2024-05-02T16:12:49.858Z

Testspiel
Hält ein Bild aus seiner Zweitliga-Zeit in die Kamera: Roland Bernhard. Jochen Dedeleit
Hält ein Bild aus seiner Zweitliga-Zeit in die Kamera: Roland Bernhard. Jochen Dedeleit

"Im heutigen Profifußball ist das wohl undenkbar"

MTU-LZ Trainer Roland Bernhard spielte mit Christian Streich und Jogi Löw

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Friedrichshafen / sz - Wenn sich am Dienstag ab 18.30 Uhr im Zeppelin-Stadion die Fußball-Zweitligisten SC Freiburg und FC St. Pauli gegenüberstehen, dann wird es auch ein Wiedersehen zweier ehemaliger Freiburger Spieler geben: Roland Bernhard, Jugendtrainer des VfB Friedrichshafen sowie Jugendkoordinator und Stützpunkttrainer des MTU-Leistungszentrums Friedrichshafen, und Freiburgs Coach Christian Streich spielten in der Saison 1987/88 gemeinsam bei den Breisgauern. Der mittlerweile 49-jährige Bernhard erinnert sich noch gut an seinen ehemaligen Mannschaftskameraden.

Beim Blick auf den Kader des Zweitligisten aus der Saison 1987/88 fällt freilich zuerst der Name Joachim Löw auf. Deutschlands Weltmeister-Trainer absolvierte 20 Spiele und sah einmal Gelb - wie Bernhard, der in seiner ersten Saison beim SCF auf 14 Partien kam. Der Häfler grinst, als er nach dem Zustandekommen seines Wechsels nach Freiburg befragt wird. "Ich habe in Bermatingen Landesliga gespielt. Mein damaliger Trainer und auch Förderer Michael Wohlfarth hatte den Kontakt hergestellt." Bernhard weiß selbst: "Im heutigen Profifußball ist das wohl undenkbar, dass ein 21-Jähriger aus der Landesliga in einer Bundesligamannschaft auftaucht."

Wie konnten damals sämtliche Scouts beziehungsweise Talentspäher dermaßen versagen? "Das ist schwer zu sagen", lacht der UEFA-A-Lizenzinhaber, "ich war ja kein Torjäger, der jedem auffällt. Und Ravensburg hat auch noch nicht so hoch gespielt. In den Zeiten der Fußballschulen heutzutage wäre dies sicherlich einmalig." Aus der Jugend der TSG Ailingen wechselte Roland Bernhard zum VfB, spielte dort auch Verbandsliga und traf anschließend in Bermatingen wieder auf seinen Förderer. Michael Wohlfarth, der bei Hertha BSC Berlin auf sieben Bundesligaminuten kam, riet seinem Schützling "probier's".

Große Trainingsbelastung

Bernhard probierte, trotz "eines guten Jobs als Versuchsmonteur bei der ZF" - und muss einen guten Eindruck bei Trainer Jörg Berger hinterlassen haben. "Ich wurde zu einem zweitägigen Probetraining eingeladen und habe drei Trainingseinheiten mitgemacht. Ich habe mir gesagt, ich komme aus Ailingen und habe die Chance, beim SC Freiburg zu spielen", erinnert sich der 49-Jährige, der einen Amateurvertrag über zwei Jahre bekommen, aber sämtliche Trainings mit der Zweitligamannschaft mitgemacht hat. "Natürlich war die Trainingsbelastung eine riesige Umstellung für mich. Aber ich war schon immer laufstark und meine Einsatzbereitschaft groß." Dies habe ihm auch schnell geholfen, bei den Löws und Streichs die nötige Anerkennung und Unterstützung zu erlangen. "Bei den vorhandenen Hierarchien und der bestehenden Hackordnung war es schwer, sich durchzusetzen. Ich musste dies mit enormem Einsatz wettmachen. Zudem war es ein Glücksfall für mich, dass mit dem mittlerweile verstorbenen Jörg Berger ein korrekter Trainer in Freiburg war."

Roland Bernhard sagt, er lebe nicht so sehr in der Vergangenheit, gibt aber auch zu, dass es "eine schöne Erinnerung" sei: "Ich zehre heute noch davon. Es war ein enorm wichtiger Schritt, den ich damals gemacht habe und der mir eine gewisse Selbstständigkeit eingebracht hat. Und für die Zeitungen wäre ich sonst auch nicht interessant", lacht Streichs ehemaliger Mitstreiter, der auf der Kaderliste des SC Freiburg im Angriff geführt war (in seiner dritten Saison gelang Bernhard gegen Kassel sein einziges Tor), jedoch im Mittelfeld und in der Abwehr zum Einsatz kam.

Christian Streich sei, wie etwa Karl-Heinz Schulz und Udo Lay, ein etablierter Spieler beim Zweitligisten gewesen, vor allem technisch versiert und leidenschaftlich - "wie eben jetzt als Coach an der Linie. Und ich dachte bis dahin immer, ich lebe Fußball. Aber Christian hat ihn bis in die letzte Zelle seines Körpers gelebt", schwärmt Bernhard. "Und seine Schwäche, das fehlende Tempo, hat er durch sein hervorragendes Stellungsspiel wettgemacht." Für Streich, der lediglich in der Saison 1989/90 beim FC Homburg in der Bundesliga spielte, wie auch für den Häfler war das Fußball-Oberhaus jedoch (fast) unerreichbar. Während der seit wenigen Wochen 50-Jährige aus Weil am Rhein 1991 seine Profikarriere beendete, zog es Bernhard nach drei Jahren SC Freiburg zum Drittligisten SC Pfullendorf, wo er fünf Jahre kickte.

"Natürlich war ich zuerst enttäuscht, als mein Vertrag in Freiburg nicht verlängert wurde. Aber ich war leistungsmäßig an der Kante und bin dankbar für die erlebte Zeit, in der ich ja auch die Technikerschule absolviert habe und in der Sportkompanie der Bundeswehr war", sagt der Teamleiter der MTU-Instandhaltungsplanung, der nach seinem Weggang aus Pfullendorf Spielertrainer des Bezirksligisten SV Kehlen, des Verbandsligisten FC Wangen und beim VfB Friedrichshafen war. Und nun - mit Boban Savic, ebenfalls ehemals beim Drittligisten Pfullendorf aktiv - die sportliche Leitung beim MTU-Leistungszentrum innehat.

Aufrufe: 012.7.2015, 17:50 Uhr
Schwäbische Zeitung / Jochen DedeleitAutor