2024-05-02T16:12:49.858Z

FuPa Portrait
Die Fotocollage der Karriere-Highlights von Florian Stegmann. F: privat
Die Fotocollage der Karriere-Highlights von Florian Stegmann. F: privat

Florian Stegmann - seine große Bayern-Story

Ein Fußball-Märchen mit Schweinsteiger und Lahm und ungewöhnlichem Happy-End

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Es ist die Story eines hoffnungsvollen Nachwuchskickers, der zu den Giganten-Jahrgängen 83/84 gehörte und mit den heutigen Stars des deutsches Fußballs groß wurde. Florian Stegmann spielte bis zu den Amateuren beim FC Bayern München - und wurde mit Schweinsteiger, Lahm und Co. zweimal Deutscher Junioren-Meister. Der "Bua", der mit so vielen Stars trainierte, spielte und sich am Ende doch gegen den Weg des Profis entschied. Warum? Weil er schlicht und einfach sein Leben leben wollte.

Als Bastian Schweinsteiger im Elfmeterschießen des Champions League-Finals am 19. Mai 2012 den entscheidenden Elfmeter verschossen hatte und Didier Drogba die Bayern beim "Finale dahoam" aus allen Träumen riss, flossen auch bei Florian Stegmann die Tränen. Niedergeschlagen, fassungslos saß er da. Ausgerechnet "Schweini", Stegmanns alter Jugendfreund. Gemeinsam wurden sie bei den "Roten" groß, feierten Junioren-Titel, durchlebten Nackenschläge. Und jetzt sowas. Erst vor wenigen Jahren trennten sich die Wege von Schweinsteiger und Stegmann. Der eine ging den steilen Weg ganz nach oben und avancierte zum Topstar - verschossener Elfmeter hin oder her. Der andere spielt heute gelegentlich in einer Freizeitmannschaft, arbeitet als Sport- und Fitnesskaufmann und hat sich - so komisch das klingen mag - auch seinen Lebenstraum erfüllt. Schon als ihm noch alle Türen offen standen, hatte er sie insgeheim längst geschlossen.

Schweinis und Stegmanns gemeinsames Einbrecher-Erlebnis.

Florian Stegmanns eigenes Bayern-Märchen beginnt im Juli 1996. Der Youngster durchlief zahlreiche FCB-Juniorenteams - der Weg in den Profifußball bleibt dennoch versperrt. Im Sommer 2004 endet der Kontrakt beim FC Bayern, ein Engagement beim damaligen Zweitliga-Absteiger Jahn Regensburg lehnt der damals 20-Jährige im Garten seines Onkels per Telefon ab. Seine alten Freunde hingegen werden schon damals zu gefeierten Stars. Schweinsteiger reist im Sommer 2004 mit zur Europameisterschaft nach Portugal, Lahm sorgt in Stuttgart für Furore und wird bei den Schwaben zum Stammspieler. "Ich weiß gar nicht wie oft der Philipp in der Jugend bei mir oder ich bei ihm übernachtet hab. Er kommt ja aus Gern und wohnte nicht weit von mir entfernt", erinnert sich Stegmann an die gemeinsame Zeit zurück. Auch ins Training fuhren sie meist gemeinsam. Als Schweinsteiger 1998 vom TSV 1860 Rosenheim zu den Bayern kam, war Stegmann eine wichtige Stütze für den gebürtigen Oberaudorfer. "Unsere Eltern kannten sich. So kam es öfters vor, dass Basti vor Spielen bei mir übernachtete". Für alle entsteht eine tolle Zeit. Ein Streich seines Bruders bleibt ihm besonders in Erinnerung. "Mein Bruder warf an einem Abend mal Steine ans Fenster meines Kinderzimmers. Ein paar Minuten später klopfte es auch noch laut an der Wohnungstür. Basti rannte in die Küche und versteckte sich hinter der Tür. Wir wollten den Einbrecher überwältigen, spielten schon mögliche Szenarien durch, bis wir merkten, dass es mein Bruder war."

Hört man ihn über diese Zeit reden, man fühlt sich für einen Moment selbst wie im Traum. "Persönlich beschäftige ich mich mit dieser Zeit nur noch, wenn ich darauf angesprochen werde. Aber wenn ich an diese Geschichten so zurückdenke, ist es schon Wahnsinn, welchen Weg die beiden gegangen sind". Deutscher Meister mit der U17 und U19, Regionalliga Meister mit den Amateuren. Bastian Schweinsteiger (84), Philipp Lahm (83), Christian Lell (84), Michael Rensing (84) und Piotr Trochowksi (84) - zusammen mit ihnen erlebt Stegmann seine große Bayern-Story. Wegen seiner großen "Weißbier-Liebe" taufen ihn seine Teamkameraden nach dem Halbfinalrückspiel um die A- Junioren-Meisterschaft gegen den BVB auf den Namen "Weißbierstegi". Auch sein späterer Amateurtrainer Hermann Gerland bekommt davon mit. "In der Sommervorbereitung hatten wir ein Testspiel und ich lief mich warm. Plötzlich schrie Gerland diesen Namen über den gesamten Platz. Nach dem Spiel kam Thorsten Fink zu mir, der damals auch bei uns spielte und fragte mich, ob er das richtig verstanden habe". Stegmann nickte nur und Fink sagte, dass er schon viele Sachen im Fußball erlebt habe. Dass ein Trainer seinen Spieler aber "Weißbier" nennt, war auch für ihn neu.

"Als Robert Kovac in der Busküche noch eine Zigarette rauchte."

Ob auch der damalige Coach der Profis, Ottmar Hitzfeld, von diesem unkonventionellen Spitznamen Wind bekam, weiß Stegmann nicht. Jedenfalls absolvierte er unter ihm das eine oder andere Retter-Spiel gegen finanziell klamme Vereine. "Viermal war ich bei den Profis dabei. Dresden war schon mein Highlight. Ich erfuhr erst am Vormittag, dass ich mit dorthin fliege. Dort ging es per Polizei-Eskorte direkt zum Stadion. Sehr amüsant war, dass Robert Kovac in der kleinen Busküche noch eine Zigarette rauchte. Das wäre heute unvorstellbar." Zusammen mit Giovane Elber, Michael Ballack, Alex Zickler und Co. kommt der trickreiche, flinke "Stegi" zum Einsatz. Vor über 30.000 Zuschauern spielt er die zweiten 45 Minuten im alten Rudolf Harbig-Stadion. Doch für einen Profivertrag beim FC Bayern reicht es dennoch nicht. Wahrscheinlich auch, weil Stegmann nicht mehr ins Anforderungsprofil von Coach Hermann Gerland passte. Nur ein einziger Einsatz bleibt ihm in seiner letzten Saison bei den Amateuren 2003/04 vergönnt. "Ich hatte den Eindruck, dass mich Trainer Gerland als Mensch einfach nicht mochte", sagt Stegmann heute trocken.

Dabei war Stegmann unter Stefan Beckenbauer, Kurt Niedermeier und Herrmann Hummels Jahr für Jahr Stammspieler bei den Junioren. Der Knackpunkt, seine lockere Einstellung zum Fußball - im Herrenbereich - räumt er im Nachhinein aber unumwunden ein. "Bei den Junioren war das anders. Aber bei Gerland wusste ich, dass ich nicht spiele. Da kam eines zum andern", erklärt Stegmann. Die große Frage was nach den Bayern kommt, stellte er sich nie. "München ist mein Zuhause. Deswegen habe ich mich auch nach der Bayern-Zeit nie mit irgendwelchen Wechselmöglichkeiten im Profifußball beschäftigt." Bereut hat er diese Einstellung im Nachhinein keinesfalls. "Als Sport und Fitnesskaufmann habe ich ein sehr erfülltes Leben und gute Freunde. Und ich komme viel rum in der Welt". Am Ende trieb ihn die Sehnsucht, das Leben nach seinem Muster zu leben, seine Liebe zum FC Bayern, zu München und der Vorsatz, sich nicht verbiegen zu lassen. Seine Jugendtage hat Florian Stegmann mittlerweile hinter sich gelassen und seine Zeit als angehender Fußballprofi. Warum? Weil er schlicht und einfach sein Leben leben wollte.

Aufrufe: 012.2.2013, 12:32 Uhr
Nils NeumannAutor