2024-05-02T16:12:49.858Z

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Knut Kircher (rechts) ehrt Andreas Etzel (Spvgg Satteldorf) als „Vereinshelden – Aktion junges Ehrenamt“. Foro: Ralf Mangold
Knut Kircher (rechts) ehrt Andreas Etzel (Spvgg Satteldorf) als „Vereinshelden – Aktion junges Ehrenamt“. Foro: Ralf Mangold
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Früherer Fifa-Schiedsrichter Knut Kircher im Interview

„Mutig und eine tolle Lebensschule“

Fußball: Der frühere Fifa-Schiedsrichter Knut Kircher hat im Fußballbezirk Hohenlohe die Ehrenamtspreise übergeben. Im Interview spricht er über Regeländerungen, die Altersgrenze und Beleidigungen.

Auf eine beeindruckende Karriere kann Knut Kircher zurückblicken. Im Mai 2016 musste der ehemalige Fifa-Schiedsrichter seine aktive Laufbahn beenden, weil er die Altersgrenze erreicht hatte. Inzwischen ist er Landesehrenamtsbeauftragter und war am Freitag als Stargast bei der Übergabe des Vereinsehrenamtspreises im Bezirk Hohenlohe an den TSV Dünsbach.

Was sind die Aufgaben eines Landesehrenamtsbeauftragten beim WFV?

Knut Kircher: Ich habe schon immer in vielen Welten parallel gelebt mit Schiedsrichter, Familie und Beruf. Aber ehrenamtliches Engagement war für mich von Anfang an ein wichtiger Bestandteil meines Lebens, der sich wie ein roter Faden durchgezogen hat. Ich bin mit dem Ehrenamt groß geworden und habe da als Kind von meinen Eltern viel mitgenommen. Momentan bin ich ehrenamtlich tätig als Elternbeirat an der Schule. Wir können als Verband nur so glänzen, weil wir viele gute Leute in den Vereinen haben, die sich ehrenamtlich einbringen und dort sehr viel bewegen. Mir ist es ganz wichtig, Danke zu sagen und den Ehrenamtlichen zumindest einmal das Rampenlicht zu geben, das sie verdienen. Es geht aber eigentlich gar nicht so um den Abend selbst, sondern ich will damit zeigen, dass dieses freiwillige soziale Engagement nicht selbstverständlich ist, sondern etwas ganz Besonderes.

Sind Sie auf allen Ehrungsabenden in den 16 Fußballbezirken des WFV?

Das ist mein Ziel, das irgendwann mal zu schaffen. Das wäre wie ein persönlicher Grand Slam für mich (lächelt). Aber in diesem Jahr hat es noch nicht geklappt, da einige Veranstaltungen parallel durchgeführt wurden. Bei neun Ehrungsabenden war ich zumindest dabei.

Sie haben die Altersgrenze als DFB-Schiedsrichter erreicht und mussten deshalb aufhören. Halten Sie diese Regelung für sinnvoll?

Ich hätte vielleicht noch ein paar Jahre pfeifen können, und sicherlich könnte man darüber diskutieren, ob man die Altersgrenze nicht ein paar Jahre nach hinten schiebt. Aber grundsätzlich bin ich nach 15 Jahren auf höchstem Level auch ganz froh, dass jetzt Schluss ist. Inzwischen ist eine neue Generation an Spielern auf dem Platz, und so wird es irgendwann auch Zeit, dass junge Schiedsrichter nachrücken. Der Abschied an sich ist mir eigentlich gar nicht schwergefallen. Da er ja schon lange absehbar war, konnte ich mich gut darauf vorbereiten.

Pfeifen Sie jetzt überhaupt nicht mehr?

Ab und an pfeife ich noch Spiele in unteren Ligen, aber das habe ich früher auch schon nebenher gemacht. Das ist für mich aber gar nicht so einfach, da es ja da dort keine Assistenten gibt. Als Schiedsrichterbeobachter in der zweiten und dritten Liga gebe ich meine Erfahrung weiter. Ich habe auch nicht mehr das Gefühl, dass ich da jetzt selbst unten stehen und pfeifen müsste. Ich denke, ich habe den Abgang ideal geschafft.

Jetzt können Sie es ja verraten: Haben Sie einen Lieblingsverein?

Nein, ansonsten könnte ich ja nicht neutral bleiben!

Können Sie eigentlich ein Fußballspiel im TV genießen oder schauen Sie mehr, was der Referee macht?

Ich betrachte das Spiel immer aus verschiedenen Perspektiven. Zum einen ist das Fußballspiel an sich und dann schaue ich natürlich genau hin, was der Schiedsrichter macht. Ich kann mich dabei auch herrlich über Kollegen aufregen, aber natürlich versuche ich immer etwas abzuschauen. Wie löst der Kollege die Situation? Wie reagieren die Spieler?

Was halten sie von Videobeweis und Profi-Schiedsrichtern?

Der Videobeweis wird sicherlich kommen, und das ist auch gut. Bei spielentscheidenden Situationen wie beispielsweise dem Phantomtor von Stefan Kießling ist er eine wichtige Hilfe. Trotzdem wird es weiterhin strittige Situationen geben. Der Vollzeit-Schiri ist sicherlich ebenfalls sinnvoll, da kann der Referee den Fokus noch mehr auf seine Tätigkeit legen. Zudem ist es zeitlich wirklich nicht einfach, wenn man international pfeift. Dazu kommen noch die ganzen Lehrgänge, da muss man erst einmal einen Arbeitgeber finden, der das ermöglicht.

In Onolzheim war vorgestern ein Infoabend für einen Neulingskurs. Was würden Sie einem Interessierten sagen, aus welchem Grund er Schiedsrichter werden soll?

Schiedsrichter zu werden ist eine mutige Entscheidung und eine tolle Lebensschule. Das machen oftmals Menschen, die wissen was sie tun, einen Lebensplan haben. Als Referee kann man viel mitnehmen, auch für das Berufsleben, zum Beispiel bei Konfliktbewältigung oder Menschenführung. Zu hohe Ziele sollte man sich am Anfang gar nicht setzen. Vielmehr ist es ein ewiger Prozess der Entwicklung. Ein neues Hobby, das einfach Spaß macht, bei dem man viele neue Menschen kennenlernt – und wer gut pfeift, der kann auch aufsteigen.

Es gibt aber sicherlich auch eine nicht so schöne Seite der Schiedsrichtertätigkeit wie Beleidigungen. Wie geht man damit um?

Ganz wichtig ist, dass man sich bewusst macht, die Beleidigungen gehen gegen das Amt und nicht gegen die Person. Es geht nur über das Miteinander. Alle Beteiligten haben ein Interesse, dass die Spiele von geprüften Schiedsrichtern geleitet werden.

Aufrufe: 015.2.2017, 09:58 Uhr
HOT / Ralf MangoldAutor