2024-06-14T14:12:32.331Z

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Harry Pfeiffer, Henry Mohr und Robert Majcen (v.l.) starten gemeinsam ein Fußballprojekt für Flüchtlingskindern. Foto: Maywald
Harry Pfeiffer, Henry Mohr und Robert Majcen (v.l.) starten gemeinsam ein Fußballprojekt für Flüchtlingskindern. Foto: Maywald

"Fußball eines der besten Integrationsmittel"

GIESSEN: +++ Henry Mohr, Harry Pfeiffer und Robert Majcen organisieren Training für Flüchtlingskinder +++

GIESSEN - Zwei Dutzend Fußbälle haben für strahlende Augen von Flüchtlingskindern in der Hessischen Erstaufnahmeeinrichtung (HEAE) an der Rödgener Straße gesorgt. Mehr noch: Am kommenden Dienstag, 15. September, werden die ballverliebten Kids aus verschiedenen Nationen zu echten Wegbereitern. Da findet am Sportplatz an der Miller Hall das erste Fußballtraining für Flüchtlingskinder statt. Und dieses Beispiel könnte Schule machen – stadtweit, kreisweit und darüber hinaus.

Maßgeblich beteiligt an dem neuen Projekt sind Kreisfußballwart Henry Mohr, VfB-1900-Jugendleiter Harry Pfeiffer und Robert Majcen, Leiter der Fußballschule des VfB 1900. Indirekt auch der Gießener Anzeiger. Genauer: Die Überschrift des Berichts nach Sigmar Gabriels Besuch in der HEAE, in der von einem „Auftrag, ‚Fußbälle zu besorgen‘“ die Rede war.

Das sei für ihn die zündende Idee gewesen, erzählt Henry Mohr, der schon zuvor überlegt hatte, „wie man den Flüchtlingen helfen könnte“. Als dann noch ein Anruf vom RP kam, ob er in seiner Funktion als Kreisfußballwart vielleicht sogar „Spiele der Kinder unter Aufsicht“ organisieren könnte, war alles klar. Mohr griff zum Hörer und rief seine Kollegen Pfeiffer und Majcen an. Zunächst ging es darum, welcher Platz für ein solches Fußballangebot in Frage käme und wie man ein reines Vormittagstraining (nachmittags sind praktisch alle Plätze schon belegt) organisieren könnte.

„Im ersten Moment war ich überrascht, aber dann sofort Feuer und Flamme“, erinnert sich Robert Majcen, der selbst „aus Ex-Jugoslawien“ stammt. Für Harry Pfeiffer kam das Waldstadion wegen des laufenden Trainings- und Spielbetriebs nicht in Frage. Genau wie der Unisportplatz, der durch den Uni-Schulsport ständig belegt sei. „Und den VfB-Hartplatz wollte ich den Kindern nicht zumuten.“ Nach einem Anruf bei Sportamtsleiter Tobias Erben stand fest: „Für das Flüchtlingskinder-Fußballprojekt können wir den Platz an der Miller Hall nutzen. Das ist eine tolle Sache.“

Kurz danach informierte Henry Mohr Ina Velte von der Pressestelle des RP und äußerte den Wunsch, den Kindern in der HEAE mehr als zwanzig Lederbälle zu übergeben. „Die lagen alle bei uns zu Hause, teilweise noch in der Originalverpackung“, sagt der Kreisfußballwart. Sein ebenfalls fußballbegeisterter Sohn Nico (13), Schüler der Brüder-Grimm-Schule in Kleinlinden, sei „sofort bereitgewesen“, die Bälle zu stiften. Im Beisein von Vertreterinnen der HEAE und des RP händigten Mohr, Pfeiffer und Majcen Anfang September den aus fernen Ländern nach Gießen gekommenen Jungen und Mädchen in einem Haus der HEAE an der Rödgener Straße die Lederbälle aus.

Wie sehr sich die Kinder unterschiedlichen Alters darüber freuten, werden die drei Sportsfreunde nie vergessen. „Ihre leuchtenden Augen haben uns richtig gutgetan.“ Besonders ein elfjähriger Junge aus dem Irak hat es Mohr und den VfB-Leuten angetan. „Der sprach gut Deutsch, weil er früher schon einmal in Deutschland gewesen ist.“ Als der Junge merkte, was geplant war, schnappte er sich das Klemmbrett von einem Erwachsenen und schrieb seine Zimmernummer drauf. „Damit er ganz sicher zum Training abgeholt werden kann.“

Ab kommendem Dienstag wird Robert Majcen zweimal die Woche von 10 bis 12 Uhr mit den Kindern auf dem Miller-Hall-Sportplatz trainieren. „Dienstag mit den Sechs- bis Zehnjährigen, am Donnerstag mit den elf- bis 14-Jährigen.“ Zum Training werden sie von mindestens einem Elternteil begleitet.

„Fußball ist eines der besten Integrationsmittel, das es gibt“, betont Pfeiffer. „Da spielt es keine Rolle, ob jemand Deutsch, Englisch, Arabisch oder sonst eine Sprache spricht“, ergänzt Mohr. Als Beispiel für eine gelungene Integrationsleistung nennt er das Haus für unbegleitete Jugendliche in Allendorf/Lahn. „Die sind alle in Vereinen integriert, hauptsächlich im Fußball, und lernen schnell Deutsch.“ Ohne Spieler mit Migrationshintergrund könnten in Gießen manche Vereine gar nicht mehr existieren, sind die drei verdienten Sportler überzeugt. Vereine in Reiskirchen, Lollar, Kinzenbach, Biebertal, im Kreis Lumda oder anderswo könnten ebenfalls aktiv werden und dem Gießener Modellprojekt folgen, meint Mohr. Auch wenn es nach einigen Monaten wegen des Wegzugs von Spielern eine gewisse Fluktuation gebe.

Zunächst geht es darum, zu beobachten, „wie sich die Sache entwickelt“. Mohr und Pfeiffer sind auf der Suche nach Sponsoren für weitere Fußbälle. Besorgt macht sie der kommende Winter. „Da wär’s schön, wenn wir vorher irgendwo eine Halle fänden, in der die Flüchtlingskinder zwei Stunden trainieren können.“ In einer Rundmail hat Pfeiffer zudem die rund 220 Spieler der VfB-Jugendabteilung gebeten, gebrauchte Fußballschuhe abzugeben, vielleicht sogar aussortierte Sportdresses.

Klar ist: Mohr, Pfeiffer und Majcen haben noch viele Ideen. Sie wollen sich engagieren und dazu beitragen, „dass die schlimme Lage wenigstens für die Kinder ein bisschen angenehmer wird“. Denn, so Mohr, abschließend: „Was gibt es Schöneres für die meisten Kinder als auf einem richtigen Sportplatz Fußball zu spielen.“

Aufrufe: 012.9.2015, 10:30 Uhr
Franz MaywaldAutor