Der Begriff taucht bei Ankündigungen für Fußballturniere in der Halle immer wieder und immer häufiger auf: Futsal. Oftmals wird er gleichgesetzt mit Hallenfußball. Doch das stimmt so nicht. Futsal ist lediglich eine Variante des Spiels unterm Dach – eine, die die Fußballer in zwei Lager spaltet.
Die Befürworter loben die Rasanz in der vom Weltverband Fifa international anerkannten Spielform, die vor allem durch folgende Punkte gekennzeichnet ist: Zum Einsatz kommt ein etwas kleinerer, sprungreduzierter Ball. Gespielt wird auf zwei Handballtore. Es gibt keine Banden. Geht der Ball ins Aus, gibt es einen Einkick. Jedes Team besteht aus vier Feldspielern und einem Torwart, der auch Treffer erzielen kann. Fouls werden restriktiv geahndet. Ähnlich wie beim Basketball werden die Vergehen pro Team addiert. Ab einer bestimmten Zahl an Fouls (zum Beispiel vier oder fünf) gibt es für den Gegner direkten Freistoß ohne Mauer – von einem Zehn-Meter-Punkt aus. Grundsätzlich muss bei ruhenden Bällen nach spätestens vier Sekunden weitergespielt werden – sonst bekommt der Gegner den Ball.
„Futsal bietet einen hohen Spaßfaktor, ein unheimlich hohes Tempo und viele taktische Möglichkeiten. Man muss mehr mit dem Kopf spielen“, sagt Wolfgang Stephan, Trainer der zweiten Mannschaft des TuS Kröv in der Kreisliga B und in der Vergangenheit Betreuer vieler Jugendteams. 1974 hat der heute 73-Jährige in der ehemaligen DDR seine erste Trainerlizenz gemacht. Er ist offen für Neuerungen. „Das spezielle Futsal-Regelwerk ist anfangs sicher Neuland, da man in der Halle zum Beispiel gewohnt war, den Ball an die Bande zu donnern. Aber bei uns haben die Jungs Futsal angenommen, weil der Ball im Vordergrund steht.“
Die Vorteile aus Sicht der Befürworter: Futsal schult Ballgeschick, das Spiel nach vorne, Konzentration und taktisches Verständnis.
Für andere ist Futsal dagegen ein rotes Tuch. Frank Meeth, Trainer des SV Mehring, spricht beispielsweise von einer „ganz anderen Sportart“. Futsal und Fußball hätten nicht so viel gemeinsam. Der 52-Jährige bestreitet nicht, dass die Ballbehandlung durch Futsal gefördert werde. Daher sei es okay, Elemente ins Jugendtraining zu integrieren. Doch ihm fehlt die Schulung von Robustheit: „Es geht beim Futsal in Richtung körperloses Spiel. Das widerspricht dem, was der Deutsche Fußball-Bund in seinen Nachwuchs-Mannschaften sehen will.“ Hintergrund: Von Hallenturnier zu Hallenturnier sind die Bestimmungen, ob im Futsal gegrätscht werden darf oder nicht, noch unterschiedlich.
Gar nichts hält Meeth von Futsal im Seniorenbereich – vor allem auch aus Zeit- und Logistikgründen: „Mir stellt sich die Frage: Welche Vereine möchten das überhaupt? Meinem Empfinden nach ist die Resonanz extrem gering. Durch Futsal wird die Wintervorbereitung vieler Vereine gestört. Futsal muss man trainieren, dafür ist häufig gar keine Zeit. Hinzu kommt das Problem fehlender Hallenkapazitäten. Und beim Futsal braucht man zwei Schiedsrichter – es ist ja schon bei Spielen draußen manchmal ein Problem, einen Unparteiischen zu haben.“
Meeths Prognose: „Futsal wird eine Randerscheinung bleiben.“ Alois Reichert, Vizepräsident für Fußballentwicklung und Talentförderung im Fußballverband Rheinland (FVR), sieht’s genau anders. Er prophezeit: „In zehn Jahren wird es neben dem normalen Fußball bundesweit Futsal-Ligen geben.“ Bislang sind solche Klassen meist auf Ballungsgebiete beschränkt. Reichert möchte Farbe in den FVR bringen, der in Sachen Futsal bislang eher ein weißer Fleck ist (siehe Interview unten).
Dabei stößt der Trierer auf Skepsis, ebenso wie Alexander Adrian, Futsal-Verbandstrainer im FVR. Der 32-jährige Ex-Spieler des FSV Salmrohr und von Eintracht Trier ist im zweiten Jahr als Verbandscoach aktiv. Seine Aufgaben: informieren, aufklären, Spieler für die Verbandsauswahl rekrutieren. Und Demo-Trainingseinheiten anbieten. So wie jüngst mit den Spielern des B-Ligisten SG Pölich-Schleich/Detzem. Spielertrainer Gustav Schulz sprach nach der Einheit von einem „Riesenunterschied“: „Der Ball springt beim Futsal kaum. Man muss versuchen, ihn mit der Sohle mitzunehmen und ständig in Bewegung zu bleiben. Es ist ungewohnt und sehr anstrengend. Man muss oft wechseln.“
Aus Sicht von Adrian steckt Futsal im FVR „noch total in den Kinderschuhen“. Große Bedenken gebe es wegen des Spielgeräts: „Für viele Spieler ist es eine hohe Hürde, den Ball, der ein anderes Sprungverhalten hat, anzunehmen.“ Er glaubt: „Der Kampf gegen Windmühlen wird noch lange dauern.“ Sein Rezept, um Vorbehalte abzubauen: „Wir müssen und wollen den Dialog mit den Vereinen intensivieren.“
„Futsal macht Spieler besser“
Er setzt sich im Rheinland-Verband für die Hallen-Variante ein: Alois Reichert über Kritik und seine Visionen.
Kurz erläutert: Worin liegt der Unterschied zwischen Futsal und dem herkömmlichen Hallenfußball?
Reichert: Der klassische Hallenfußball ist nicht so schnell, nicht so intensiv. Die Spieler müssen beim Futsal viel mehr Entscheidungen im Eins-gegen-Eins treffen. Und die Handlungsschnelligkeit ist viel größer.
Was haben aus Ihrer Sicht Vereine davon, wenn Sie Futsal trainieren?
Reichert: Es geht vor allem um die Ausbildung von Jugendspielern. Wenn ich – entsprechende Hallenkapazitäten vorausgesetzt – die Trainingssystematik des Futsals über den F-, E- und D-Jugendbereich hinweg vermittle, bekomme ich technisch bessere, mutigere und handlungsschnellere Spieler. Auch Seniorenteams, die witterungsbedingt im Winter für ihr Training in die Halle ausweichen müssen, können signifikante technische Verbesserungen erreichen. Ich kann auch Seniorenspieler durch gezieltes Futsal-Wintertraining besser machen.
Mit wie vielen Vorbehalten sind Sie konfrontiert?
Reichert: Mit riesigen Vorbehalten. Es sind ganz dicke Bretter zu bohren. Deutschland hinkt der Futsal-Entwicklung hinterher. Aber ich denke, es gibt immer mehr Menschen, die die Vorteile erkennen. Ich bin überzeugt davon, dass sich ein Ligenbetrieb durchsetzen wird – natürlich nicht in der Breite wie beim Fußball draußen. Aber wir können eine Hallensportart anbieten, die Zukunft hat.
Welche Kritik hören Sie aus den Vereinen?
Reichert: Vielfach dreht es sich um das Regelwerk, das natürlich schon komplexer ist.
Wie lautet Ihre Vision in puncto Futsal für den Fußballverband Rheinland (FVR)?
Reichert: Wir haben noch keine Futsal-Strukturen im Verband. Der Abstand zu anderen Verbänden ist groß. Hotspots sind unter anderem Hamburg und Schwerte. In den Hochburgen gibt’s Futsal-Regionalligen. Wir im FVR müssen unsere Verbandsauswahl aus Feldspielern rekrutieren.
Es wäre schön, wenn wir schon in der kommenden Saison bezirksweit eine kleine Runde auf die Reihe bekommen. Wir hatten 18 Interessenten bei einem Einsteigerturnier in Koblenz. Ich bin fest davon überzeugt, dass wir in spätestens drei Jahren neben dem normalen Feldfußball einen Ligenspielbetrieb hinbekommen.
Futsal - Pro und Contra: Hier gibt's unser Video mit Stimmen von Gustav Schulz, Alexander Adrian und Alois Reichert: