2024-05-02T16:12:49.858Z

Allgemeines

Fußball-Schiedsrichter – Lust oder Frust?

Vereinen, die ihr Soll an Unparteiischen nicht erfüllen, drohen empfindliche Sanktionen / Situation in MV nach Verbandseinschätzung nicht rosig, aber auch nicht hoffnungslos

Der Fußball zählt in Sachen aktiver Freizeitbeschäftigung nach wie vor zu des Deutschen liebsten Kindern. Damit der Kick auf allen Wettkampfebenen reibungslos über die Bühne gehen kann, bedarf es einer ordnenden Instanz. Anders ausgedrückt: Ohne Schiedsrichter geht nichts.

Um den Spielbetrieb am Laufen zu halten, braucht man Wochenende für Wochenende eine ganze Menge qualifizierter ,,Pfeifenmänner". Die aktuelle Situation in Mecklenburg-Vorpommern beschreibt Torsten Koop, Vorsitzender des Schiedsrichterausschusses im Landesfußballverband (LFV), als ,,nicht rosig, aber wir können damit leben. Wir sind einer der wenigen Verbände in Deutschland, die sogar einen leichten Anstieg der Schiedsrichterzahlen zu verzeichnen haben". Man könne alle Spiele auf Landesebene besetzen, sei ja in der glücklichen Lage, durch die Kreisverbände über eine entsprechende ,,Quelle" zu verfügen. ,,Wenn man das auf Kreisebene und den Nachwuchs herunterbricht, wird's schon ein bisschen schwierig. Da fehlen uns Schiedsrichter, keine Frage", räumt der frühere Bundesliga-Schiedsrichter ein. Da seien seit jeher die Vereine in der Pflicht. ,,Natürlich ist das kein Selbstläufer. Sie müssen sich kümmern, und das wissen sie auch."

Wie viele ausgebildete Unparteiische ein Verein ,,liefern" muss, ist ein offenes Geheimnis. Für jede am Punktspielbetrieb auf Landesebene teilnehmende Herrenmannschaft sind zwei geprüfte, einsatzfähige Schiedsrichter zu stellen. Für die Kreisebene wird je einer gefordert, ebenso, wie für jedes Frauen-, A-Junioren und B-Junioren-Team (unabhängig von der Spielklasse - ausgenommen sind reine Freizeitteams). Da kann also einiges zusammenkommen. Die SG 03 Ludwigslust/Grabow zum Beispiel ist nach diesem Schlüssel mit sechs Unparteiischen dabei. ,,Die Herausforderung ist groß. Nicht zuletzt auf Grund der hohen Fluktuation. Du freust dich, neben deinen zuverlässigen Altgedienten den ein oder anderen Nachwuchsschiedsrichter gefunden zu haben, aber genauso schnell sind sie wieder weg", sagt Björn Kasch, bei der SG 03 als zweiter Hauptvorsitzender für den Bereich Fußball zuständig. Man müsse sich ganz schön drehen und die eigenen Schiedsrichter entsprechend wertschätzen.Sein Verein habe zu diesem Zweck im Fußballvorstand eigens ein Mitglied installiert, das sich exklusiv um diese Aufgabe kümmere.

Beim Liga-Konkurrenten in Eldena ist man in der komfortablen Situation, statt der erforderlichen drei sogar über vier qualifizierte Unparteiische zu verfügen, sodass man in der vergangenen Saison eine ,,Leihgabe" an einen anderen Verein tätigen konnte - Schiedsrichter gewissermaßen als ,,Goldstaub". Torsten Koop hält es für überlegenswert, Vereine zu belohnen, die mehr Schiedsrichter ausbilden beziehungsweise stellen als gefordert.

So gut stehen aber längst nicht alle da. Wer sein Schiedsrichtersoll nicht erfüllt, dem drohen Sanktionen, die im fortgesetzten Fall empfindliche Ausmaße annehmen können. Die einzelnen Stufen sind der Rechts- und Verfahrensordnung des MV-Landesfußballverbandes zu entnehmen. In der laufenden Saison wurden alleine vom LFV bereits 40 Strafen ausgesprochen. Besonders hart getroffen hat es unter anderem SV Dabel und FC Aufbau Sternberg (beide Landesklasse VI), deren ersten Männermannschaften in der Winterpause jeweils sechs Punkte abgezogen wurden - was voraussetzt, dass sie in der Sanktionsleiter schon ganz schön weit nach oben geklettert sind.

,,Sanktionen hat es schon immer gegeben. Nur wurden die Stufen im vergangenen Jahr verändert, sodass es für einige Vereine jetzt richtig zur Sache geht", erklärt Koop. Beim FC Aufbau in Sternberg ist man sich der Situation durchaus bewusst. ,,Wenn wir nicht dauerhaft unser Schiedsrichtersoll erfüllen (zur Zeit muss Aufbau fünf stellen, d.R.), droht der Ersten nächste Saison sogar der Zwangsabstieg", weiß Trainer Rolf Brümmer vom Damoklesschwert, das über seinem Verein schwebt. ,,Wir haben jetzt hoffentlich alles in die richtigen Bahnen gelenkt, um da wieder raus zu kommen. Ich kann zwar den Verband gut verstehen, aber die Schiedsrichter sollten mehr unterstützt und besser gewürdigt werden."

Zum von mehreren Seiten vorgebrachten Ansatz einer höheren Aufwandsentschädigung sagt Torsten Koop: ,,Ich wäre sofort dafür, keine Frage, aber das müssten ja die Vereine leisten."

Regelrecht auf die Palme bringt den früheren Bundesliga-Schiri das Argument der fehlenden Attraktivität: ,,Da kann ich überhaupt nicht mitgehen. Es gibt gerade für junge Menschen so viele positive Aspekte, die es nur entsprechend zu transportieren gilt. Ob das die Persönlichkeitsentwicklung ist - du bist ja auf dem Platz gewissermaßen Lehrer, Polizist und Richter in einer Person -, der Ausbau der Kommunikationsfähigkeit - wie gehe ich mit den ganz unterschiedlichen Spielertypen um -, oder auch die Förderung von Kondition und Gesundheit." Außerdem wäre da noch der freie Eintritt in alle deutschen Fußballstadien, den der Schiedsrichterausweis ermöglicht.

Für Koop ist das allerdings nur ein nicht über zu bewertender Nebenaspekt. Um Vereinen, die in eine Sanktionsstufe gerutscht sind, ein wenig unter die Arme zu greifen, wurde vom Landesfußballverband 2014 als Auflage das Instrument eines so genannten ,,Tag des Schiedsrichters" angeschoben. Das ist gewissermaßen eine Werbemaßnahme, die von einem oder auch mehrern Vereinen gemeinsam zu organisieren ist. ,,Mit ganz wenigen Ausnahmen ist das von den betroffenen Vereinen so gut angenommen worden, dass dabei tatsächlich sofort ein bisschen was rumgekommen ist. Da tut sich was."

Auch im Kreisfußballverband (KFV) Westmecklenburg versucht man, aktiv mit der Situation umzugehen. ,,Wir führen alljährlich zwei Anwärterlehrgänge durch. Leider nutzen nicht alle Vereine diese Möglichkeit, ihr Schiedsrichtersoll einzuhalten", erklärt Harald Höhnke. Der Schiedsrichter-Obmann zeigte sich auf einer Weiterbildungsveranstaltung in Redefin enttäuscht, dass nicht alle acht Vereine aus dem KFV-Bereich, gegen die aktuell Sanktionen ausgesprochen worden sind, beim jüngsten Anfängerkurs im Februar vertreten waren. Neben Geldstrafen drohen vier Vereinen zum Saisonende Punktabzüge - in zwei Fällen sind das drei, in den beiden anderen sogar sechs Zähler.

Allgemein war man mit der Resonanz auf die jüngste Maßnahme allerdings sehr zufrieden. An drei Wochenenden wurden in Eldena, Parchim und Sternberg 20 neue Referees ausgebildet - ,,so viele wie schon lange nicht mehr".

Schwieriger als die Gewinnung sei aber deren Erhaltung. Deshalb führte der Schiedsrichterausschuss in der Hinrunde 22 Beobachtungen und 31 Mentoring-Einsätze (Beobachtungen von Anfängern) durch. In der zweiten Saisonhälfte ist ein weiterer Lehrgang für förderfähige (Jung-) Schiedsrichter geplant. Zudem soll am 14. und 15. April die Reihe der Lehrabende fortgesetzt werden. Dann treffen sich die 130 KFV-Schiedsrichter wieder in kleineren Runden, um gemeinsam verschiedene Sachverhalte aus dem Regelwerk zu erörtern.

Aufrufe: 029.3.2016, 17:51 Uhr
Thomas Willmann/;Thomas ZenkerAutor