2024-04-25T14:35:39.956Z

Interview
Entspannt hat Volker Wedel im Günzburger Hofgarten Platz genommen. Der Bayerische Fußball-Verband und der Hamburger SV (das Vereinswappen prangt seitlich auf dem Brillenbügel) sind die großen Leidenschaften des Spitzenfunktionärs. am Samstag feierte er seinen 70. Geburtstag.	F.: Bernhard Weizenegger
Entspannt hat Volker Wedel im Günzburger Hofgarten Platz genommen. Der Bayerische Fußball-Verband und der Hamburger SV (das Vereinswappen prangt seitlich auf dem Brillenbügel) sind die großen Leidenschaften des Spitzenfunktionärs. am Samstag feierte er seinen 70. Geburtstag. F.: Bernhard Weizenegger

»Fairplay-Idee reicht weit über den Platz hinaus«

Wie Bezirks-Chef Volker Wedel auch nach seinem 70. Geburtstag den Amateurfußball salonfähiger machen will

Familienmitglieder, Freunde und sportliche Weggefährten hatten sich in Gundremmingen angekündigt, wo Volker Wedel vergangenen Samstag seinen 70. Geburtstag feierte. Seit zehn Jahren ist er Vorsitzender des Fußball-Bezirks Schwaben, in den vergangenen vier Jahren war er darüber hinaus Vizepräsident des Bayerischen Fußball-Verbands. Die Verdienste des am 30. August 1944 in Oldenburg/Holstein geborenen Spitzenfunktionäres wurden vielfach gewürdigt. Unter anderem erhielt er heuer die Bundesverdienstmedaille.

Zu sagen hatte und hat Wedel immer etwas, ob als Funktionär, als privater Beobachter oder als Fan des Hamburger SV. Und so bezieht er auch im Gespräch mit unserer Zeitung Position – zur Attraktivität des Amateurfußballs etwa oder zum Reizthema Futsal.

Deutschland ist zum vierten Mal Weltmeister, der FC Bayern im europäischen Fußball das Maß aller Dinge – und der Amateurfußball leidet. Wie ist ihm zu helfen?

Wedel: Wir müssen unseren Amateurfußball salonfähiger machen. Das geht nur, indem wir ihn weiter fördern und ihn auf allen Ebenen attraktiver machen. Das betrifft zum Beispiel den Spielbetrieb. Eine Frage ist: Wie früh müssen wir mit der Saison anfangen und wie spät können wir aufhören? Darüber hinaus wollen wir im Pokal ja noch mehr als bisher die Möglichkeit bieten, dass unterklassige Amateurmannschaften auch mal gegen größere Vereine spielen können. Oder das Thema Zuschauerentwicklung: Heute wird jeder Kick im Fernsehen übertragen – und dann sehe ich, dass ein Lokalderby bei uns kaum 500 Besucher lockt, wo früher 1000 gekommen wären. Dann das Thema demografischer Wandel: Die alten Kollegen, die Führungsaufgaben in den Vereinen übernommen haben, werden irgendwann müde. Und selbst wenn du junge hast, die gerne nachfolgen würden – die werden mit dem Studium fertig, müssen sich dem Arbeitsmarkt anpassen und sind dann erst mal weg, wenn’s dumm läuft.

Sie selbst betonen immer die soziale Komponente des Fußballs.

Wedel: Fußball ist längst nicht mehr nur 1:0 – auch für uns Funktionäre. Das ist alles viel professioneller geworden im Lauf der Jahre. Und da ist die soziale Komponente schwer im Fokus. Wir haben im Bayerischen Fußballverband die Sozialstiftung gegründet. Wir haben die Flutopfer unterstützt. Wir kümmern uns um die Integration von Ausländern (wobei nach wie vor zum Problemfeld zählt, dass nicht alle wirklich bereit sind zur Integration). Das alles zeigt: Die Fairplay-Idee reicht inzwischen weit über den Fußballplatz hinaus.

Was raten Sie, sagen wir, dem Vorsitzenden eines 200 Mitglieder starken Fußballvereins auf dem Land, der nicht weiß, wie er eine Jugendmannschaft basteln oder wer seinen Rasen mähen soll?

Wedel: Er könnte zum Beispiel an unseren Schulungsmaßnahmen teilnehmen. Da haben wir einen riesigen Katalog. Darin geht es um die Themen Finanzen oder Jugend, um Integrationsarbeit oder um die Fragen, wie ich ehrenamtliche Mitarbeiter gewinne und auf den demografischen Wandel reagiere. Diese Angebote können helfen, damit der Vereinsvorsitzende künftig nicht mehr alles allein machen muss, was er heute auch gar nicht mehr kann.

Gibt es Erfahrungswerte, wie solche Angebote des Verbands angenommen werden?

Wedel: Wir haben in der jüngeren Vergangenheit häufiger Runde Tische in den Regionen organisiert. Die Beteiligung daran ließ teilweise schwer zu wünschen übrig. Ich will nicht alle Vereine über einen Kamm scheren, sehr viele arbeiten konstruktiv mit. Aber das erwarte ich eben auch von den anderen. Immer nur jammern und motzen – das hilft niemandem.

Immer mehr Vereinsverantwortliche sind überzeugt, ohne Großsponsoren im mittleren bis gehobenen Amateurfußball nicht mehr mithalten zu können. In der jüngeren Vergangenheit häuften sich gleichzeitig Meldungen über Finanzsorgen bei Vereinen, die teilweise in Insolvenzen münden. Beispiele finden sich in Aindling, Gersthofen, Thannhausen, Ulm ...

Wedel: Mir persönlich ist es lieber, der Amateurfußballverein ist gesund und spielt vielleicht nicht ganz oben mit. Ich kann auch im Fußball nur das Geld ausgeben, das ich eingenommen habe. Bei manchen Vereinen bekomme ich allerdings den Eindruck, dass sie selbst aus Schaden nicht klug werden.

Sie gelten als großer Mitgestalter des schwäbischen Hallenfußballs. Der hat sich über die Jahre zu einem Publikumsmagneten in der Region entwickelt – und wird nun dennoch auf Geheiß von oben durch Futsal ersetzt. Sie zählen zu den Kritikern dieser Änderung. Haben Sie inzwischen Ihren Frieden mit Futsal geschlossen?

Wedel: Sagen wir mal: Ich habe vorläufig einen Waffenstillstand mit dieser Sache geschlossen. Aber ich beobachte das Thema kritisch weiter.

Sie haben sich unlängst, wie angekündigt, nicht zur Wiederwahl als Vizepräsident des Bayerischen Fußball-Verbands gestellt. Sie bleiben aber für eine dritte Amtszeit schwäbischer Fußball-Chef. Ihre letzte?

Wedel: Ich bin jetzt 70, zum Ende meiner Amtszeit bin ich beinahe 74. Ich möchte jetzt langsam einen Nachfolger aufbauen.

Haben Sie da schon jemanden im Auge?

Wedel: Ja, aber das ist nicht spruchreif. Ich weiß noch gar nicht hundertprozentig, ob derjenige gewillt ist, in diese Richtung zu gehen.

Wenn Sie auf Ihre Funktionärs-Karriere im schwäbischen Fußball zurückblicken: Was würden Sie als Ihre größte Leistung sehen?

Wedel: 1986 wurde ich Bezirks-Spielleiter als Nachfolger des im glorreichen Jahr zum Verbands-Spielleiter aufgestiegenen Armin Klughammer. Meine erste Hauptaufgabe war die Einführung der Bezirksoberliga. Da brauchte es eine längere Vorbereitungszeit, etwa für die Planung der Auf- und Abstiege, ehe die Liga 1988 eingeführt wurde. Das war eine wirklich umfangreiche Aufgabe und ich habe das ohne Probleme hingekriegt – freilich auch gut abgestimmt mit meinen Kollegen in den Kreisen. Ich alleine hab’s ja nicht gemacht.

Gab es – Hand aufs Herz – auch Niederlagen oder Pannen?

Wedel: In dieser Form eigentlich nicht. Ich habe immer überlegt gehandelt, keine Schnellschüsse gemacht. Wenn mal eine Kleinigkeit schief gegangen ist, bin ich dazu gestanden. Ich glaube, mir ist kein großer Bock unterlaufen.

Aufrufe: 01.9.2014, 15:24 Uhr
Günzburger Zeitung / Jan KubicaAutor