2024-05-10T08:19:16.237Z

Allgemeines

FC Bosporus: Yilmaz liefert ein Vorbild

Kommentar von Christian Kurth

Der Trainer des FC Bosporus hat einen gegnerischen Spieler geschlagen – weil dieser seine Mutter beleidigt hatte. Doch der Grund ist im Grunde gleich, denn Gewalt wird durch nichts gerechtfertigt. Durchaus überraschend im Fall "Bosporus" ist indes die Reaktion der Klub-Verantwortlichen, die den Verbands- und Zivil-Instanzen zuvorgekommen sind und Cemalettin Demir tags darauf aus seinem Amt entließen.

Viel zu oft versuchen Klubs bei Fehltaten ihrer Mitglieder die Fakten zu vertuschen, sie schön zu reden oder gar die Schuld beim Gegner zu suchen. Nicht so Baris Yilmaz. Der Bosporus-Präsident hat klar Stellung bezogen, Verantwortung übernommen und kompromisslos Konsequenzen gezogen. Das ist richtig und zeugt von Charakterstärke. Er liefert darüber hinaus ein dringend benötigtes Vorbild. Denn Selbstreflektion geht in der Emotionalität des Amateurfußballs in aller Regel unter. Dann werden selbst übelste Entgleisungen schlicht ignoriert.

Nicht nur das. Sie werden auch schnell vergessen. Wenn beispielsweise ein talentierter Spieler nach einer Gewalttat erst vom Verband gesperrt werden muss, um vom Fußballplatz zu verschwinden, dauert es meist wenige Tage nach Ablauf der Sperre, bis sich mehrere Vereine um seine Dienste reißen. Der neue Klub heuchelt derweil weiter die heile Welt, und erzählt allen anderen: "In unserem Verein dulden wir keine Gewalt, wir geben ihm nur eine Chance." Ja, die hat auch jeder verdient, aber bitte nicht blauäugig und ohne Differenzierung. Wenn der Spieler erneut durchdreht, heißt es dann: "Bei uns ist noch nie etwas passiert. Das haben wir nicht kommen sehen." Frei nach dem Motto, ich mach mir die Welt, wie sie mir gefällt.

Nein, es gilt stets, die Verantwortung für seine Spieler, Trainer und alle anderen Beteiligten zu übernehmen. Es gilt, sich nicht wegzuducken, sondern zu handeln und deutliche Signale zu senden. So, wie es Yilmaz nun getan hat. Daran dürfen sich all die Klubs ein Beispiel nehmen, die in der Vergangenheit versucht haben, nach eindeutigen Entgleisungen ihrer Kollegen andere Schuldige zu finden – den Gegner, die Medien oder - wenn nichts mehr geht - die Schiedsrichter.

Übrigens: Auch ein Verein aus dem Kreis Grevenbroich-Neuss hat in dieser Saison Rückgrat bewiesen und einen Spieler vereinsintern für die gesamte Spielzeit aus dem Kader geworfen. Vom Verband war dieser für sechs Wochen gesperrt worden, aber die Klub-Verantwortlichen wollten selbst entscheiden, was in ihrem Klub geht und was nicht. Und sie haben sich nicht einmal damit gebrüstet.

>> Hintergrund: Eklat beim FC Bosporus

Aufrufe: 023.5.2016, 22:27 Uhr
Christian KurthAutor