2024-04-25T14:35:39.956Z

Im Nachfassen

Erfolgsrezept: Rafael Czichos und die Standards

Holsteins Innenverteidiger trifft dreinmal eins richtige und einmal ins eigene Tor

Verlinkte Inhalte

Drei Freistöße, drei Czichos-Tore. Dazu ein Czichos-Tor für die Gäste. Die Geschichte des Holstein-Spiels gegen Großaspach war eine, wie sie im Fußball nur selten vorkommt. In der siebeneinhalbjährigen Geschichte der 3. Liga war es eine Premiere. Nur fünf Spieler (der Dortmunder Jannik Bandowski, der Erfurter Oliver Caillas, Jenas Exauce Mayombo, Aues Sebastian Glasner und Burghausens Patrick Wolf) hatten überhaupt während einer Partie Tore für beide Seiten geschossen. Noch nie aber hatte ein Akteur drei Mal ins richtige und einmal ins falsche Netz getroffen.

Dass Holsteins Innenverteidiger Rafael Czichos torgefährlich nach Standards ist - keine neue Erkenntnis. Schon vor der Partie hatte der 25-Jährige drei Saisontreffer (plus ein Tor im DFB-Pokal gegen den VfB Stuttgart) vorzuweisen. In der Vorsaison bei Rot-Weiß Erfurt hatte er sieben Mal getroffen. Doch gleich für alle vier Treffer einer Partie verantwortlich zu sein - inklusive eines Eigentores - wird vermutlich einmalig bleiben. ,,Das ist unglaublich für mich", sagte der vom Links- zum Innenverteidiger umgeschulte Linksfuß. ,,Ich treffe ja regelmäßig mal das Tor. Aber bislang habe ich als Profi noch nicht mal einen Doppelpack gemacht."




Mindestens eine ,,Mitschuld" daran schrieb der Mann des Tages den alten gelben Schuhen zu. ,,Die hatte ich bestimmt ein halbes Jahr nicht mehr an. Aber ich musste einfach mal etwas anders machen."Aufgrund des letztlich ungefährdeten 3:1-Sieges wurmte das letzte der vier Tore auch nicht so sehr. ,,Das war natürlich bitter", sagte er. ,,Ich weiß nicht, ob hinter mir vielleicht noch einer hätte klären können." An dem Missgeschick traf ihn jedoch bestenfalls eine Teilschuld. Nicht gut verteidigt hatte die Szene zuvor Nebenmann Denis-Danso Weidlich. Das änderte natürlich nichts daran, dass Czichos sich von den Kameraden ob des unfreiwilligen vierten Treffers. anpflaumen lassen. ,,Netto waren das ja eigentlich nur zwei", grinste Stürmer Manuel Schäffler, nach dem Niklas Jakusch Czichos gerade den Spielball (,,Der bekommt zu Hause einen schönen Platz") überreicht hatte.

,,Rafa wollte halt unbedingt vier machen", scherzte Torhüter Jakusch. ,,Beim nächsten Mal halte ich den."In der ernsthaften Diskussion standen natürlich die drei ,,echten" Treffer, mit denen der Verteidiger in die Top-10 der Drittliga-Torjägerliste vorrückte, im Mittelpunkt. ,,Wir haben das in den letzten Wochen einstudiert", sagte Czichos über die Standardsituationen. Trainer Karsten Neitzel freute sich: ,,Am Morgen vor dem Spiel, wenn feststeht, wer spielt, arbeiten wir immer noch mal an den Standards. Wir haben ein großes Repertoire. Dass gleich drei dieser Varianten in einem Spiel klappen, ist natürlich umso schöner."

Die Ideen dazu schoben sich Spieler und Trainer gegenseitig zu. ,,Das erarbeiten wir gemeinsam, wie so vieles", sagte Neitzel. Kapitän Maik Kegel schrieb dem Coach den Löwenanteil zu. ,,Meist arbeitet der Trainer solche Dinge aus." Czichos teilte die Verantwortung auf. ,,Tor Nummer eins und drei waren Ideen des Trainers", erklärte er. ,,Tor Nummer zwei hatten wir uns vorher selbst so überlegt."Bei Tor Nummer eins erwartete der Gast eine Flanke von Kegel, ehe der unbeteiligt wirkende Fabian Schnellhardt heranlief und den Ball direkt auf den Kopf von Czichos flankte. ,,Das war genau so gedacht. Aber man muss den Ball auch erst mal so spielen", sagte Kegel.

Neitzel verriet, dass der Trick eigentlich abgeschaut war. ,,Münster hat das vor einiger Zeit mal ähnlich gemacht. Eigentlich wollten wir die letzte Woche mit den eigenen Waffen schlagen. Da fehlten aber Nuancen." So verpuffte die Variante ohne Wirkung. Am Sonnabend war es für Kegel ,,der Dosenöffner für das Spiel".Bevor das 2:0 fiel, standen gleich fünf Kieler rund um den Ball und konnten sich scheinbar nicht entscheiden, ehe Czichos für alle überraschend mit links um die Mauer herum ins kurze Eck schoss. ,,Wir wollten uns endlich mal Zeit lassen", erklärte der Schütze. ,,In unserer Situation ist die Bedeutung von qualitativ hochwertigen Standards groß."

Vor dem 3:0 flankte Kegel von der Seite auf den langen Pfosten, wo Czichos' Gegenspieler Robin Schuster von Denis-Danso Weidlich geblockt wurde und Czichos ungehindert einköpfen durfte. ,,Mit einer solchen Variante haben wir schon in der letzten Saison einige Tore gemacht", erklärte Neitzel. ,,Wenn der Ball präzise geschlagen wird und der Block so gesetzt wird, dass es kein Foul ist, ist das schwer zu verteidigen."

Und so sorgten ruhende Bälle für die erhoffte Ruhe - im Spiel und im Umfeld. ,,Wir haben heute gesehen, wie wichtig Standards in dieser Liga sein können", sagte Patrick Kohlmann. ,,In der letzten Woche sind wir selbst dadurch auf die Verliererstraße geraten. Heute war es mal andersherum." Czichos, dem Mann des Tages, sei Dank.
Aufrufe: 010.11.2015, 16:25 Uhr
SHZ / cjeAutor