2024-04-19T07:32:36.736Z

Interview

"Fußball ist nicht mehr meine Nummer Eins"

Frank Schaaf über seine Tätigkeit als Team Manager bei den Füchsen Berlin, das Potential im Verein und Veränderungen im fußball zu seiner aktiven Zeit

Frank Schaaf war mein Trainer in der A-Jugend beim VfB Hermsdorf. Er verließ uns und wurde Trainer bei den Füchsen Berlin, anschließend bei Normannia. Vor Vier Jahren begann seine Tätigkeit als Team Manager bei den Füchsen. Dem fußball wollte er einige Male den Rücken kehren, blieb aber dennoch bei der Sache. Der Kontakt zwischen uns riss nie ab, bei einem Treffen vergangene Woche beantworte Frank mir meine Fragen.

Frank, du warst erst Trainer beim VfB Hermsdorf, MSV Normannia und den Füchse Berlin, jetzt gehst du in die vierte Saison als Team Manager bei den Füchsen. Macht dir dieser Job mehr Spaß?

Ob es mir mehr Spaß macht – das kann ich pauschal nicht sagen. Was ich sagen kann: Es macht mir auf jeden Fall Spaß. Ich bin das Bindeglied zwischen dem Trainerteam und der Mannschaft. Ich rede gerne mit den Spielern, versuche Ihnen die Probleme von den Lippen abzulesen, damit Sie sich immer wohl fühlen bei uns. Das ganze Organisieren, neue Spieler verpflichten, Ja, ich übe die Tätigkeit als Team Manager sehr gerne aus. Aber ich muss auch ganz klar sagen, dass Fußball nicht mehr die Nummer Eins in meinem Leben ist, ich wollte ihm in letzter Zeit des Öfteren den Rücken kehren. Pierre Schönknecht, ein super Mensch und eine große Persönlichkeit, die gute Seele und Vorstandsvorsitzender von den Füchsen, hat mich davon überzeugen können, dass ich hier gebraucht werde. Wir haben uns zusammengesetzt und den ehemaligen Trainer Guido Perschk mit ins Boot geholt. Wir teilen uns jetzt die Aufgaben, ich bin unter der Woche zuständig, Guido übernimmt ab Freitag. So kann ich mir meine Auszeiten nehmen, mich am Wochenende meiner Familie und meinem Hobby dem golfen widmen und unter der Woche mich dann mit voller Konzentration dem Fußball hingeben.

Welche Aufgaben fallen für einen Team Manager an?

Wie oben erwähnt kümmere ich mich größtenteils um die Mannschaft. Ich versuche Spielerkontakte herzustellen, telefoniere und Treffen mich mit potentiellen Neuzugängen. Sollte einer charakterlich ins Team passen leite ich auch die Verhandlungen. Des Weiteren versuche ich unseren Spielern eine Wohlfühloase zu bieten. Die Spieler sollen sich wohlfühlen wenn Sie zum Training kommen. Wir stellen mittlerweile zu jeder Trainingseinheit Getränke und Snacks zu Verfügung, waschen die Trainings- und Spielkleidung, haben einen Fernseher plus Playstation in der Kabine und einen Whirlpool zum Entspannen. Wenn den Spielern etwas fehlt, Sie Probleme haben oder jemanden zum Sprechen brauchen bin ich verantwortlich, versuche zu helfen und gegeben falls zu vermitteln. Wir versuchen es für die Spieler so professionell wie möglich zu gestalten. Das Potential und die Möglichkeiten bei den Füchsen sind aber noch nicht ausgeschöpft.

Persönlich interessiert mich, wie die Kontakte zu neuen Spielern entstehen?

Als ich noch mehr investiert habe, bin ich oft zu Spielen gegangen und habe mir bestimmte Spieler angeschaut und anschließend kontaktiert. Mittlerweile werden viele alte Kontakte genutzt. Entweder zu ehemaligen Spielern oder Trainern und Verantwortlichen die einem Spieler anbieten. Der Trainer oder die Spieler haben Kontakte, die wir am Ende nutzen. Auch wenn ein Spieler häufig in der Fußball-Woche genannt wird oder regelmäßig Tore schießt werde ich auf diese Spieler aufmerksam und versuche mir die Nummer zu organisieren. Heutzutage ist das mit den Sozialen Medien natürlich deutlich einfacher als früher.

Wenn du den Kontakt zu den Spielern aufnimmst, welche Forderungen und Wünsche äußern die Spieler bei den Verhandlungen?

Da sind die verschiedensten Forderungen dabei. Meistens sind es (meist überhöhte) Festgehälter, Tankgeld, eine Monatskarte, Fußball- oder Laufschuhe, oder als Torhüter z.B. Handschuhe. Wenn dich ein Bezirksligaspieler kontaktiert und mehrere Hundert Euro Festgehalt verlangt und das nebenbei gesagt für eine Freizeitbeschäftigung, dann muss ich mich schon manchmal fragen, ob ich im falschen Film gelandet bin.

Bei Bundesligavereinen hört man teilweise, dass ein Team Manager sich wieder in die Angelegenheiten des Trainers eingemischt hat. Du warst auch mal Trainer, funkst du auch mal dazwischen wenn aus deiner Sicht etwas nicht passt?

Es gab eine Übergangszeit, da habe ich teilweise beim Training und auch bei den Spielen an der Seitenlinie gestanden und aktiv mitgeholfen. Jetzt haben wir mit Kai Brandt einen professionellen und guten Trainer an der Seitenlinie, dem wir seit dieser Saison mit Thomas Pyrrhus auch einen Co-Trainer an die Seite gestellt haben. Mit diesem Team sind wir für die kommende Saison gut aufgestellt. Ich werde zwar meistens Dienstag und Donnerstag beim Training anwesend sein, aber nur Organisatorische Dinge bereden und erledigen. Als Außenstehender kann ich sowohl dem Trainerteam, als auch den Spielern nützliche Hinweise geben.

Für eine Berlin-Liga Mannschaft klingt das, was bei den Füchsen vorfindet, nach sehr passablen Umständen, seinem Hobby, dem Fußball spielen nachzugehen. Wenn man aber in die Vergangenheit des Vereins schaut, dann sieht man, dass dort regelmäßig überregional Fußball gespielt und auch der Berliner-Pokal gewonnen wurde. Wollt ihr langfristig eure Ressourcen nutzen und an alte Tage anknüpfen, oder ist das eher „Traumdenken“?

An alte Tage anknüpfen, dass wäre sehr schön, ist aber auch ein sehr schweres Unterfangen. Unter alten Reinickendorfer und Berliner Fußballfans ist unser Name aus glorreichen Zeiten noch weit verbreitet und es wird positiv gesprochen, aber im Moment sind wir in Berlin nur eine Mannschaft von vielen. Das Potential, das Umfeld und die Gegebenheiten sind bei den Füchsen rund um den Freiheitsweg definitiv gegeben wieder eine größere Rolle einzunehmen. Nach dem Abstieg in die Landesliga habe ich die Aufgabe als Team Manager übernommen und stand vor dem nichts, denn lediglich zwei Spieler waren geblieben. Wir, Pierre und ich, mussten einem kompletten Umbruch vollziehen und haben das in Zusammenarbeit mit unserem Trainer Guido sehr gut gemeistert. Damals haben wir auch einen Zukunftsplan entwickelt, der vorsah, sich in der Landesliga zu etablieren und im zweiten Jahr in die Berlin-Liga auszusteigen. Dem ersten Teil des Plans waren wir also einen Schritt voraus. Wir wollten außerdem nach drei bis vier Jahren in den oberen Regionen der Berlin-Liga zu finden sein und wenn möglich nach weiteren zwei Jahren auf den Aufstieg in die Oberliga schielen. Es wird also bald Zeit, den nächsten Schritt zu gehen. Durch viele von reichen Sponsoren unterstützend Mannschaften, wie dieses Jahr Blau-Weiß Berlin oder Hellas Nordwest, in den letzten Jahren auch Tasmania Berlin, ist es natürlich schwerer geworden aufzusteigen. Man muss dazu sagen, die Oberliga ist nicht mehr dasselbe wie zu meiner aktiven Zeit. Sie lockt wenige Zuschauer an, verursacht viele Kosten und es sind extrem weite Fahrtwege zu bewältigen. Wir liegen mit unserem Plan voll im „Soll“ und werden die Chance, sollte Sie sich in der Zukunft ergeben, auch nutzen. Wenn man sich den SC Staaken anschaut, die eine überragende Saison gespielt haben und so auch nicht von Teams mit einem höheren Etat aufgehalten werden konnten, sieht man, dass nichts unmöglich ist.

Auch die Jugendabteilung der Füchse hat aus meiner Sicht einen Schritt zurück gemacht. Als ich selber noch in der Jugend aktiv war, besaßen die Jugendmannschaften einen guten Ruf – keiner wollte gerne gegen Sie antreten. Heute haben aus meiner Sicht im Norden vor allem der Nordberliner SC, in der B- und A-Jugend, sowie der Frohnauer SC ordentlich aufgerüstet und Füchse den Rang abgelaufen. Die Füchse sind auch hier nicht mehr das Aushängeschild der vergangen Tage, woran liegt das? Wurden hier in der Vergangenheit die falschen Entscheidungen getroffen?

Fakt ist: wir müssen unsere Jugendarbeit wieder stärken. Aus meiner Sicht ist es enttäuschend, es gibt definitiv Potential, dass wir in Zukunft besser nutzen müssen. Wir werden in dem Bereich einige Investitionen tätigen. Aber generell muss im ganzen Norden etwas geschehen. Die B- Jugend vom Frohnauer SC ist in diesem Jahr aus der Verbandsliga abgestiegen, beim Nordberliner SC spielt sie schon eine Weile in der Landesliga. In der A-Jugend mussten mit unserer Mannschaft, der des Nordberliner SC und die vom VfB Hermsdorf gleich drei Mannschaften aus dem Norden den Gang nach unten antreten. Die Kinder zieht es heute schon in jungen Jahren zu Vereinen wie Hertha BSC, Union Berlin, Hertha 03 Zehlendorf, Tennis Borussia oder Viktoria Berlin. Durch diese Mannschaften, bei denen die Kinder teilweise schon Geld bekommen, sind Sie schon in frühen Jahren versaut, haben teilweise Ihre eigenen Berater und fordern unverhältnismäßig viel Geld obwohl Sie noch nie ein Männerspiel bestritten haben. Die anderen Mannschaften haben es somit auch immer schwerer schlagkräftige Mannschaften zusammen zu bekommen. Wenn die Mannschaft einmal absteigt, ist es auch schwieriger, dem dahinter folgenden Jahrgang einen Verbleib schmackhaft zu machen. So ist es bei uns der Fall, die B-Jugend hat eine überragende Saison gespielt, unsere A-Jugend ist aber leider aus der Verbandsliga abgestiegen. In den kommenden Jahren wollen wir dafür sorgen, dass es im Norden wieder dauerhaft attraktiven Jugendfußball zu sehen gibt. Das würde uns auch langfristig unserem Männerbereich helfen. Gute Jugendspieler könnten den Sprung schaffen, wodurch nicht jeden Sommer neue Spieler von anderen Vereinen verpflichtet werden müssten.

Jetzt haben wir viel über den „Rückgang“ in der Fußballabteilung der Füchse Berlin gesprochen. Dem gegenüber steht der „Aufstieg“ der Handballabteilung mit der überaus erfolgreichen Männermannschaft. Steht der Fußball bei den Füchsen im Schatten der Handballabteilung?

Wer in den letzten Jahren dauerhaft in der Spitzengruppe der Handballbundesliga vertreten ist, sowie einige Pokale gewonnen hat, der ist Deutschlandweit in aller Munde. Außerhalb der Stadtgrenzen ist das eine ganz klare Angelegenheit. In Berlin gestaltet sich die Angelegenheit schon etwas anders. Klar ist, dass die Handballer einen großen Zuschauerandrang haben – den können wir natürlich nicht aufweisen. Aber bei den Fußballern und alteingesessen Berliner haben die Füchse Berlin aus vergangen Zeiten immer noch einen Namen. Nichtsdestotrotz ist der Handball die Nummer Eins im Verein. Im Großen und Ganzen hilft uns das Aushängeschild, es gibt eine gute Zusammenarbeit zwischen beiden Abteilungen. Erst am Samstag (Interview fand am Donnerstag statt)wird es ein Freundschaftsspiel im Rahmen unseres Sommerfests geben. Regelmäßig gibt es für uns auch die Möglichkeit ein Bundesligaspiel in der Max-Schmeling-Halle zu besuchen.

Welche Ziele habt ihr für die kommende Saison?

Nach den vergangen beiden Spielzeiten, in denen wir jeweils bis zum Ende um den Klassenerhalt kämpfen mussten, wünsche ich mir eine Saison, in der der Blick schon zehn Spieltage nicht mehr nach unten gehen muss. Es soll keine erneute Zittersaison werden, ein Platz im Mittelfeld mit Blick nach oben wäre wünschenswert. Im Pokal möchten wir natürlich immer so weit wie möglich kommen, da spielen aber viele Faktoren mit rein, deswegen geben wir dafür kein bestimmtes Ziel aus.

Welche Veränderungen hast du im Vergleich zu deiner aktiven Zeit im Laufe der Zeit festgestellt?

Das Niveau in der Berlin-Liga ist deutlich gesunken. Das hat aber auch mit der Einführung der eingleisigen dritten Liga zu tun. Zu meiner aktiven Zeit war die Oberliga noch die dritthöchste Liga in Deutschland. Mittlerweile versuchen ambitionierte und gute Fußballer in der Oberliga, heutzutage nur noch fünfte Liga, Fuß zu fassen. Darunter leidet auch das Niveau in den tiefergelegenen Ligen. Auch ist mir aufgefallen, dass sich immer mehr Ältere Spieler mit Regionalliga und Oberliga Erfahrung im Besten Fußballalter bei Vereinen zwischen berlin-Liga und Bezirksliga „ausruhen“. Das kann die verschiedensten Gründe haben, der Spieler wird Vater, ist Beruflich mehr eingeschränkt oder hat einfach die Lust verloren jedes Wochenende hunderte von Kilometer zu fahren. Auch die hohen Prämien, die heute von vielen Vereinen für mittelmäßige Spieler gezahlt werden, machen die Spieler satt. Jeder der genannten Gründe führt dazu, dass das Niveau gesunken ist und auch weiter sinken wird.

Besteht denn noch Kontakt zu deinen ehemaligen Vereinen?

Kontakt besteht noch zu einigen Personen, die ich auch öfter nochmal treffe und mit denen ich quatsche. Außerdem gratuliert man sich regelmäßig zu Geburtstagen und ist teilweise auf dem Sportplatz wenn ein Spiel ansteht. Aber das meiste verläuft sich nach der Zeit und es bleiben lediglich Erinnerungen, zum Beispiel an meine schönen Zeiten beim VfB Hermsdorf, als Spieler oder Trainer der A-Jugend.

Das Interview führte Marcel Peters. Fotos von BAF, Reinickendorfer Füchse und Privat.

Aufrufe: 017.7.2017, 11:25 Uhr
Marcel PetersAutor