2024-05-02T16:12:49.858Z

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Dank des vom Gouverneur kurzfristig ausgerufenen Feiertags kamen Reporter Béla Réthy und Martin Schneider ohne Verkehrschaos entspannt zum Eröffnungsspiel. Foto: Wuppertaler Rundschau
Dank des vom Gouverneur kurzfristig ausgerufenen Feiertags kamen Reporter Béla Réthy und Martin Schneider ohne Verkehrschaos entspannt zum Eröffnungsspiel. Foto: Wuppertaler Rundschau

Feiertag und Feuerwerk

Martin Schneiders WM-Tagebuch - Folge 2

Der Wuppertaler Martin Schneider ist bei der Fußball-Weltmeisterschaft 2014 in Brasilien für das ZDF an der Seite von Live-Reporter Béla Réthy im Einsatz. In der Rundschau schildert er seine persönlichen WM-Eindrücke.

Ich komme gerade ins Hotel nach einem Absacker und dem ersten Spiel dieser WM, das mein Kollege Bela Rethy ja fürs ZDF übertragen hat und ich ihm dabei ins Ohr souffliert habe. Nee, ich will jetzt gar nicht von den nächsten Transportproblemen berichten, die uns nach dem Kick auf der Fahrt mit Joan erwischt haben. Von den vielen Kilometern in die komplett falsche Richtung, von Abbiegungen direkt in berüchtigte Favellas von Sao Paulo, vor denen uns so gerade noch die Polizei retten konnte, dem ständigen Rückwärtsfahren, weil wieder mal eine Straße im Nirvana endet. Alles mit einer Höchstgeschwindigkeit von 35 km/h …

Zu seiner Ehrenrettung sei gesagt, dass Joan gar nicht auch nur annähernd aus Sao Paulo stammt, sondern von einem benachbarten Bundesstaat eingeflogen wurde. Wer kennt sich von uns schon blind in Paris aus?

Der Tag hatte trotz des bevorstehenden „Ballereignisses“ für mich schon zuvor etwas unrund begonnen. Denn geweckt wurde ich nicht durch mein Smartphone zur avisierten, sozialverträglichen Zeit um 8:30 Uhr, sondern eine halbe Stunde früher mit einem Donnerhall. Mein erster Gedanke bei dem Urknall war: Das Unwetter aus NRW hat sich nun auch hier ausgetobt. Aber als ich die Vorhänge lüftete, zeigte sich mir ein wolkenloser und blauer Himmel über Sao Paulo. Dann der nächste Böllerschuss gefolgt von einer Rakete. Offenbar frönen Brasilianer schon morgens um acht ihrem dritten Hobby nach Fußball und Musik, der Silvesterknallerei! Happy new year Mitte Juni, die spinnen die Brasis!

Einmal aufgeschreckt, bin ich runter auf die Straße zum morgendlichen Wachjoggen. Mir fiel sofort auf, dass ich an Kreuzungen (und davon gibt es viele) heute ausnahmsweise nicht sechsmal nach links und achtmal nach rechts gucken musste, um nicht überfahren zu werden. Es herrschte außer den gelegentlichen Feuerwerkseinlagen eine fast nicht auszuhaltende Stille in dieser lärmenden Stadt.
Zurück im Hotel erklärte mir die Rezeptionistin, dass der Gouverneur von Sao Paulo kurzerhand einen Feiertag ausgerufen hatte, um das Eröffnungsspiel und die Anreise dorthin nicht in einem völligen Chaos enden zu lassen. Eine weise Entscheidung, die uns komplikationsfrei ins Stadion brachte.

Aber natürlich sind auch Stadionerlebnisse in Brasilien etwas Besonderes, oder muss man nicht besser sagen, Stadionerlebnisse, wenn die FIFA das Sagen hat?! Die Taschenkontrolle eines Vielfraßes wie mir konnte natürlich nicht störungsfrei ablaufen. Ich hatte den Rucksack schon fast geschultert, als mir eine ganz liebe Freiwillige zu verstehen gab, dass die Banane, die ich mitgebracht hatte, draußen bleiben müsse. Nachfragen waren mehr als überflüssig, wie ich feststellte. Also musste die Banane - ob der diversen anderen Utensilien im Rucksack ohnehin schon etwas angebräunt - in die Tonne wandern.

Béla hatte diesen Vorgang rauchend und aus der Ferne beobachtet und fragte mich, wie ich denn bei diesem Unsinn so ruhig bleiben könne. „Warte“, war meine Antwort – und als wir aus dem Sichtfeld der Kontrollen waren, zog ich die zweite Banane aus der Tasche. Kurzes Gelächter darüber, wie man die FIFA und ihren Zwang, Coca-Cola-Produkte im Stadion zu kaufen, umgehen kann ...

Wuppertaler Rundschau Sport

Aufrufe: 015.6.2014, 19:20 Uhr
Wuppertaler RundschauAutor