2024-05-10T08:19:16.237Z

Team Rückblick
Eingeschworen: Josef Shirdel (li.) und Patrick Thomsen vor einem Freistoß. Teamgeist ist das große Plus beim ETSV Weiche Flensburg. Foto: Staudt
Eingeschworen: Josef Shirdel (li.) und Patrick Thomsen vor einem Freistoß. Teamgeist ist das große Plus beim ETSV Weiche Flensburg. Foto: Staudt
Sparkasse

ETSV Weiche Flensburg zählt zu den Titelanwärtern

Harald Uhr: "Die Region lechzt nach gutem Fußball"

Verlinkte Inhalte

Daniel Jurgeleit ist kein Mann großer Worte. Wenn er sagt: ,,Ich bin sehr zufrieden. Wir haben eine herausragende Vorrunde gespielt", dann bedeutet das viel. Aber wieso sollte der Trainer des Regionalligisten ETSV Weiche auch unzufrieden sein? Schließlich hat sein Team die beste Hinrunde seit dem Aufstieg 2012 hingelegt, zählt als Tabellendritter mit 40 Punkten neben dem VfB Oldenburg und dem VfL Wolfsburg II zu den Titelanwärtern.

Von 18 Partien haben die Fördestädter zwölf gewonnen, vier endeten unentschieden. Lediglich zwei Mal (1:2 beim FC Eintracht Norderstedt, 1:3 beim starken Aufsteiger SpVgg Drochtersen/Assel) ging der ETSV leer aus.

,,Niederlagen sind vielleicht für Bayern München ungewohnt, wir wissen, dass wir auch Spiele verlieren können", kommentiert Jurgeleit. In beiden Partien sei seine Mannschaft nicht so konsequent aus der Halbzeitpause gekommen, habe zu offen agiert. ,,Auch in diesen Spielen hatten wir dennoch Möglichkeiten, sie für uns zu gestalten", erinnert sich der Trainer.

16 Partien stehen noch aus, davon noch sieben auf eigenem Platz. ,,Ich bin froh, dass wir unsere Heimschwäche abgestellt haben", sagt Harald Uhr, Geschäftsführer der Weicher Liga GmbH. Acht Siege, zwei Unentschieden, 24:4 Tore - das Manfred-Werner-Stadion wurde in der Hinrunde 2015/16 zur Festung.

,,Wir haben die Leute begeistert und 1:1 umgesetzt, was wir besprochen haben", resümiert der Trainer zufrieden.

Das zieht auch Zuschauer an. 785 Besucher waren durchschnittlich bei den zehn Heimspielen zu Gast (Platz sieben unter 18 Mannschaften). In erster Linie verantwortlich dafür verantwortlich waren die beiden Top-Spiele gegen den VfB Oldenburg (0:0) und den VfL Wolfsburg II (1:0).

Am 18. Oktober sorgten 1924 Fans für lange Schlangen vor der Kasse und für einen Besucherrekord. Die alte Marke (1500 gegen Holstein Kiel) wurde auch am 15. Oktober gegen Wolfsburg II (1496) fast erreicht.

Beeindruckend auch die Zahl beim 0:0 gegen den BV Cloppenburg: Es waren zwar nur 482 Zuschauer, das Spiel fand aber bei dichtem Schneetreiben statt - und hätte laut Harald Uhr eigentlich abgesagt werden müssen.

,,Man sieht, was möglich ist. Wir haben nicht so viel Tradition, aber einiges angestoßen. Das wollen wir 2016 fortführen, die Zuschauer und Sponsoren mitnehmen", sagt Jurgeleit. Und Harald Uhr pflichtet ihm bei: ,,Die Region lechzt nach gutem Fußball."

Ruhiges und solides Arbeiten ohne ,,Geklingel" ist auch für 2016 der Vorsatz der Weicher ,,Macher" um Harald Uhr. Im Umfeld ist viel passiert, dennoch stehen die Flensburger noch lange nicht auf einer Stufe mit Konkurrenten wie Oldenburg, Lübeck oder Meppen, was Stadion, Förderer oder Trainingsbedingungen anbelangt.

Im September, nach dem 5:1 gegen den TSV Havelse, hatte Uhr mit seiner Ankündigung, für die 3. Liga melden zu wollen, für Aufsehen gesorgt. Die dritthöchste deutsche Spielklasse ist auch jetzt noch ein Thema bei den ,,Eisenbahnern". ,,Unser Ziel ist die 3. Liga - wann, ist dahingestellt", bekräftigt Uhr.

Er könnte sich aber zumindest vorstellen, schon in dieser Saison zu melden, am 1. März müssten die Unterlagen beim Deutschen Fußball-Bund vorliegen. Derzeit laufen intensive Gespräche mit der Stadt Flensburg, Thema ist unter anderem ein Ausbau des Stadions im Stadtteil Mürwik - Drittliga-Fußball wäre im heimischen Manfred-Werner-Stadion definitiv nicht möglich.

,,Väter" des sportlichen Erfolges sind Daniel Jurgeleit mit seinen Co-Trainern Marc Peetz und Jan Neujahr. ,,Daniel versteht es immer wieder, die Jungs zu verbessern und ihnen Perspektiven aufzuzeigen", lobt Uhr, den Ex-Profi, der seit August 2010 an der Seitenlinie steht. ,,Unheimliche Substanz, gewachsen über Jahre", sieht Jurgeleit (177 Zweitliga-Tore) als eines der Erfolgsrezepte an. Der Trainer weiter: ,,Wir können die Jungs zum großen Teil bei uns halten und haben bei den Zugängen punktuell gut gelegen."

Zur neuen Saison kamen mit Fiete Sykora (Holstein Kiel) und Josef Shirdel (vereinslos, zuvor HSV II) zwei erfahrene Spieler, die sich auf Anhieb einfügten. ,,Wir haben mehr Variationsmöglichkeiten", bestätigt der Coach. Aber auch den Talenten Ole Rathmann, Raphael Straub, Benjamin Safo-Mensah stellt er ein gutes Zwischenzeugnis aus. Verletzungen wie die von Florian Meyer (Mittelfußbruch) und Matthias Hummel (behutsamer Aufbau nach Kreuzbandriss) konnten gut kompensiert werden.

Von der neuen Variabilität besonders im Angriff profitierte besonders Tim Wulff (28), der in 18 Partien schon elf Tore erzielte. Zu den ,,Aufsteigern" der Hinrunde zählen ohne Zweifel auch der junge Abwehrspieler Torge Paetow sowie die Mittelfeldakteure Jannick Ostermann, Nedim Hasanbegovic und Ilidio Pastor Santos auf neuer Position im offensiven Mittelfeld statt in der Sturmspitze.

Nicht zu vergessen Christian Jürgensen (30). Der Routinier spielte auf der linken Abwehrseite eine überragende Hinrunde, war auch torgefährlich. Wenig verwunderlich, dass der Schleswig-Holsteinische Fußballverband gleich drei Spieler (Paetow, Jürgensen und Wulff) für die Wahl zum Fußballer des Jahres nominierte.

Trainer des Jahres könnte - übrigens zum dritten Mal in Folge - Daniel Jurgeleit werden.,,Das Gemeinschaftsgefühl ist eine der ganz großen Stärken", lobt Harald Uhr. Dazu trägt auch bei, dass Daniel Jurgeleit auch nach gewonnenen Spielen rotieren lässt, nicht selten die Startelf auf mehreren Positionen ändert. Lapidare Begründung: ,,Wir haben einen großen Kader und ich will doch alle Spieler mitnehmen."

Weiche agiert aus einer (zumeist) 3-4-3-Grundordnung heraus äußerst diszipliniert, lässt sich nur selten locken. Die Dreierkette steht stabil (erst 13 Gegentore). Auffällig ist die Stärke bei Standards, dazu zählen Einwürfe, die Torge Paetow auch über größere Distanzen in oder an den gegnerischen Strafraum schleudert.

In der Rückrunde muss Weiche auf den starken Jannick Ostermann, einen der Männer im ,,Maschinenraum" des defensiven Mittelfeldes, wegen eines Auslandspraktikums verzichten. Neu dabei ist Angreifer Jannik Drews (21) vom Verbandsligisten SV Frisia 03 Risum-Lindholm.

,,Er hat einen guten Schuss, ist robust, kann seine Mitspieler einsetzen", lobt Jurgeleit den Zugang und fügt hinzu: ,,Er hat Talent. Respekt, dass er sich die Regionalliga zutraut."

Sportlich und charakterlich ist der Coach überzeugt von Drews - und der erste Einsatz lässt vielleicht gar nicht lange auf sich warten. Jurgeleit: ,,Wenn's passt, dann spielt er auch."
Aufrufe: 012.1.2016, 13:15 Uhr
SHZ / ulrich schröderAutor