar mit dem FV Bad Hon­nef ver­bun­den. Seit 51 Jah­ren ge­hört er dem Ver­ein an, seit 25 Jah­ren ist er Vor­sit­zen­der. Doch am Sai­so­nen­de ist für Lot­har Paul­sen Schluss beim HFV; ei­ne Ära en­det. Der 63 Jah­re al­te ge­lern­te In­dus­trie­kauf­mann, seit An­fang die­ses Jah­res Rent­ner, legt das Amt in jün­ge­re Hän­de. Über Highl­ights und Tief­punk­te sei­ner Amts­zeit, über sein Ver­hält­nis zu Trai­nern und über die Grün­de für sei­nen Rück­tritt sprach Paul­sen mit GA-Mit­ar­bei­ter Wolf­gang Ley .

Der FV Bad Hon­nef oh­ne Lot­har Paul­sen ist nur schwer vor­stell­bar. Was hat Sie da­zu be­wo­gen, zum Sai­so­nen­de aus dem Amt zu schei­den?

Lot­har Paul­sen: Der FV Bad Hon­nef war und ist ein gro­ßer Teil mei­nes Le­bens. In mei­nen Adern fließt grün-wei­ßes Blut. Und ich wer­de si­cher­lich auch in Zu­kunft Spie­le des HFV be­su­chen, so­fern es die Zeit zu­lässt. Aber mei­ne Le­bens­pla­nung sieht nun an­ders aus.

In­wie­fern?

Paul­sen: Mei­ne Frau hat es nach 35 Jah­ren ver­dient, dass ich mit ihr mehr un­ter­neh­me, oh­ne noch ir­gend­wel­che Ver­pflich­tun­gen für den Ver­ein zu ha­ben. So­lan­ge wir noch mo­bil sind, wol­len wir das aus­nut­zen.

Spü­ren Sie auch ei­ne ge­wis­se Amts­mü­dig­keit?

Paul­sen: Es gibt ei­nen ge­wis­sen Frust. Ich ha­be das Er­be mei­nes Vor­gän­gers Fritz Jass über­nom­men, und ich hat­te ei­nen Traum: Zum 100-jäh­ri­gen Be­ste­hen des Ver­eins im Jahr 2019 hat­te ich mir ge­wünscht, dass der FV Bad Hon­nef wie­der in der Mit­tel­rhein­li­ga spielt und dass wir auch im Nach­wuchs­be­reich wie­der An­schluss an die stär­ke­ren Clubs fin­den. Durch die Fu­si­on mit dem SV Rhein­breit­bach zum JFV Sie­ben­ge­bir­ge ha­ben wir Letz­te­res ei­gent­lich schon er­reicht. Aber die­se Ge­schich­te hat bei mei­nen Vor­stands­kol­le­gen und im Bad Hon­ne­fer Um­feld ei­nen Wert­ewech­sel ge­bracht.

Wie mei­nen Sie das?

Paul­sen: Ich muss­te mir sa­gen las­sen, dass ein Ju­gend­kon­zept ein­fa­cher zu ver­mark­ten ist als ei­nes für die Se­nio­ren. Das ha­be ich per­sön­lich als Rück­schritt ge­se­hen. Si­cher­lich hat das Ju­gend­kon­zept sei­ne Be­rech­ti­gung, aber es macht in mei­nen Au­gen kei­nen Sinn, den Nach­wuchs stark zu för­dern, wenn die er­ste Mann­schaft „nur“ in der Be­zirks­li­ga spielt. Von mei­ner Wunsch­vor­stel­lung „Mit­tel­rhein­li­ga“ muss­te ich mit Blick auf die feh­len­den fi­nanz­iel­len Mit­tel ab­rü­cken.

Wa­rum ist die FVM-Li­ga nicht zu rea­li­sie­ren?

Paul­sen: Bad Hon­nef ist ein schwie­ri­ges Pflas­ter. Vie­le re­nom­mier­te Fir­men sind weg, der Ein­zel­han­del kämpft um das blan­ke Über­le­ben. Die FVM-Li­ga kön­nen wir uns ab­schmin­ken, aber die Lan­des­li­ga soll­te mög­lich sein.

Spielt es even­tu­ell auch ei­ne Rol­le, dass die Ver­hand­lun­gen mit Spiel­ern im Lau­fe der Jahr­zehn­te nicht leich­ter ge­wor­den sind?

Paul­sen: In der Tat sind die Ge­sprä­che mit den Ak­ti­ven schwie­rig ge­wor­den. Das An­spruchs­den­ken der Spie­ler ist hoch, aber die Leis­tungs­be­reit­schaft in vie­len Fäl­len nicht. Ich kann nur die Aus­sa­gen un­ter­schrei­ben, die der Kriegs­dor­fer Trai­ner Det­lef Jüs­gen un­längst im GA ge­macht hat. Bei dem ei­nen hat die Oma Ge­burts­tag, an­de­re 18-Jäh­ri­ge müs­sen chil­len; ich weiß nicht, wo­von und wa­rum. Wir sind Ta­bel­len­füh­rer der Be­zirks­li­ga und hat­ten in der Win­ter­vor­be­rei­tung be­sten­falls elf Mann beim Trai­ning; das muss man sich mal vor­stel­len! Die­se Ge­sprä­che ha­ben mich zu­letzt stark ge­frus­tet; ich will die­se Ge­sprä­che auch nicht mehr füh­ren und ha­be das mei­nen Nach­folg­ern über­las­sen.

Ge­hen Sie im Streit aus­ein­an­der?

Paul­sen: Nein, kei­nes­falls. Wir ha­ben trotz al­ler Rück­schlä­ge in der Ver­gan­gen­heit viel er­reicht. Oh­ne mei­ne Vor­stands­kol­le­gen wä­re das nicht mög­lich ge­we­sen.

Sie er­wähn­ten Fritz Jass, der von 1965 bis 1992 an der Spit­ze des Ver­eins stand. Hat er Ih­ren Füh­rungs­stil be­ein­flusst?

Paul­sen: Fritz Jass hat den Ver­ein nicht nur ge­führt, son­dern auch fi­nan­ziert. Er war ein Glücks­fall für den HFV. Vom Füh­rungs­stil her wa­ren wir uns ähn­lich. Ei­ner muss schließ­lich die letz­ten Ent­schei­dun­gen tref­fen, das bringt ei­ne Füh­rungs­auf­ga­be nun mal mit sich.

Wie wür­den Sie Ih­ren Füh­rungs­stil denn be­schrei­ben?

Paul­sen: Ich bin halt kein be­que­mer Typ, kei­ner, der je­dem nach dem Mund re­det. Ich ha­be mei­ne Vor­stands­kol­le­gen im­mer in die Ent­schei­dungs­pro­zes­se ein­be­zo­gen, wir ha­ben in den letz­ten Jah­ren al­le wich­ti­gen Ent­schei­dun­gen ge­mein­sam und ein­ver­nehm­lich ge­trof­fen. Ich den­ke, ich ha­be mich in mei­ner Amts­zeit wei­ter­ent­wi­ckelt und den Ver­ein durch ei­ni­ge schwe­re Jah­re ge­bracht. Ich ha­be im Lau­fe der Zeit mei­nen Stil ge­än­dert, weil die gan­ze Ver­eins­or­ga­ni­sa­ti­on viel um­fang­rei­cher ge­wor­den ist.

Wäh­rend der Zeit als Vor­sit­zen­der sind Sie auch im­mer wie­der als Co­ach in die Bre­sche ge­sprun­gen. Die Trai­ner­fluk­tua­ti­on beim HFV war groß. Es gibt nicht we­ni­ge, die be­haup­ten, ein Übungs­lei­ter ha­be beim HFV nicht in Ru­he ar­bei­ten kön­nen, weil Sie sich im­mer wie­der in die Ar­beit der Trai­ner ein­ge­mischt hät­ten …

Paul­sen: Bei ober­fläch­li­cher Be­trach­tung hat das viel­leicht den An­schein. Aber dem ist nicht so. Kei­ner der Trai­ner wird sa­gen kön­nen, dass ich ihm her­ein­ge­re­det ha­be. Die gan­ze Trai­ner-Odys­see hat 2005 be­gon­nen. Es hat ver­schie­de­ne Grün­de für die zahl­rei­chen Wech­sel ge­ge­ben und auch da­für, dass ich im­mer wie­der mal ein­sprin­gen muss­te, ob­wohl ich das gar nicht woll­te.

Kön­nen Sie die Ur­sa­chen nen­nen?

Paul­sen: Bei Max Lun­ga et­wa war es so, dass er sich nach dem Ab­gang zahl­rei­cher Spie­ler nicht in der La­ge sah, ein neu­es Te­am auf­zu­bau­en, weil er nicht über das nö­ti­ge Netz­werk ver­füg­te. Ju­li­an Bua­beng muss­te aus ge­sund­heit­li­chen Grün­den auf­hö­ren, Vla­di­mir Liu­tyi be­kam ein An­ge­bot aus der Ukrai­ne, bei Ti­mo Mo­ra­no wa­ren be­ruf­li­che Grün­de aus­schlag­ge­bend. Als Heinz-Jo­achim Schmi­ckler schließ­lich 2015 zu­rück­kehr­te, dach­ten al­le, das sei ei­ne lang­fri­sti­ge Lö­sung. Doch er fand nicht mehr den HFV vor, den er noch von sei­nem er­sten En­ga­ge­ment vor 2005 kann­te. Da­ran ist auch un­se­re per­sön­li­che Freund­schaft zer­bro­chen, was ich sehr be­dau­e­re.

Sie ha­ben dem Ver­ein ein hal­bes Jahr­hun­dert in ver­schie­de­nen Funk­tio­nen Ih­ren Stem­pel auf­ge­drückt. Was wa­ren die Hö­he­punk­te?

Paul­sen: Das ab­so­lu­te Highl­ight als Spie­ler un­ter Trai­ner Mar­tin Lup­pen war de­fi­ni­tiv 1978 die Qua­li­fi­ka­ti­on für die neu ge­grün­de­te Ober­li­ga. Das war für mich auch der präg­nan­tes­te sport­li­che Ent­wi­cklungs­schritt. In der Ober­li­ga ha­ben wir da­mals tol­le Er­leb­nis­se ge­habt, ha­ben vor 5000 bis 8000 Zu­schau­ern in Bo­cholt, Wup­per­tal und Ober­hau­sen ge­spielt. Aus die­ser Zeit gibt’s auch die An­ek­do­te, dass der da­ma­li­ge Boss von Fort­una Köln, Je­an Lö­ring, bei ei­nem Du­ell ge­gen den Bon­ner SC ei­nen ge­wis­sen Her­mann-Jo­sef Wer­res auf­sei­ten des BSC be­ob­ach­te­te. Wer­res sah da­mals kei­ne Schnit­te; ich ha­be ei­ne wirk­lich gu­te Par­tie als sein di­rek­ter Ge­gen­spie­ler ab­ge­lie­fert. So gut, dass Lö­ring frag­te: „Wer ist denn der Lan­ge da?“ Re­sul­tat: Wer­res wur­de den­noch ver­pflich­tet und Pro­fi, ich blieb Ama­teur. Zur da­ma­li­gen Zeit stan­den wir teil­wei­se so­gar vor dem BSC. Heu­te sind die Bon­ner Licht­jah­re von uns ent­fernt.

Gab es noch wei­te­re Highl­ights?

Paul­sen: Eben­falls zu den Hö­he­punk­ten zäh­len die bei­den in­ter­na­tio­na­len Spie­le ge­gen Tot­ten­ham Hot­spur und ge­gen Shef­field Wed­nes­day zur Ein­wei­hung der von Fritz Jass er­rich­te­ten Tri­bü­ne im Sta­di­on an der Men­zen­ber­ger Stra­ße in der Sai­son 1987/88, die wir je­weils mit 0:2 ver­lo­ren.

Wel­che wich­ti­gen Pro­jek­te fal­len in Ih­re Ägi­de?

Paul­sen: Die sport­li­che Wie­der­ge­burt des FV Bad Hon­nef im Ju­ni 2008 mit dem Um­bau des al­ten Aschen­plat­zes an der Schmelz­tals­tra­ße in ei­ne Kunst­ra­sen­an­la­ge, um die sich der Un­ter­neh­mer Franz-Jo­sef Solz­ba­cher mit sei­ner Stif­tung, ein klei­ner HFV-Freun­des­kreis und mei­ne Vor­stands­kol­le­gen Ste­phan Gö­cke­ler und Mar­kus Os­ter­brink sehr ver­dient ge­macht ha­ben. Zu­dem die Re­no­vie­rung des Ju­gend­heims im Schmelz­tal in Ei­gen­leis­tung so­wie die Ein­rich­tung ei­nes Pres­se­raums im Sta­di­on Men­zen­berg.

Und was wa­ren die Tief­punk­te?

Paul­sen: Na­tür­lich je­der ein­zel­ne sport­li­che Ab­stieg, wo­bei wir den Ab­stieg aus der Ober­li­ga 1998/99 qua­si bil­li­gend in Kauf ge­nom­men ha­ben, weil die Li­ga sei­ner­zeit fi­nanz­iell für uns nicht mehr zu stem­men war. Dann na­tür­lich auch Mit­te 2005 der ge­schei­ter­te Ver­such, wie­der in die Ober­li­ga auf­zu­stei­gen, als wir in der Re­le­ga­ti­on in Hürth-Her­mül­heim ge­gen den VfB Hom­berg 2:4 ver­lo­ren. Der ab­so­lu­te Tief­schlag für mich per­sön­lich aber war der Sturz in die Be­zirks­li­ga im ver­gan­ge­nen Jahr. Ich kann nur hof­fen, dass uns der di­rek­te Wie­der­auf­stieg ge­lingt. Die Lan­des­li­ga ist ein Muss für den HFV.

Aufrufe: 025.3.2017, 11:30 Uhr
General-Anzeiger / Wolfgang LeyAutor