2024-05-02T16:12:49.858Z

WM 2014
Mit der WM im eigenen Land wurde für viele Brasilianer ein Traum wahr. Dennoch wehrt sich auch ein Großteil der Bevölkerung gegen das Spiel mit dem Geld! Elton da Costa sprach mit uns über die Einstellung seiner Landsleute.
Mit der WM im eigenen Land wurde für viele Brasilianer ein Traum wahr. Dennoch wehrt sich auch ein Großteil der Bevölkerung gegen das Spiel mit dem Geld! Elton da Costa sprach mit uns über die Einstellung seiner Landsleute.

"Es wird keine WM geben!"

Warum man sich in Brasilien gegen das Geschäft mit dem Fußball wehrt

Mit Anpfiff des Eröffnungsspiels zwischen Brasilien und Kroatien wurden die WM-Gegner in Südamerikas Riesenstaat und ihr Motto „Não vai ter copa!“, zu Deutsch „Es wird keine WM geben!“, scheinbar Lügen gestraft. Obwohl in letzter Zeit viel über die angespannte Lage im Land des Gastgebers berichtet wurde, Großdemonstrationen in Rio und anderswo, wie im Vorjahr beim Confed Cup 2013, sind nicht zu erwarten. Waren die Proteste gegen Korruption und Geldverschwendung bei Staat und FIFA also nicht mehr als ein Sturm im Wasserglas?

„Nein“, sagt Darmstadt 98-Aufstiegsheld Elton da Costa (34), seine Landsleute hätten genug von den „leeren Versprechen“ der Politiker. Ständig werde den Bürgern, die sich für mehr Bildung und eine bessere Gesundheitsversorgung einsetzten, erzählt, es sei kein Geld da. „Und plötzlich fließen etliche Millionen in den Bau von Stadien, die dann auch noch wesentlich teurer sind als geplant und drohen, nicht einmal rechtzeitig fertig zu werden.“ Selbst wenn Brasilien die Heim-WM gewinnen sollte, würde sich an der grundsätzlichen Protesthaltung in weiten Teilen der Bevölkerung nichts ändern, glaubt der Fußballprofi.

Das Milliarden-Turnier

Die Gründe dafür sind schnell ausgemacht: So wird das anstehende Sportgroßereignis als die bisher teuerste WM aller Zeiten in die Fußballgeschichte eingehen. Umgerechnet mehr als acht Milliarden Euro hat man nach Angaben der brasilianischen Regierung investiert, um den Anforderungen der FIFA und den Ansprüchen der Teilnehmerländer, Fußballfans aus aller Welt sowie denen der internationalen Medien gerecht zu werden.

„Doch was haben wir eigentlich davon?“, fragen sich viele der Protestwilligen im Land und zweifeln am langfristigen Nutzen der horrenden Ausgaben. Die Stadien könnten nach der Fußball-WM zu brachliegenden Milliardengräbern verkommen, wird befürchtet. Auch wenn sich Staat und FIFA nach dem Confed-Cup verstärkt darum bemüht haben, der Bevölkerung die bleibenden Vorteile für Wirtschaft, Arbeitsmarkt und Infrastruktur aufzuzeigen, der Ärger über Vertragsklauseln, die beispielsweise der FIFA und ihren Partnern in Brasilien Steuerfreiheit im Zusammenhang mit dem Fußballwettbewerb garantieren, will trotz der WM-PR-Offensive einfach nicht verrauchen.

Im Korruptionssumpf

Dass die FIFA ein massives Imageproblem hat und als Hort der Korruption gilt, ist allgemein bekannt. Dass brasilianische Fußballfunktionäre wie João Havelange (98), Blatters Vorgänger im Präsidentenamt des Weltfußballverbands, eine gewichtige Rolle dabei spielen dagegen weniger. Doch hatte im Vorfeld der WM insbesondere der Fall des ehemaligen FIFA-Exekutivkomiteemitglieds und Präsidenten des brasilianischen Fußballverbands CBF Ricardo Teixeira (66) erregt. Teixeira, der das Weltturnier 2007 in seine Heimat geholt hatte, trat 2012 offiziell aus gesundheitlichen Gründen von seinen Ämtern zurück. Zuvor war ihm und seinem Ex-Schwiegervater Havelange durch ein Schweizer Gericht die Annahme von Schmiergeldern in Millionenhöhe nachgewiesen worden. Ermittlungen der brasilianischen Verfolgungsbehören gegen den höchsten Fußballfunktionär im Land, die dem Verdacht auf Korruption, Geldwäsche und Steuerhinterziehung nachgingen, waren bis dahin stets im Sande verlaufen.

Kein Wunder also, dass viele Brasilianer mit Wut im Bauch auf die Entscheidungsträger blicken und sich dazu entschließen, auf die Straße zu gehen, findet auch Elton da Costa: „Ich verstehe die Motive des Volkes und unterstütze ihre Anliegen voll und ganz", jedoch nur, so der Vollblutangreifer weiter, „solange sie gewaltlos vorgetragen werden.“

Aufrufe: 025.6.2014, 12:00 Uhr
Sérgio PrestaAutor