2024-04-30T13:48:59.170Z

Allgemeines

Fußball-Bezirk: Schiedsrichter sollen streiken

Alle Fakten und Hintergründe: Landesliga und Bezirksliga 1-5 am Sonntag betroffen – Klubs müssen Unparteiische suchen

Ein Streikaufruf schreckt die Amateurfußball-Szene der Regionauf: Auf Anweisung des Schiedsrichter-Ausschusses des NFV Bezirks Weser-Ems sollen an diesem Sonntag keine Schiedsrichter zu Partien der fünf Bezirksligen und der Landesliga erscheinen. Auslöser: die Diskriminierung eines Schiedsrichters in Ostfriesland.

Wie kam es zum Streikaufruf? Am späten Donnerstagabend informierte Georg Winter als Vorsitzender des Schiedsrichter-Ausschusses Weser-Ems alle eingeteilten Referees darüber, dass er sie infolge eines Beschlusses des Bezirksvorstandes von den Sonntagspartien der Landesliga und der Bezirksliga wieder absetzen werde. Falls die Vereine die Unparteiischen bitten würden, die Partien doch zu leiten, bittet Winter darum, „dies zu unterlassen. Wir wollen hier einmal ein eindeutiges Zeichen setzen, dass man mit uns nicht alles machen kann“, schreibt Winter.

Welche Spiele sind betroffen, und was sollen die Klubs tun? Der Streikaufruf gilt für Sonntag in der Landes- und der Bezirksliga der Herren. Frauen- und Jugendspiele sind nicht betroffen, genau wie Partien auf Kreisebene und für Samstag angesetzte Duelle. Konkret soll zu den Landesliga-Partien des SC Melle (in Dinklage) und des SV Bad Rothenfelde (gegen Pewsum) ebenso kein Gespann kommen wie zur Highlight-Partie des VfR Voxtrup gegen Atlas Delmenhorst vor vielen Fans. In der Bezirksliga 5 sind sechs weitere, sportlich teils brisante Partien betroffen. Die beteiligten Klubs müssen sich laut Spielordnung nun vor Anpfiff auf einen Schiedsrichter einigen, der idealerweise den Schein hat oder zumindest DFB-Mitglied ist, etwa als aktiver Fußballer. Treten Teams einfach nicht an, drohen Sportgerichtsverfahren, Strafen und Punktabzüge.

Was war der Auslöser für den Streik? Im September hatte ein Zuschauer nach Abpfiff zum Team um Referee Benedikt Schröder (Bad Zwischenahn) nach der Partie GW Firrel gegen Tura Westrhauderfehn (Bezirksliga 1, 0:3) gesagt: „So etwas wie euch sollte man vergasen.“

Wie hat sich der Firrel-Fall entwickelt? Das Bezirkssportgericht hatte gegen GW Firrel wegen „diskriminierenden Verhaltens seiner Anhänger“ 400 Euro Geldstrafe verhängt. Der Klub hatte dagegen erfolgreich vor dem Verbandssportgericht geklagt – bemerkenswert: Dieses hatte die betreffende Aussage zwar als beleidigend, aber nicht als diskriminierend eingeordnet. Das Oberverbandssportgericht als letzte Instanz hat nun klargestellt, es handle sich sehr wohl auch um eine „sprachliche Diskriminierung durch eine historisch belastete Phrase“. Firrel sei dennoch freizusprechen, da dem Klub im Sinne der NFV-Satzungen keine Verletzung der Sorgfaltspflicht nachzuweisen sei.

Wie wird der Streikaufruf begründet? „Dass man damit nicht nur die Richtigen trifft, ist uns klar. Wir wollen ein Zeichen setzen gegen verbale Gewalt gegen unsere Schiedsrichter. Angesichts des Dauerklingelns meines Telefons haben wir das auf jeden Fall geschafft“ erklärt Dieter Ohls, Vorsitzender des Fußballbezirks, den Vorstandsbeschluss zum Streik. Man bedauere, dass der Schiedsrichter keine Strafanzeige bei den Behörden gestellt habe. „Firrel war nicht der erste Fall dieser Art. Das endgültige Sportgerichtsurteil hat bei uns nun das Fass zum Überlaufen gebracht“, sagt Ohls. Dass der Vorstandsbeschluss mehrheitlich, nicht einstimmig, gefallen ist, zeigt, dass nicht alle Vertreter des Gremiums den Streik für zwingend notwendig hielten.

Was sagt der Niedersächsische Fußballverband? In Barsinghausen wurde man vom nicht mit der Landesspitze abgestimmten Streikaufruf aus dem Bezirk Weser-Ems etwas überrumpelt. „Wichtig ist mir: Das einwandfreie Urteil des Oberverbandssportgerichts stellt klar, dass es sich sehr wohl um eine Diskriminierung des Schiedsrichters gehandelt hat“, sagt NFV-Präsident Karl Rothmund. Den Streikaufruf des autarken Weser-Ems-Bezirkes habe der Landesverband nun zu respektieren. „Als Privatmann sage ich aber offen: Mir gefällt nicht, dass man den Fall auf dem Rücken der Vereine austrägt“, so Rothmund. Man habe für kommenden Freitag eine außerordentliche NFV-Präsidiumssitzung einberufen. Einziger Tagesordnungspunkt: der Fall Firrel und die Folgen.

Wie reagieren die Klubs? Überrascht – und teilweise deutlich ungehaltener als in Voxtrup. „Das hat uns wie der Blitz getroffen. Ich wüsste auch gern, wer am Sonntag pfeift“, sagt Erik Ropken, VfR- Fußballobmann. Eine schnelle Absage – etwa wegen Unbespielbarkeit des Platzes – sei in Voxtrup kein Thema. Mit den Atlas-Verantwortlichen wolle man das Problem zusammen lösen.

Aufrufe: 010.3.2017, 19:13 Uhr
Benjamin Kraus / Neue Osnabrücker ZeitungAutor