2024-05-10T08:19:16.237Z

Ligabericht
Trainer Johann Schöberl wird es beim Zuschauen manchmal ganz anders.  Foto: Archiv
Trainer Johann Schöberl wird es beim Zuschauen manchmal ganz anders. Foto: Archiv

Frühe Fouls: (K)ein Freispiel für Kicker

Bad Göggings Trainer fordert striktere Ahndung von Beginn an, um Spieler zu schützen +++ Kollegen reagieren unterschiedlich.

Mindestens in jeder zweiten Fußball-Übertragung fällt dieser Satz: „Der Spieler wandelt an der Grenze zur gelben Karte, viel darf er sich nicht mehr leisten.“ Nach dieser Lesart darf ein Fußballer ein paar Vergehen sammeln, bis er den Karton sieht. Johann Schöberl, Trainer des TSV Bad Gögging, vertritt nach seinen Erfahrungen in der Herbstrunde einen anderen Standpunkt: „Ein Foul ist ein Foul, egal ob in der 3. oder 89. Minute. Gerade schwere Fouls müssen unterbunden werden.“

Auf Anfrage unserer Zeitung äußerten sich einige Trainerkollegen aus der Kreisklasse Kelheim – mit teils bemerkenswerten Aussagen.

„Manchmal mache ich beide Augen zu, wenn ich sehe, was da kommt.“ Johann Schöberl

Schöberl will keine Schiedsrichter-Debatte entfachen. „Die haben es schwer genug auf dem Platz. Eine Partei beschwert sich immer.“ Allerdings, so der erfahrene Coach, „dummes und absichtliches Foulspiel muss auf unseren Plätzen unterbunden werden und das darf nicht von der Spielminute abhängig sein.“ Für den Gögginger Betreuer steht „die Gesundheit der Freizeitsportler“ im Vordergrund. „Manchmal stehe ich draußen und mache beide Augen zu, wenn ich die Attacke kommen sehe. Ein Reingrätschen unter der Akzeptanz, dass sich der Gegenspieler dabei schwer verletzen kann, gehört sofort mit einer gelben Karte bestraft, auch in der Anfangsphase. Nur so kann man Treter etwas zügeln.“ Auch taktische Fouls wie Trikotziehen oder Festhalten, die den Spielfluss unterbinden, sind nach Schöberls Auffassung keine Kavaliersdelikte.


Asche auf das eigene Haupt

Stefan Galli, Spielertrainer beim SV Lengfeld, pflichtet seinem Kollegen bei: „Es braucht keine Schonfrist, harte Fouls müssen sofort und entsprechend geahndet werden. Die Gesundheit der Spieler steht an oberster Stelle.“ Galli ist dabei durchaus selbstkritisch. „In der Fair-Play-Tabelle sind wir leider nicht gerade Anwärter auf die Meisterschaft.“ Der frühere Landesliga-Kicker bringt einen weiteren Aspekt ein. „Für meine Begriffe werden emotionale Dialoge zu oft mit Gelb bestraft. Verbale Ausrutscher passieren im Eifer des Gefechts. Wohingegen bei härteren Fouls manchmal nicht entsprechend durchgegriffen wird.“

„In der Fair-Play-Tabelle sind wir nicht Anwärter auf die Meisterschaft.“ Stefan Galli

Ralf Graßl, Abteilungsleiter des SV Ihrlerstein, hält die Debatte für überflüssig. „Ich kann diese Sichtweisen nicht teilen, bis auf wenige Ausnahmen halte ich vor allem die erbrachten Schiedsrichterleistungen für in Ordnung.“ Der Brandler Konkurrent im Titelkampf, der SC Kirchdorf, sieht es nach den Worten von Abteilungsleiter Markus Hagl ähnlich. „Es kann schon mal vorkommen, dass es eher eine gelbe Karte braucht. Aber die meisten Schiedsrichter haben das richtige Fingerspitzengefühl. Jedes Team hat immer die Vereinsbrille auf.“ Hagl berichtet am Rande von einer ungewöhnlichen Nachricht nach dem Schlager Ihrlerstein gegen Kirchdorf. „Der Schiedsrichter hat sich per E-Mail für die faire Spielweise bedankt. Er wurde auch von allen Seiten gelobt und das vollkommen zu recht.“



Verletzung bringt Job in Gefahr

Der frühere Schiedsrichter Dennis Diermeier, Vorsitzender des SV Kelheimwinzer, weiß um die „gesundheitsgefährdenden Fouls, die leider zunehmen. Die muss man unabhängig von der Spielminute bewerten.“ Wie Schöberl steht für ihn die Gesundheit an vorderster Stelle. „Jeder Spieler muss am nächsten Morgen aufstehen und seiner Arbeit nachgehen – womit er sein Geld verdient. Wir, der SV Kelheimwinzer, müssen uns selbst an die Nase fassen. Wir werden die Spieler in der Winterpause zu diesem Thema sensibilisieren. Ich kann nur anderen Vereinen auch raten: Sprecht mit euren Kickern.“

„Taktische Fouls wie Trikotzupfer müssen mehr Karten nach sich ziehen.“ Manuel Heinrich

Diermeier betrachtet das Verletzungsrisiko auch aus Sicht eines Arbeitgebers. „Ich führe 20 Mitarbeiter, in einem größeren Unternehmen kann man einen Ausfall kompensieren. Aber eine kleine Firma ist davon abhängig, dass der Mitarbeiter auf der Matte steht. Wenn sich ein Fußballer öfter krank meldet, weil er am Sonntag umgehauen wurde, ist sein Arbeitsplatz in Gefahr.“ Umgekehrt heiße das, man könne seinem Sport nicht mehr nachgehen, weil der Job auf dem Spiel stehe.

Der Coach der zweiten Abensberger Mannschaft, Manuel Heinrich, stimmt mit Schöberl und Co. überein. „Natürlich müssen harte Fouls mit einer Karte geahndet werden, egal ob in der 5. oder 85. Minute.“ Dass tendenziell bei frühen Vergehen eher ein Auge zugedrückt wird, sei durchaus zu beobachten. „Aber das ist im Profibereich nicht anders und kein Phänomen der unteren Klassen.“ Allerdings hat Heinrich nicht das Gefühl, dass dieses „Karten-Sparen“ zu extrem wäre. „Wohl aber müssten die taktischen Fouls öfters Karten nach sich ziehen.“



Sperren an Ausfalldauer anpassen

Robert Lanzinger, Coach vom TSV Herrngiersdorf, verweist auf eine Möglichkeit, wie man die groben Vergehen eindämmen könnte: „Ich bin dafür, die Dauer der Sperren, auch bei nur Gelb, an die Dauer der Ausfallzeit eines verletzen Spielers anzupassen.“ Lanzinger ist ein gebranntes Kind. „Bei uns fehlen zwei Spieler mit Mittelfußbruch bzw. Kreuzbandriss. Vorausgegangen waren Fouls.“ Für Rudi Gaillinger, Vorsitzender im SC Thaldorf, sind keine Auffälligkeiten erkennbar, „dass frühe Fouls weniger geahndet werden. Schiedsrichter haben es nicht einfach und ohne deren Arbeit könnten wir unser Hobby gar nicht ausüben.“

Aufrufe: 025.11.2016, 07:00 Uhr
Von Martin RutrechtAutor