2024-04-23T13:35:06.289Z

Training

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Spielintelligenz im Mittelpunkt des Fußballtrainings

„Fußball beginnt im Kopf und endet im Fuß“ (Horst Wein, 2009). Dies ist eines der prägendsten Zitate des Buches „Spielintelligenz im Fußball kindgemäß trainieren“, in dem Horst Wein sein Entwicklungsmodell für den spanischen Fußballverband vorstellt. Dieses setzt den Schwerpunkt mehrheitlich auf das Lehren der Spielintelligenz und rechnet ihr die größte Bedeutung im Fußball zu.

Was meint eigentlich Spielintelligenz?

Laut Wein wird die Spielintelligenz eines Fußballers in seiner bewussten Suche nach Lösungen für alle Probleme, die im Wettkampf auftreten, deutlich. Ein intelligenter Spieler zeichnet sich dadurch aus, dass er die Aktionen seinen Mit- und Gegenspieler analysiert und Lösungswege beherrscht sowie häufig richtig einsetzt (vgl. Wein, 2016). Laut Antonelli und Salvini (1982) kann nichts das Spielgeschehen so stark beeinflussen, wie die Spielintelligenz seiner Akteure.

Im Hinblick auf die Trainingspraxis lohnt es sich hier, die Prozesskette der Lösung einer Situation einmal aufzuzeigen. Die Problemlösung beginnt mit der Wahrnehmung einer Aktion, gefolgt von der Analyse und der gedanklichen Lösung. Als letztes reagiert der Spieler mit der motorischen Ausführung der geplanten Spielsituation.

Die Aufgabe des Trainers ist es, diese Prozesse im Training zu schulen. Doch wie geschieht das in der Praxis?

Hauptbestandteil Wein´schen Entwicklungsmodells sind vereinfachte Spielformen. Das meint vor allem Spiele mit verringerter Spieleranzahl. Hintergrund ist die Komplexität der größeren Spiele. Hierzulande findet ein normales Ligaspiel der E-Junioren im Modus 8:8 statt. Dabei wird zwar auf verkürzten Spielfeld und mit verringerter Spieleranzahl agiert, dennoch sind die Spielsituationen ähnlich derer im 11:11 der „Großen“. Wie soll ein Kind, welches sich am Anfang des Fußballerlebens befindet, Situationen lösen, die selbst die Ronaldos und Messis dieser Welt nicht immer optimal lösen können? Nicht umsonst wird es auf den Sportplätzen unseres Landes immer lauter und Jugendtrainer verlassen den Platz am Sonntagvormittag mit heiserer Stimme. Mussten sie doch fast die gesamte Spielzeit hindurch ihre Spieler anleiten. Teilweise kommt mir das so vor als steuern sie Marionetten. Dies muss aber keinesfalls an der schlechten Arbeit des Trainers liegen. Vielmehr verstehen die Spieler die meisten Spielsituationen einfach noch nicht bzw. finden keine adäquate Lösung. Hinzu kommt, bei größerer Spieleranzahl, ein höherer Druck Aktionen schnell und präzise lösen zu müssen.

Bleiben wir beim Beispiel der E-Junioren und schauen auf die Vorschläge von Horst Wein: In dieser Altersklasse wird im FUNiño gespielt. Das ist ein Spiel im 3:3 auf vier Tore. Dabei finden alle wichtigen Grundtechniken und -taktiken des Fußballs statt. Weiterhin ist jedes Kind an allen Spielsituationen beteiligt. Dennoch sind sie viel einfacher zu verstehen. Durch die vier Tore, welche jeweils ganz außen auf der Grundlinie aufgestellt werden, wird das Spiel in die Breite gezogen und es kommt zu mehr geplanten Torhandlungen.

Die Rolle des Trainers

Um Spieler dazu zu bringen, über Situationen und Problemlösungen nachzudenken sollte der Übungsleiter weg von einem Weg des Vorgebens und hin zum Anregen der Athleten kommen. Das meint ein Training, indem die Spieler selbstständig Probleme lösen müssen. Der Trainer gibt dabei lediglich Ansätze (ideal über Fragen) und begleitet die Athleten zur Lösung einer Spielsituation.

„Je mehr ein guter Trainer weiß, desto weniger gibt er preis. Ein guter Trainer lehrt seine Spieler praktisch gar nichts, sondern konfrontiert seine Schüler mit für sie verständlichen und lösbaren Problemen, damit sie dann durch Selbstentdeckung oder auch mit seiner Hilfe bestmöglich gelöst werden können.“ (Horst Wein)

Um das Konzept aufgehen zu lassen ist es außerdem wichtig, den Spielern Zeit zu geben.

Kritik am spanischen Entwicklungsmodell

Horst Wein steht die Ausbildung der Spielintelligenz ganz klar in den Mittelpunkt des Trainings. Andere Leistungsfaktoren, wie Technik, Taktik oder Kondition – werden während der Spiel- oder Übungsformen geübt. Im Gegensatz dazu steht das Konzept des DFB. Hier werden die Faktoren der sportlichen Leistung abgegrenzt trainiert und nach klaren Leitlinien einzeln aufbereitet. Ich denke ein Mittelweg zwischen beiden Modellen ist optimal. Einerseits ist es sehr wichtig, dass ein Spieler weiß, wie er eine Spielsituation optimal lösen kann. Auf der anderen Seite erfordert eine optimale Lösung beispielsweise auch eine optimale Technik. Natürlich werden diese Anforderungen im Wettkampf vermischt und sollten deshalb auch so trainiert werden, allerdings finde ich es, grade beim Grundlagentraining, optimal, Komponenten herausgelöst zu trainieren.

Quelle

Wein, H. (2016). Spielintelligenz im Fußball: kindgemäß trainieren. Meyer & Meyer Verlag.

Aufrufe: 028.3.2017, 20:30 Uhr
Christoph SchlieweAutor