2024-04-16T09:15:35.043Z

Interview
Jonas Schmidt.  F: Bock
Jonas Schmidt. F: Bock

"Es gibt verrückte Fans, die Riesensummen investieren"

Jonas Schmidt vom FSV Luckenwalde im FuPa-Interview über sein Projekt "Sportsworn"

Bei Jonas Schmidt vom FSV Luckenwalde dreht sich alles nur um Fußball: Der Regionalliga-Kicker will mit seinem neuen Projekt künftig auch den Nachwuchs und andere gemeinnützige Aktionen unterstützen. Auf seinem Portal "Sportsworn" versteigert er dafür zum Beispiel getragene und signierte Trikots und Schuhe von Bundesliga-Profis. FuPa Brandenburg sprach mit Schmidt darüber und über den fahrlässigen Umgang vieler Fußballer mit deren Zukunftsplanung.

Herr Schmidt, wie sind Sie auf die Idee für "Sportsworn" gekommen?

Der Hintergrund ist, dass ich die letzten zwei Jahre neben dem Fußball auch im Marketing tätig war. In der Zeit habe ich sehr lange überlegt, wie ich meine eigenen Stärken und Interessen zusammenlegen kann. Es hat - seitdem ich die Idee entwickelt habe - etwa ein Jahr gedauert, um alles vorzubereiten. Ich habe für mich entdeckt, dass man aus Ressourcen, die noch ungenutzt sind, Geld machen kann. Gerade Gebrauchsgegenstände gelten als relativ wertlos. Dieses Geld soll dann wieder eingesetzt werden zur Nachwuchsförderung, für gemeinnützige Zwecke und ähnliches.

Bei Ebay gibt es jede Menge Trikots, die versteigert werden.

Richtig. Ich habe auch bewusst den Versteigerungsweg über Ebay gewählt. Über meine Homepage werden die Interessenten erstmal informiert, was wir eigentlich machen. Erst dann werden sie weitergeleitet zu Ebay. Die Leute sind einfach sehr bequem und einen Nutzer, der bei mir mitbieten will, müsste ich erstmal dazu animieren, sich bei mir zu registrieren mit allen seinen Daten. Damit würde man am Anfang aber wahrscheinlich nicht soviel Reichweite bekommen. Wenn sie bei mir auf der Homepage auf die Auktion klicken, sind sie gleich im Webshop drin. Ich habe bewusst einen eigenen Ebay-Shop gewählt, um klar zu zeigen, dass ich keinen privaten Verkauf mache. Damit sieht es professioneller aus. Viele sind ohnehin bei Ebay registriert, dann können sie gleich mitbieten.

Wer soll eigentlich mitbieten: Eher die fußballverrückten Fans, die unbedingt ein Trikots ihres Stars besitzen wollen, oder lieber finanzkräftigere Firmen und Sponsoren?

Wir wollen uns nicht darauf spezialisieren, eine Massenabfertigung zu machen. Das heißt, ich bekomme vom Verein zehn Trikots und versteigere diese innerhalb von zehn Tagen. Stattdessen wollen wir schauen, dass wir das Unikat zielgenau platzieren. Wenn zum Beispiel der Spieler am Wochenende ein Tor erzielt hat, macht es Sinn, den Artikel noch zeitnah einzustellen, weil er ganz anders im Fokus steht. Wer genau die Zielgruppe ist, lässt sich bislang nur schwer rausfinden. Oft sind es private Leute, die begeistert von ihrem Verein sind. Es gibt durchaus verrückte Fans, die Riesensummen investieren.

Würden Sie auch ihr eigenes Trikot versteigern?

(lacht) Nein, wahrscheinlich nicht. Ich würde schon schauen, dass wir Trikots von anderen Spielern nehmen und mich ausklammern.

Hatten Sie selbst ein Phase, wo sie sich für Trikots von anderen Spielern interessiert haben?

Natürlich. Es geht bei uns aber nicht nur um Trikots. Wir haben auch Schuhe oder Torwarthandschuhe und sind relativ flexibel. Unser eigentliches Interesse ist: Mein bester Freund ist Profifußballer. Er hat einen Vertrag bei Adidas. Alle zwei bis drei Monate wird er komplett neu ausgerüstet. Was passiert dann mit den alten Schuhen? Sie werden zumeist einfach weggeworfen. Ein neuer Schuh ist aber schonmal 300 Euro Wert. So geht es vielen Sportlern. Wenn ich bei uns in die Kabine gehen würde, würde ich mindestens zehn Spieler finden, die sagen, dass sie noch einen Schuh im Schrank haben, den sie eigentlich garnicht mehr anziehen. Da ist für uns der Grundstein gelegt: Wenn dieser Schuh dann vielleicht auch nur für 50 Euro weggehen würde, hätte er trotzdem noch einen Nutzen für den eigenen Verein. Natürlich ist ein Trikot noch etwas besonderes. Aber wir wollen uns nicht nur darauf spezialisieren, sondern die ganze Bandbreite abdecken, die der Verein abzugeben hat.

Wie finden Sie die Artikel?

Ich gehe direkt auf die Vereine zu und möchte mit ihnen kooperieren. In jedem Verein ist Potenzial da. Selbst bei kleineren Vereinen wie unserem: Ein Trikot von meinem Mannschaftskollegen Clemens Koplin zum Beispiel wurde für 91 Euro versteigert. Das war ein Artikel, der lag bei uns im Schrank. Ich weiß nicht, was sonst damit passiert wäre, denn er war eigentlich unbrauchbar. Aber daran sieht man, dass selbst bei kleineren Vereinen ein großes Potenzial da ist. Irgendwann soll "Sportsworn" ein so großes Netzwerk haben, dass die Vereine vielleicht selbst auf uns zu kommen. Und wenn die Nutzerzahl hoch genug ist, könnte auch eine eigene Auktionsplattform eingerichtet werden.

Hilft Ihnen bei den Gesprächen mit den Vereinen ihre eigene sportliche Karriere?

Ja klar, dadurch hat man selbst schon viel gesehen und weiß, woran es gerade im Jugendbereich oft fehlt. Ich kenne das: Als ich in Magdeburg spielte, mussten meine Eltern die Internatskosten selbst tragen. Da hast du aber noch nichts gegessen oder keine neuen Fußballschuhe. Dann kommt ein Angebot von Hertha, wo du als 14-Jähriger noch ein kleines Taschengeld bekommst und weiter keine Kosten hast. Daran hat sich nicht viel geändert. Natürlich sind die großen Vereine finanziell besser aufgestellt. Deswegen wäre es auch in meinem Interesse, dass wenn zum Beispiel ein Bundesligist mit uns zusammenarbeiten will, die finanziellen Mittel eher an eine andere Organisation gehen. Die kleineren Vereine, die trotzdem eine große Tradtion und Reichweite haben, könnten dann mehr den eigenen Nachwuchs fördern, um vielleicht auch die Spieler gezielter zu unterstützen. Ich war damals zwar zufrieden in Magdeburg, aber schon immer auch Hertha-Fan. Meine Eltern haben dann die Entscheidung zwar mir überlassen, aber natürlich war es auch für sie eine finanzielle Entlastung.

Im Moment werden Artikel von Erzgebirge Aue oder Dynamo Dresden versteigert, also von Vereinen, die keine Sorgen im Nachwuchs haben dürften.

Richtig, aber ich profitiere im ersten Schritt erstmal von den Artikeln, die ich mit meinen eigenen Kontakten bekommen habe. Damit will ich den Vereinen zeigen, wie es funktionieren soll. Ziel ist, dass die Vereine dann selbst sagen, für welche Zwecke sie das Geld verwenden wollen. Es soll offen kommuniziert werden, wohin das Geld fließt. Von zum Beispiel den neuen Trikots oder einer Spendenscheckübergabe soll es natürlich auch Bilder geben, damit wir den Leuten zeigen können, dass etwas passiert. Wenn es sichtbar wird, dass der Verein nach außen tätig ist und andere Organisationen unterstützt, ist es auch immer gut für das Image und für das Image des Spielers, der seinen Artikel zur Verfügung stellt.


Maximilian Philipp vom Bundesligisten SC Freiburg hat seine Schuhe zur Verfügung gestellt. Der Betrag geht an den Verein Mitternachtssport. Foto: Sportsworn


Damit ist es auch Marketing für ihr Projekt.

Genau, aber es ist alles noch im Aufbau. Der Start in den ersten paar Tagen war schon ganz gut, das hatte ich nicht unbedingt so erwartet. Am Ende bekommen wir schließlich auch eine kleine Bearbeitungsgebühr. Dafür übernehmen wir unter anderem das Einstellen der Artikel, die Abholung bei den Vereinen, den Versand, die Bildbearbeitung und das Dankesschreiben an den Kunden. Der Verein soll von unserem Netzwerk der Sportbegeisterten profitieren.

Das bleibt dann also in ihrem Portmonnaie hängen.

Ja, Millionär werde ich davon zwar nicht. Aber "Sportsworn" soll irgendwann schon so groß werden, dass man so viele Vereine im Portfolio hat und über die Masse kommt. Ich will mich aber nicht nur auf Fußball konzentrieren: Es soll die komplette Bandbreite abgedeckt werden, also auch Eishockey, Handball oder Basketball. Da bin ich offen, was die Sportart angeht und möchte nur helfen in gewissen Dingen.

Ist das Projekt für Sie schon ein zweites Standbein neben dem Fußball?

Auf jeden Fall. Ich habe beim FSV 63 Luckenwalde gerade das Marketing mit übernommen. Und ich will schauen, dass ich in den nächsten Jahren mit der Firma so standfest werde, dass ich davon leben kann. Das ist wirklich der Aufbau meines zweiten Standbeins.

Mit 23 Jahren machen Sie sich für einen Fußballer schon ungewöhnlich früh Gedanken über die Zukunft?

Das habe ich schon immer gemacht. Ich habe mit 16 Jahren meine Ausbildung zum Bankkaufmann begonnen und sie mit 19 abgeschlossen. Inzwischen spiele ich mein viertes Jahr in der Regionalliga und habe immer nebenbei gearbeitet. Ich brauche das einfach für mich. Wenn ich 10 000 Euro im Monat mit Fußball verdienen würde, würde ich das wahrscheinlich auch anders sehen. Aber das ist nicht der Fall und deswegen bin ich froh darüber, wie es ist.

Das klingt nicht unbedingt nach höheren fußballerischen Ambitionen?

Man muss sich nichts vormachen: Ich werde nächsten Monat 24 Jahre alt und bin damit auch nicht mehr der Jüngste. Wenn ich höhere Ambitionen anstreben könnte, würde ich die natürlich mitnehmen. Wenn es aber nicht der Fall sein sollte, wäre ich auch nicht traurig. Ich mache mir auch meine Gedanken darüber und klar will man immer weiterkommen, auch im Fußball. Aber ich mache mir nicht mehr so den Druck, den ich mir vielleicht noch vor vier oder fünf Jahren gemacht habe. Ich sehe es inzwischen aus einem anderen Blickwinkel.

Machen sich aus ihrer Sicht noch zu wenige Fußballer Gedanken über deren Zukunft?

Natürlich. Bei einigen denke ich mir immer: Respekt, wie die jeden Abend so schlafen gehen können. Viele gehen damit sehr fahrlässig um, gerade weil am Ende nur so wenige wirklich den Sprung nach ganz oben schaffen. Deswegen ist es für mich sehr wichtig, sich ein zweites Standbein aufzubauen. Mit meiner abgeschlossen Ausbildung lebt es sich schon leichter, das muss man ganz klar sagen. Die Ausbildung zum Bankkaufmann ist eine der höchsten kaufmännischen Ausbildungen, deswegen muss ich mir keine Sorgen machen, dass ich keinen Job finde. Viele nehmen das auf die zu leichte Schippe. Am Ende kannst du dir auch nicht viel davon kaufen, wenn du über viele Jahre nur Ober - oder Regionalliga gespielt hast.

Gerade in diesen Ligen ist es ein schmaler Grad zwischen dem semiprofessionellen sportlichen Anspruch der Vereine und den finanziellen Möglichkeiten.

Dafür ist Luckenwalde ein gutes Beispiel: Bei uns spielt nicht ein einziger unter Profibedingungen. Jeder muss etwas nebenher machen. Das ist schon eine ganze andere Belastung, wenn du vormittags noch arbeiten gehst und abends trainierst statt nur zu trainieren. Das muss aber jeder für sich selbst wissen.

Mit Jonas Schmidt sprach Sven Bock.

Mehr zum Projekt und alle Auktionen gibt es unter www.sportsworn.de

Aufrufe: 026.10.2016, 18:30 Uhr
Sven BockAutor