2024-04-16T09:15:35.043Z

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F: NN Forchheim
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Facettenreiches Trainerleben

Ex-Profi Christian Springer über seine Arbeit im Fürther NLZ

Was macht eigentlich Christian Springer? Der ehemalige Forchheimer Fußballprofi schied im März aus dem Vorstand der SpVgg Jahn aus und konzentrierte sich auf den Trainerschein (A-Lizenz), den er seit Frühsommer in der Tasche hat. Am 7. Februar wird Springer in der Vorbereitung auf die Rückrunde gegen seinen Heimatverein antreten, als Co-Trainer der A-Junioren der SpVgg Greuther Fürth. Wir sprachen mit ihm über seine neue Arbeit im Nachwuchsleistungszentrum (NLZ) des Zweitligisten.
Einen wie Lukas Podolski gibt es nicht alle Tage. Tut sich der 29-Jährige beim englischen Topklub Arsenal London derzeit schwer, seine Einsatzzeiten zu bekommen, zählt der 121-fache Nationalspieler dennoch zu den Vorreitern einer neuen Generation deutscher Ausnahmetalente. "Bei ihm hast du schon im allerersten Training mit den Profis gemerkt, dass er es schaffen und sich durchsetzen kann. Körperspiel und Athletik waren beeindruckend", sagt Christian Springer.

Der 43-Jährige Forchheimer konnte einst als Mitspieler beim 1.FC Köln die ersten Karriereschritte des 18-jährigen Noch-A-Jugendlichen beobachten. Selbst beförderten sie den Linksfuß Springer bei der SpVgg Jahn in den späten 80ern als 17-Jährigen in den Kader der Landesliga-Herren, ehe ihm später der Sprung in die Bundesliga gelang. Es war eine Zeit, in der ausländische Stars den Glanz in die Liga brachten und die heimische Fußballkultur in eine Krise rutschte. Dass Springer nie die Jugendabteilung eines Profiklubs durchlief, ist heute unvorstellbar. Diese Erfahrung holt er nun nach, als Co-Trainer der Bundesliga-U19 bei der SpVgg Greuther Fürth. Mitten in einer goldenen Ära des deutschen Fußballs, gekrönt vom WM-Titel in diesem Jahr und eingeleitet durch eine Flut an top ausgebildeten Akteuren aus den Nachwuchsleistungszentren des Landes, deutet sich ein Dilemma an.

"Spieler wie Podolski oder Götze sind die Ausnahme. Die Gretchenfrage in der Nachwuchsarbeit ist aus meiner Sicht, wie wir mit denen umgehen, die den Sprung nicht gleich schaffen", erklärt Christian Springer. In der Tat werden die Bundesliga-Debütanten immer früher ins kalte Wasser geworfen, viel Eingewöhnungs- und Entwicklungszeit bleibt den Youngsters nicht. Bayer Leverkusen hat sogar seine U23-Mannschaft abgeschafft. Der Leistungsdruck ist immens, nicht nur bei Denjenigen, die von Spitzenklubs verliehen und sozusagen bei schwächeren Mitbewerbern auf Probe arbeiten.

Zwischen Lust und Frust

Bei der SpVgg Greuther Fürth, die bisweilen bundesweit als sympathischer Ausbildungsverein wahrgenommen wird, schlägt der Wandel ebenfalls durch. "Wir haben Jungs, die in ihrem A-Jugend-Jahrgang zu den besten gehören und als Belohnung bei den Profis reinschnuppern dürfen", sagt Christian Springer. Alle Vereine befänden sich jedoch in der Zwickmühle, wenn die Jungspunde dann erstmals an ihre Grenzen stoßen und im Wettkampfbetrieb selbst bei der U23 noch nicht benötigt werden. Es entsteht Reibung. "Da ist viel psychologische Arbeit nötig. Zudem fehlt den Talenten dann durch ihre häufige Abwesenheit die Bindung zu ihrer eigentlichen Jugendmannschaft", findet Springer.

Dass der Familienvater seine besten Talente gerne so lange es das Alter zulässt für seine A-Jugend spielen sieht, hat auch praktische Gründe. Mit 13 Zählern rangiert die Fürther U19, zum größten Teil bestehend aus den älteren Spielern der letztjährigen B-Jugend, vor ihrem letzten Punktspiel in diesem Jahr am heutigen Samstag auf Abstiegsplatz 12, zwei Punkte hinter dem rettenden Ufer. "Wenn sich dein Nachwuchs nicht konstant auf Bundesliga-Niveau messen kann, wirkt sich das wiederum negativ auf ihr Leistungspotenzial aus. Aber ich bin mir sicher, dass wir die Kurve bekommen und die Klasse halten." 2013/2014 mussten die A-Junioren des 1.FC Nürnberg nach dem bitteren Abstieg eine Saison mit der Bayernliga vorlieb nehmen, prompt verloren sie Junioren-Nationalspieler Pascal Itter an Schalke.Die Arbeit mit dem ambitionierten Nachwuchs macht Christian Springer unter dem Strich große Freude: "Die Infrastruktur in Fürth ist hervorragend, die Bedingungen sind auf allen Ebenen professionell und die Abläufe gleichen denen in der Bundesliga." Das vielköpfige Trainerteam versucht Rohdiamanten zu schleifen, die bereits eine langjährige hochklassige spielerische und taktische Ausbildung hinter sich haben. Die Talente kommen aus der gesamten Region, nur ein paar gehen auf Internate. Verlangt wird von ihnen viel.

Ein normaler Wochenrhythmus umfasst drei bis vier Trainingseinheiten, in den Schulferien wird zweimal am Tag geübt. Einmal pro Woche arbeiten die Spieler vor dem Training im Kraftraum eigenständig einen individuellen Fitnessplan ab, für die bestmögliche körperliche Konstitution der Mannschaft sorgen zudem die wöchentlichen Einheiten des Athletikcoaches. In regelmäßigen Abständen gibt es Ernährungstipps, ständig zur Verfügung steht ein Mentaltrainer. "Die große Herausforderung ist der Zeitdruck, unter dem die Jungs zu fertigen Spielern reifen sollen", verrät Springer. Klar, dass die Persönlichkeitsentwicklung zum jungen Erwachsenen nicht immer im Einklang mit den Entbehrungen dieser Maschinerie stattfindet, zu deren Eigenheiten es auch gehört, dass nahezu jeder 16-Jährige bereits einen Spielerberater hat. "Gerade deshalb musst du bei noch pubertierenden Jugendlichen eben mal wegschauen können", so Springers Philosophie: "Ich will keine Roboter auf Schienen setzen, sondern dem Team innerhalb von Leitplanken Freiraum lassen." Eine strengere Disziplin würde der 43-Jährige bei einem Regionalligisten walten lassen.

Eine überraschend zentrale Aufgabe des Forchheimers ist die Gegner-Analyse. Drei bis vier Stunden pro Woche studiert der Ex-Profi die Videobilder. "Die Stärken und Schwächen anderer Mannschaften und deren Einzelakteure zu kennen ist ein wichtiger Bestandteil der Spielvorbereitung. Wir geben das an unsere Jungs weiter. Es ist oft entscheidend, zu wissen, welche wiederkehrenden Varianten bei Standardsituationen auf einen zukommen können." Damit liegt man auf einer Linie mit Bayern-Trainer Pep Guardiola, der längst nicht auf seine Idee des Tiki-Taka-Fußballs reduziert werden darf und immer wieder mit veränderten Formationen aufwartet. Die eigene Trainer-Zukunft hat Christian Springer, der bis zum Saisonende in Fürth unter Vertrag steht, indes so geplant: "Ich peile meinen Fußballlehrer an." Der naheliegende beziehungsweise obligatorische Weg, um sich für das jährliche Auswahlverfahren der DFB-Akademie bewerben zu können, wäre die Arbeit als hauptverantwortlicher Trainer einer Juniorenmannschaft (U17, U19) in der Bundesliga oder eines Herren-Teams ab der Landesliga. Ab Sommer dürfen sich die Interessenten melden.

Aufrufe: 013.12.2014, 09:02 Uhr
Kevin Gudd (NN Forchheim)Autor