2024-05-10T08:19:16.237Z

Pokal
Marcus Steegmann (unten) und Trainer Claus-Dieter Wollitz starten den Angriff auf Hertha BSC Berlin. Für alle Fälle mit einem gut motorisierten Rasenmäher ausgerüstet zu sein, kann nicht schaden., Foto: dahmen
Marcus Steegmann (unten) und Trainer Claus-Dieter Wollitz starten den Angriff auf Hertha BSC Berlin. Für alle Fälle mit einem gut motorisierten Rasenmäher ausgerüstet zu sein, kann nicht schaden., Foto: dahmen

"Es sind alle Dämme gebrochen"

Marcus Steegmann über Außenseiterchancen und ein besonderes Spiel gegen Hertha BSC

Verlinkte Inhalte

Mittelrhein-Pokalsieger und Regionalliga-Spitzenreiter Viktoria Köln trifft im DFB-Pokal auf die Bundesliga-Profis von hertha BSC Berlin - Im Sportpark Höhenberg werden mindestens 500 Zuschauer erwartet.

Herr Steegmann, was können Sie mit dem Begriff „Hertha-Schreck” anfangen?

MARCUS STEEGMANN: Hertha-Schreck gefällt mir. Ich denke mal, dass Sie auf das 2:1 mit der TuS Koblenz im DFB-Pokal 2010 gegen Hertha BSC Berlin hinauswollen?

Sie standen damals in Koblenz in der Dritten Liga unter Vertrag und haben Berlin in der zweiten Runde ausgeschaltet. Welche Erinnerungen haben Sie an den 26. Oktober 2010?

STEEGMANN: Da kommt schon so einiges in mir hoch: Es stand zum Glück lange 0:0, und nach unserem 1:0 nach einer Stunde sind irgendwie alle Dämme gebrochen. Wir sind schlicht über uns hinausgewachsen.

Die Führung an jenem Abend hat ein Fußballer namens Michael Stahl erzielt. Es war das Tor des Jahres.

STEEGMANN: Er hat den Ball aus knapp 60 Metern ins Tor geschossen — der pure Wahnsinn. Davor habe ich noch einen Zweikampf im Mittelfeld gewonnen, der Michael wollte die Kugel danach eigentlich nur auf die Tribüne donnern. Dann hat er den Ball aber so fantastisch getroffen, dass er reingegangen ist. Ein unfassbarer Treffer!

Sie haben das vorentscheidende 2:0 per Foulelfmeter erzielt. War es das wichtigste Tor in Ihrer Karriere?

STEEGMANN: Das Tor hatte mit Sicherheit eine riesige Wirkung, weil wir dadurch mit Koblenz ins Achtelfinale eingezogen sind. Unterkannte, Latte, drin. Der Strafstoß war auf jeden Fall unhaltbar.

Wie ist es zu erklären, dass ein Drittligist eine Spitzenmannschaft der Zweiten Liga aus dem Pokal befördern kann? Bei Berlin standen immerhin namhafte Spieler wie Adrian Ramos, Raffael und Levan Kobiashvili in der Startelf.

STEEGMANN: Entscheidend ist, dass dich der Große einen Tick auf die leichte Schulter nimmt und du als Underdog keinen frühen Treffer kassierst. Je länger man ohne Gegentor bleibt, desto größer wird der Mut und man fängt an, wirklich an die Sensation zu glauben. Genau das ist das Fluidum des DFB-Pokals.

Haben die Spieler von Hertha BSC während der Partie bemerkt, dass sie vor einer Pokal-Blamage stehen?

STEEGMANN: Irgendwie ging das ja schon vor dem Anpfiff los: In Koblenz sind die Kabinen total eng, da können sich gerade einmal 16 Mann umziehen. Wahrscheinlich fanden die Berliner schon das recht seltsam. In der zweiten Halbzeit wurden die Spieler dann immer giftiger und am Ende auch richtig nervös. Wenn man als Favorit dann auch noch so einen Hammer aus 60 Metern schlucken muss, weißt du genau: Heute kann es schiefgehen.

Wann haben Sie gedacht: Wir schaffen die Sensation?

STEEGMANN: Vor meinem Elfer nach 70 Minuten war mir klar: Wenn ich den verwandle, kann das schon reichen. Wir waren in dieser Phase völlig fertig, nach dem Anschluss durch Ramos wurde es aber noch mal ziemlich kribbelig.

Trotzdem ist Koblenz ins Achtelfinale eingezogen, musste sich dem 1.FC Kaiserslautern aber 1:4 geschlagen geben. Warum hat es nicht auch gegen Kaiserslautern gereicht?

STEEGMANN: Da haben wir schon in der ersten Halbzeit nicht so gut gespielt wie gegen Hertha BSC. Wir haben zwar 1:0 geführt, mussten aber viel zu viel laufen. Und dann hat Srdjan Lakic (Angreifer von Kaiserslautern, die Red.) gleich dreimal getroffen. Das war einfach zu viel.

Am Samstag treffen Sie erneut auf Hertha BSC Berlin, diesmal in der ersten Runde mit Viktoria Köln. Welche Chancen hat ein Regionalligist gegen einen Bundesligisten?

STEEGMANN: Man hat eine Chance, definitiv. Wenn wir die erste halbe Stunde überstehen, kann sich eine Dynamik entwickeln. Es muss aber ganz, ganz viel zusammenkommen für die Sensation.

Wenn Sie Viktoria-Trainer wären und anstelle von Claus-Dieter Wollitz die Mannschaft einstellen müssten: Wie würde Ihre Taktik aussehen?

STEEGMANN: Auf alle Fälle defensiv mit ordentlich Beton. Und vorne mit schnellen Leuten den „Lucky Punch” setzen. Dann könnte es vielleicht klappen.

Aufrufe: 014.8.2014, 21:03 Uhr
Kölner Stadt-Anzeiger / Oliver LöerAutor