2024-04-19T07:32:36.736Z

FuPa Portrait
Fast-Weltmeister Raisi Zalla (links) in Aktion.
Fast-Weltmeister Raisi Zalla (links) in Aktion.

"Fußball bedeutet mir, Freiheit zu spüren"

Gehörloser Raisi Zalla von Germania Schwanheim im Portrait +++ Junges Mittelfeldtalent spricht über seine Passion, Vergangenheit und Zukunft

SCHWANHEIM. Bereits seit seinem sechsten Lebensjahr spielt Raisi Zalla Fußball. Soweit kein Unterschied zu vielen millionen Kindern in Deutschland. Durch das Profifußballer-Dasein seines Vaters wurde dem jungen Mittelfeldspieler vom FC Germania Schwanheim 06 das Talent obendrein in die Wiege gelegt. Nach eigener Aussage bedeutet der Sport für ihn, den Kopf abzuschalten und sich frei zu fühlen. Wahrscheinlich ist der Schwanheimer nicht der einzige mit solch einer Geschichte, es gibt aber etwas, das ihn zu einer Rarität auf dem Platz macht: Raisi ist gehörlos.

Zwar besitzt der 18-Jährige ein Hörgerät, dieses darf auf dem Feld jedoch nicht getragen werden. Da stellt sich die Frage: Wie kommuniziert jemand ohne hören zu können mit seinem Coach oder der Mannschaft während des Trainings? Hierzu wendet sein Trainer Matthias Auer die verschiedensten Methoden an: "Wir kommunizieren mit Händen und Füßen. Manchmal renne ich einfach neben ihm her und zeige ihm was ich will. Raisi versteht die Übungen duch das Sehen, er ist sehr aufnahmefähig. Nach dem Training bekommt er dann oft einen Zettel von mir mit, auf dem drauf steht, was er verbessern kann." Es gäbe sogar Momente, in denen die Mannschaftskollegen das Handicap vergessen und Raisi über den gesamten Platz rufen, bis sie ihren Fehler bemerken, erzählt Auer.

"Da wir auf dem Feld nichts hören, fühlen wir das Spiel ganz anders."

Auf die Frage, ob ihn die Gehörlosigkeit im Fußball stark einschränkt, antwortet Raisi: "Diese Frage wurde mir oft gestellt, und die Antwort darauf ist: Nein, überhaupt nicht. Ganz im Gegenteil! Wir gehörlosen Spieler haben etwas, was Besonders ist. Vor allem weil wir auf dem Feld nichts hören, fühlen wir das Spiel anders. Wir achten auf viel mehr Dinge, auf die man sich sicher nicht konzentriert, wenn man hören kann. Wir sind viel konzentrierter im gesamten Spiel. Ich sehe es in gewisser Weise als eine Gabe, die mich auf dem Spielfeld nicht schwächer macht." Diese Selbsteinschätzung spiegelt sich auch in den Aussagen des Trainers wieder: "Raisi besitzt ein extrem gutes Spielverständnis. Er ist nicht nur sehr stark in Schuss und Dribbling, sondern besitzt auch eine unglaubliche Dynamik.


Raisi besitzt viele fußballerische Stärken, eine davon liegt im Zweikampf.


Zum besten Nachwuchsspieler der WM gekührt

Zu seiner großen Freude wurde Raisi Zalla im März 2016 für die deutsche Nationalmannschaft der Gehörlosen nominiert. Bei der diesjährigen Weltmeisterschaft verpasste das Team den Titel nur knapp: Im Finale mussten sich die Deutschen gegen die Türkei mit 1:2 geschlagen geben. Als Weltmeister kann sich Raisi somit nicht bezeichnen, dafür wurde ihm jedoch ein ganz andere Ehre zu Teil: Bei den Auszeichnungen, die im Anschluss an das Finale durchgeführt wurden, kührte man ihn zum besten Nachwuchsspieler der WM. "Das kam sehr überraschend. Ich habe mich wirklich gefreut, weil ich nicht damit gerechnet habe. Ich gebe auf dem Feld immer 100% und diese Anerkennung hat mir gezeigt, dass es sich gelohnt hat so hart zu trainieren und an mir zu arbeiten", berichtet Raisi erfreut.


Wo auch immer sein Weg hin führt: Diese Saison konzentriert sich Raisi voll und ganz auf Schwanheim


Zukunft ungewiss

Mit der Schwanheimer A-Jugend verfolgt der junge Fußballer das selbe Ziel, wie die meisten anderen Jungs in seinem Alter auch: starke Spiele absolvieren, eine gute Saison spielen, am besten den Aufstieg klar machen. Auf seinem Schreibtisch liegt jedoch noch ein ganz anderes Angebot. Die albanische Nationalmannschaft für Hörende hat ihr Interesse bekundet. Inwiefern dies realisierbar ist wird sich noch zeigen. Eines ist aber allen in Raisis Umfeld klar: Dem jungen Mittelfeldmann steht eine große sportliche Zukunft bevor - und das alles trotz seiner Gehörlosigkeit.

Aufrufe: 020.9.2016, 13:00 Uhr
Xenia SchippAutor