2024-04-24T13:20:38.835Z

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Zum Titel geflogen: Die erfolgreichen MBS-Kicker um Marilyn Morello und Kevin Meier.	Foto: Weis
Zum Titel geflogen: Die erfolgreichen MBS-Kicker um Marilyn Morello und Kevin Meier. Foto: Weis

Freudenfest vor Traum-Atmosphäre

FUSSBALL-ID: +++ Förderschul-Cup in Heuchelheim bietet besonderes Flair +++

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Heuchelheim. Die Stimmung ist schlichtweg bombastisch - das hört man schon lange vor Betreten der Sporthalle in Heuchelheim. Trompetentöne, dazu dumpfe, tiefe Trommellaute und schrilles, an den brasilianischen Karneval erinnerndes Pfeifen, unterbrochen vom rhythmischen Schellenklappern von Tamburinen. Nicht zu vergessen all die Schlachtrufe und natürlich der überschwängliche Torjubel, der weit lauter ausfällt als bei hochkarätig besetzten Hallenfußballturnieren in der Region. Was ist denn hier los?!

Es ist für den Laien bestimmt sehr überraschend, wie herausragend gut die Atmosphäre beim Förderschul-Fußballcup ist. Das Turnier stellt die Qualifikationsrunde für intellektuell beeinträchtigte Schüler im Alter von zwölf bis 19 Jahren für die entsprechende Hessenmeisterschaft. Aber der leistungs- wie zielorientierte Ehrgeiz ist für die meisten Beteiligten und ihre zahlreichen Betreuer zweitrangig. ,,Klar haben wir grundsätzlich immer Bock, zu gewinnen. Aber das ist immer noch Schulsport", erläutert etwa Stephan Wasserfuhr. Der stets teamnahe und hoch engagierte Pädagoge trainiert die an diesem Tag favorisierte Mannschaft des Veranstalters von der Gießener Martin-Buber-Schule. ,,Fußball ist ein super Medium, um Fairplay und gutes Sozialverhalten zu schulen", berichtet Wasserfuhr, warum ihn die Unterstützung des Gießener Fußball-ID-Nachwuchses besonders stark erfüllt.

Wer dem flotten Treiben eine Weile zusieht, kann Wasserfuhrs Ausführungen sehr gut nachvollziehen: Die Jungen und Mädchen geben jeweils zehn Minuten lang sichtlich alles, gehen aber gleichzeitig ungemein respektvoll und aufmerksam miteinander um. Die Schiedsrichter? Kaum gefragt. Sobald jemand hinfällt und vom Ball schmerzhaft getroffen wird, bildet sich eine mitfühlende Spielertraube um den Unglücksraben. ,,Es ist wirklich bewegend und schön, heute zuzusehen. Die Spieler begrüßen sich allesamt, klatschen sich ab und trösten sich nach unbeabsichtigten Fouls", sagt Manuela Schlipf, die gemeinsam mit Christian Diebel die Turnierleitung durchführt. Die beiden Organisatoren vom Hobbyteam der Gießen Skyliners sind keine Unbekannten, wenn es um Fußballturniere in der Region geht. Erst letzten Sommer führten sie das erste Tourette-Turnier in Wetzlar durch. Auch die reibungslose Organisation verschiedener Sport-Events mit jugendlichen Flüchtlingen kann sich Diebel auf seine Fahnen schreiben lassen. Heute blickt er wiederum zufrieden drein: ,,Wir haben gleich zugesagt, kannten einige Beteiligte ja schon vom Tourette-Camp", so Diebel, ,,die Stimmung ist super und wir sind vom Programmablauf her sogar ein bisschen der Planung voraus."

Die Cheerleader der veranstaltenden Schule bieten den Teams nach der Hälfte der Vorrunde die Möglichkeit, tief durchzuatmen. Dann geht es in die K.o.-Phase. Dass die Unterstützung von den mit Doppelhaltern und Transparenten teils verdeckten Rängen derart laut ausfällt, ist typisch für Fußball-ID in Mittelhessen. Die in der Hessenliga aktiven Teams aus Büblingshausen und Klein-Linden freuen sich seit Monaten über die Hilfsbereitschaft innerhalb ihrer Abteilung - aber vor allem auch über das große und herzliche Interesse von außerhalb. TSV-Abteilungsleiter Gerhard Kerzmann ist in seiner Mittagspause eigens nach Heuchelheim gedüst, um die MBS-Kicker zu unterstützen - und hat schon ein Auge auf den ein oder anderen Nachwuchskicker geworfen. Das kann er deshalb getrost tun, weil viele IDler des TSV über Stephan Wasserfuhr und seine Kollegen der Buber-Schule in den Verein gekommen sind. Eine Kooperation, von der alle profitieren.

Einige Minuten später krönt sich das MBS-Team nach erfolgreichem Sieben-Meter-Schießen gegen die Friedrich-Fröbel-Schule Wetzlar zum Sieger des positiv emotionalen Turniers und nimmt Preise von zwei U 20-Handballern der HSG Wetzlar in Empfang. Medaillen gibt es für jeden Teilnehmer. ,,Natürlich ist unser starkes Abschneiden wie heute auch darauf zurückzuführen, dass einige unserer Spieler und Spielerinnen zusätzlich in Klein-Linden trainieren. Aber wie gesagt: Die Schüler sollen hier Spaß haben, das steht im Vordergrund", sagt Wasserfuhr. Kurz zuvor hatte Spannung im Wechsel mit ausgelassenem Jubel wie vor dem WM-Elfmeterschießen zwischen Deutschland und Argentinien 2006 geherrscht, ehe das Gewinnerteam jubelnd durch die Halle sprang. Es ging um Platz sieben. Noch Fragen?



Aufrufe: 031.3.2016, 08:00 Uhr
Dennis Bellof (Gießener Anzeiger)Autor