2024-05-02T16:12:49.858Z

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In der Nachmittagshitze: Trainer  Karl Müller gibt sein Fußballwissen auf Fogo weiter.
In der Nachmittagshitze: Trainer Karl Müller gibt sein Fußballwissen auf Fogo weiter.

Fußball auf Fogo - barfuß auf Beton

Langenhorns Verbandsligatrainer Karl Müller erzählt von seinem Ausbildungseinsatz auf der kapverdischen Insel

Es ist unglaublich heiß in Sao Filipe. Ein Fußballfeld, umrahmt von Mauern, statt Rasen ein Betonboden mit grünem Teppich, auf dem 20 Sportler auf Anweisungen von Karl Müller warten. Das war der erste Eindruck des Fußball-Trainers aus Nordfriesland bei seinem Einsatz in der Hauptstadt von Fogo, einer Insel mitten im Atlantik.

Karl Müller, der sonst die Verbandsligamannschaft der SG Langenhorn/Enge trainiert, wagte ein kleines Abenteuer mit dem Ausflug auf das Eiland, das zu den Kapverden gehört. Vier Wochen lang gab er dort sein Fußball-Wissen weiter und selbst lernte er die kreolische Kultur kennen. Müllers Tätigkeit im Rahmen eines Fußballprojektes zur Fortbildung für lokale Kinder- und Jugendtrainer auf Fogo hatte Mike Goike vermittelt. Der Flensburger engagiert sich dort vielfältig. So kümmert sich der Psychologe gemeinsam mit der Zahnärztin Monika Kienass um die Gesundheitsversorgung vor Ort, sie gründeten den Verein ,,Fogos Kinder e.V." zur Unterstützung von Kindern auf der kapverdischen Insel. Und Goike kam auf die Idee mit dem Fußball. ,,Wenn man durch die Straßen Sao Filipes geht", schreibt er auf der Webseite des Vereins, ,,sieht man, dass so gut wie alle Jungen und auch manche Mädchen mit Blechdosen und vielen anderen Dingen Fußball spielen."



Beim Kindertraining: Der Verbandsliga-Trainer staunte über die Fußballbegeisterung und das Können der kleinen Ballkünstler.


Diese Begeisterung wollten Goike und Kienass für ein Fußballprojekt nutzen, um den Kindern der Insel ein regelmäßiges Gemeinschaftserlebnis zu ermöglichen.,,Mike suchte einen Fußballlehrer, der die Trainer vor Ort fortbilden sollte", erzählt Müller. Über persönliche Kontakte in Flensburg kam Mike Goike auf den 52-jährigen Fußballlehrer mit der A-Lizenz, die ihn zur Ausbildung befähigt. ,,Das ist nichts Neues für mich - gerade im Kinder-und Jugendbereich", sagt Müller, der jahrelang Fortbildungen für Übungleiter und Trainer geleitet hat.Von Flensburg nach Fogo: Von Hamburg über Lissabon auf die kapverdischen Inseln, wo Karl Müller auf der Hauptinsel Santiago zwei Tage auf den nächsten Flieger nach Fogo warten musste.

,,Der Flughafen ähnelt einer großen Bushaltestelle mit einem Gepäckband von zwei Metern", beschreibt Müller. ,,Ich habe mehrere Sportsachen wie Bälle und Trikots aus Deutschland mitgebracht. Eigentlich muss man eine so große Menge verzollen. Am Flughafen waren sie aber sehr hilfsbereit und haben die Ware grob auf die anderen Fluggäste verrechnet", sagt Müller.Nur sechs Flugstunden von Deutschland entfernt liegt die kleine kapverdische Vulkaninsel Fogo mit 55000 Einwohnern. Hier ist es das ganze Jahr über angenehm warm. Der schwarze Strand und die starke Strömung mögen ein Grund dafür sein, dass der große Tourismus Fogo noch nicht entdeckt hat. Meist kommen Individualreisende her, um den Vulkan ,,Pico de Fogo" zu erklimmen.Erstes Training: ,,Eigentlich hatte ich erwartet, dass alles ungeordnet ist, nicht trainiert, eher gebolzt wird und viel Aufbauarbeit geleistet werden muss", sagt Müller. ,,Aber das war nicht der Fall."


Der Fußballlehrer und sein Dolmetscher: Karl Müller (re.) und Mike Goike.k

Das Problem sei eher der Mangel an Material und Spielorten gewesen. ,,Es war wie bei uns in den 50ern: Barfuß auf Beton."Für Material ist jetzt aber erstmal gesorgt. Nach einem Spendenaufruf brachte Müller 70 Paar Kinderfußballschuhe, 40 Fußbälle und weiteres Sportmaterial mit nach Fogo. Das Material verwaltet nun Platzwart Mário Djudju, der für die Ausleihe an die Trainer zuständig ist.Müller staunte darüber, dass die Trainer zum ersten Treffen völlig unvorbereitet auftauchten. ,,Sie wussten überhaupt nicht, was sie erwartet. Sie trugen zum Teil gar keine Schuhe oder Flip Flops."

Am nächsten Tag seien allerdings alle in Sportkleidung und geeignetem Schuhwerk erschienen, vor allem aber interessiert und wachsam. ,,Sie haben die Übungen aufgesogen", beschreibt Müller. Immer wieder habe er Pausen einlegen müssen, damit sie sich Notizen machen konnten. ,,Fußballerisch kann sich da noch der ein oder andere von uns etwas abschneiden - das sind alles Straßenfußballer", sagt Müller. Die Kommunikation war nicht einfach. Amtssprache auf Fogo ist Portugiesisch, nur die wenigsten Insulaner sprechen Englisch. Mike Goike half als Dolmetscher, aber lieber hätte Müller seine Schüler direkt instruiert: ,,Schade, dass ich ihre Sprache nicht beherrsche."

Müller schaute sich natürlich auch an, wie seine Schüler das Gelernte umsetzten. So beobachtete er wie 40 Kinder gespannt warteten, bis der Trainer alles aufgebaut hatte. ,,Es war interessant, den Traum der Kinder zu spüren. Fußball bringt Hoffnung auf sozialen Aufstieg. Wer gut Fußball spielt, bekommt vielleicht die Chance eines Tages in Portugal zu spielen", erzählt der Flensburger.Die Abschlussveranstaltung der Fortbildung fand in Fogos Stadion statt. Die U16-Mannschaften ,,Botafogo" und ,,Sem Fronteiras" spielten gegeneinander und die Teilnehmer bekamen alle eine Fortbildungsbescheinigung als ,,Teamleiter für Kinder- und Jugendfußball" überreicht.

Bevor Müller wieder abreiste, gab er die Idee, zwei Kindertore zu bauen, an die Organisatoren vor Ort weiter. Daraufhin wurden vier Kindertore aus Eisenstangen angefertigt. ,,Wäre bei uns nicht erlaubt", sagt Müller. Aber auf Fogo müsse man sich irgendwie behelfen.Kontakt nach Fogo hat Müller nicht mehr. ,,Mike hat mir mal viele Grüße von den Trainern überbracht", aber ansonsten fehlten die sprachlichen Voraussetzungen. ,,Leider ist es ein abgeschlossenes und kein fortlaufendes Projekt." Er kann sich aber gut vorstellen, etwas Ähnliches noch einmal zu machen - auf Fogo oder anderswo.

Aufrufe: 06.11.2015, 10:00 Uhr
SHZ / arbAutor