2024-04-25T14:35:39.956Z

Allgemeines
Michael Köllner ist bereits seit mehr als 11 Jahren beim DFB hauptamtlich angestellt. Im Rahmen des Talentförderprogramms zeichnet er sich für die Region \"Ostbayern\" verantwortlich.
Michael Köllner ist bereits seit mehr als 11 Jahren beim DFB hauptamtlich angestellt. Im Rahmen des Talentförderprogramms zeichnet er sich für die Region \"Ostbayern\" verantwortlich.

Erfolg durch Veränderung

DFB-Koordinator Michael Köllner zieht Bilanz für die nun abgelaufene Saison 2012/2013 an den DFB-Stützpunkten in Ostbayern


Die Saison in den ostbayerischen DFB-Stützpunkten endete am 29. Juli 2013.
Michael Köllner, der zuständige DFB-Koordinator für die Region Ostbayern
beantwortet analog zu der Spieleranzahl einer Fußballmannschaft 11 Fragen
und zieht damit ein Fazit der abgelaufenen Saison und blickt auch in die
Saison 2013/2014.
Frage: Seit wenigen Tagen endete die Saison in den 15 ostbayerischen
DFB-Stützpunkten und in der Regionalauswahl. Zufrieden mit dem Verlauf der
Saison 2012/2013?



Michael Köllner: Zufrieden bin ich eigentlich nie. Das ist leider mein
Naturell. Denn ich befürchte hier sonst auch immer ein wenig Zurücklehnen
oder Ausruhen. Ich ziehe aber ein sehr positives Fazit, da wir vor der
Saison viele Veränderungen hinnehmen mussten oder diese selbst eingeleitet
haben. Von daher war der positive Verlauf in diesem Maße nicht zu erwarten.



Frage: Welche Veränderungen sprechen Sie hier an?



Michael Köllner: Vor der Saison stieg der SSV Jahn Regensburg aus und damit
verließen 68 Spieler des SSV auch die DFB-Stützpunkte. Der DFB-Stützpunkt
Deggendorf wurde vom Bayerischen Fußball-Verband der Region Südbayern
zugeordnet. Der SSV Jahn und der auch der DFB-Stützpunkt Deggendorf prägten
schon die Regionalauswahl Ostbayern. Mit Bayreuth kam dafür ein
DFB-Stützpunkt aus Nordbayern in den Süden. Zudem wechselten 52 Spieler in
ein Bundesliganachwuchsleistungszentrum und es waren somit 120 Spieler
"weg". Dies sind 20 Prozent bei 567 geförderten Spielern und Spielerinnen in
Ostbayern.



Frage: Dies sind erhebliche Veränderungen. Wie konnten diese aufgefangen
werden?



Michael Köllner: Die DFB-Stützpunkttrainer mussten sichten, sichten und
nochmals sichten. Dieser Prozess dauert immer noch an, da auch nach dieser
Saison 46 Spieler zu einem Bundesligisten wechseln. Vor allem aber in der
Region Regensburg mussten wir damit zwei neue DFB-Stützpunkte in
Burgweinting und Regensburg aufbauen. Dies gelang dank des immensen
Engagements der Stützpunkttrainer.



Frage: In der Summe heißt dies ca. 100 Spieler in zwei Jahren wechseln zu
einem Bundesligaverein. Diese Zahl wirkt sehr hoch, oder? Warum ist die Zahl
so hoch?



Michael Köllner: Dies ist wirklich eine sehr hohe Zahl. In den Jahren vorher
wechselten in etwa 20 Spieler pro Saison. Die Gründe sind vielseitig. Wir
haben unser Scouting etwas verändert und haben nun eine gezieltere Suche
nach Spielern, die von den Bundesliganachwuchsleistungszentren auch
"abgenommen" werden. Ein anderer Aspekt ist die gründliche Vorbereitung der
Spieler auf diesen Zielbereich. Und ohne Wenn und Aber spielt unsere
Mentalität in Ostbayern und die Art der Ausbildung in Form von
belastungsfähigen Spielern eine große Rolle.



Frage: Die Belastung spielt im heutigen Fußball eine scheinbar größere
Rolle. Der Fußball hat sich in den letzten Jahren deutlich verändert. Hat
diese Veränderung des Spitzenfußballs auch Auswirkungen auf das Training im
DFB-Stützpunkt?



Michael Köllner: Der Spitzenfußball beeinflusst immens unsere Arbeit in der
Talentsichtung, Talentförderung und Talententwicklung. Wir haben unsere
Trainingsprogramme und unsere Trainingsinhalte enorm verändert, um Spieler
für den Topfußball von Morgen auszubilden. Diese Umstellung war ein riesiger
Prozess, der immer noch andauert. Aber an vielen Stützpunktorten ist dies
gut gelungen. Ebenso mussten wir aber auch auf Regionalauswahlebene unsere
Spielinhalte verändern. Auch hier sind wir am Ball.



Frage: Apropos Regionalauswahl. Die Regionalauswahl stellt die Spitze der
Talentförderung in jeder Region dar. Zufrieden mit der abgelaufenen Saison?



Michael Köllner: Am letzten Sonntag konnten wir den Regionalvergleich mit
dem Jahrgang 2000 gewinnen. Dies ist der wichtigste Regionalvergleich für
die DFB-Stützpunktarbeit. Hier spielen die besten Spieler einer jeden Region
vor, die in der Regel auf zwei Jahre Stützpunktförderung blicken. Nach
unseren bereits erwähnten Veränderungen wäre ein Desaster auch möglich
gewesen. Aber wir zeigten einen starken und gut strukturierten Fußball. Der
Jahrgang 1999 aus Ostbayern bzw. die über unsere Regionalauswahl den BFV
vorgestellt wurden stellte die Hälfte des Endkaders der Bayerischen Auswahl.
Enorm. Aber wir müssen uns immer strecken, müssen innovativ sein und eine
perfekt abgestimmte Terminplanung, die ein gewisses durchgängiges
Jahresprogramm abbilden muss, vornehmen. Nur so ist eine optimale
Präsentation der Spieler möglich. Und ich erwarte von allen meinen Teams in
Ostbayern und von deren Regionalauswahltrainern hochattraktiven und aktiven
Fußball.



Frage: Für eine Einladung in eine Regionalauswahl ist eine Aufnahme in einen
DFB-Stützpunkt Voraussetzung. Wie kommt ein guter Spieler in einen
DFB-Stützpunkt?



Michael Köllner: Das funktioniert in der Regel über drei Wege. Weg 1 ist das
Vorspielen beim Talentsichtungstag, der Ende der E-Jugend angesiedelt ist.
Ca. 1100 Jungs und Mädels spielten hier vor. Wir haben hier übrigens sehr
viel verändert im Vergleich zu den Vorjahren. Der Weg 2 ist über sogenannte
Nachsichtungen möglich. Im Juni bieten wir jedem Spieler und jeder Spieler
der Altersbereiche U12 bis U15, die glauben talentiert zu sein, an für den
DFB-Stützpunkt vorzuspielen. Über 200 Spieler kamen hier zu dieser
Nachsichtung. Bei diesen beiden Wegen kann sich jeder selbst anmelden. Der
dritte Weg ist die Sichtung der Stützpunkttrainer in den Vereinen. Dies ist
eine wichtige Kernaufgabe der Stützpunkttrainer regelmäßig zu sichten. Im
Bereich Sichtung haben wir in der vergangenen Saison zugelegt. Aber auch
hier sind noch Steigerungspotentiale erkennbar. Da bleiben wir auch am Ball.



Frage: Das klingt bereits nach einem Blick in die neue Saison. Was planen
Sie an Neuem?



Michael Köllner: Neu ist vielleicht der falsche Begriff. Ich denke wir
müssen noch optimieren. Optimierungen sehe ich im Trainingsprozess, Hier
müssen wir den nächsten Schritt machen. Ebenso muss wie eben erwähnt die
Sichtung intensiv bleiben und an einzelnen Orten noch intensiviert werden.
Hier gilt es Spieler zu finden, die sich später entwickelt haben oder bisher
nicht aufgefallen sind in ihrer Persönlichkeit und Spielleistung. Zudem
müssen wir die Information, die Transparenz und die Kommunikation in alle
Richtungen noch weiter ausbauen.



Frage: Wie sieht das aus? Ein schwieriges Feld, oder?



Michael Köllner: Schwierig ja, aber enorm wichtig. Wir müssen die
Informationen an die Spieler(innen), Eltern und Vereine mit ihren Trainern
bringen. Hierzu versende ich seit vielen Jahren regelmäßige
Informationsschreiben, versuche Aktuelles über die Homepage des Bayerischen
Fußball-Verbandes zu kommunizieren und die Spitze der Regionalauswahl bei
den Einladungen usw. umfassend zu informieren. Einzelne DFB-Stützpunkte
leben dies auch schon sehr gut für ihren Bereich. Aber leider ziehen hier
noch nicht alle Stützpunkte mit...



Frage: Die Trainer in den Vereinen sind doch ein wichtiger Bestandteil einer
optimalen Talentförderung. Was passiert auf dieser Ebene?



Michael Köllner: Da stimme ich zu 100 Prozent zu. Aber wir müssen den
Trainerbereich unterscheiden. Ich sehe zum einen die Trainer, die aktuelle
Stützpunkt- und Auswahlspieler trainieren. Zum anderen sehe ich die Trainer,
die in einem Verein Jugendarbeit betreiben, die für den Fußball im Gesamten
von enormer Bedeutung ist. Die Trainer von Stützpunkt- und Auswahlspieler
müssen aus meinem Verständnis auch den Spieler etwas individueller
betrachten und auch deren Weiterkommen auf dem Schirm haben. Hier ist
Kommunikation sowohl Vereinstrainer - Spieler als auch Vereinstrainer -
Stützpunkt-/Auswahltrainer wichtig. Jeder Jugendtrainer sollte aber
versuchen sich auch immer wieder weiterzuentwickeln. Hier bieten wir an
jedem DFB-Stützpunkt das grundsätzliche Stützpunkttraining als
Praxisfortbildung in der Nähe an. Zweimal pro Jahr bieten wir bundesweit
Trainerfortbildungen an allen Stützpunkten an mit speziellen Themen
abgeleitet vom Spitzenfußball, aber für jeden Trainer und für jeden Alters-
und Leistungsbereich geeignet. Dieses Angebot nutzen schon sehr viele
Trainer, in etwa ca. 30 Trainer an jedem DFB-Stützpunkt.



Frage: Die Saison 2012/2013 lieferte beeindruckende Zahlen. Lassen sich
diese Zahlen wiederholen oder vielleicht sogar steigern?



Michael Köllner: Ostbayern ist mit knapp 1000 Vereinen die kleinste Region
in Bayern. Zudem haben wir wenige Topvereine im Jugendbereich, die Stammgast
in den Leistungsklassen bzw. Topligen sind. Von daher müssen wir innovativ
sein, immer einen Schritt voraus sein und vor allem Talentsichtung,
Talentförderung und Talententwicklung sehr gerne machen, von Herzen aus. In
die Zukunft sehen kann ich leider noch nicht. Aber ich bin guter Dinge, dass
meine DFB-Stützpunkttrainer analog zu ihren Spielern weiter Gas geben.
Entscheidend ist aus meiner Sicht der Trainerbereich. Der Trainer hat eine
Schlüsselfunktion in der kompletten Talentförderung. Darum muss ich immensen
Wert auf die Qualität und Kompetenz der Stützpunkt- und Auswahltrainer
achten und deren Fähigkeiten immer weiterentwickeln. Darum bleibt
Talentförderung auch in der Zukunft ein spannendes, komplexes und
innovatives Feld im Fußball.





Zur Person Michael Köllner:



43 Jahre alt; seit über 11 Jahren hauptamtlich beim Deutschen Fußball-Bund
angestellt und für die Talentförderung in der Region Ostbayern
verantwortlich; seit 2004 im Besitz der höchsten Trainerlizenz
"Fußball-Lehrer"; Buchautor; Autor von verschiedenen Fachbeiträgen; Referent
beim Bund-Deutscher-Fußballlehrer

Aufrufe: 05.8.2013, 08:47 Uhr
DFBAutor