2024-03-28T15:56:44.387Z

Spiel der Woche

Engagierte Mischung an der Seitenlinie

Das Trainergespann Thomas Brokelmann/Matthias Quadt soll dem Fußball-Landesligisten TuS Güldenstern Stade „langfristig gut tun“. TuS-Präsident Thomas Trabandt hatte die Vision von einer „guten Mischung“ verschiedener Charaktere. Menschlich scheint die Mischung zu funktionieren. Sportlich läuft es durchwachsen. Die Stader trennten sich 1:1-Unentschieden vom MTV Treubund Lüneburg, einer Mannschaft, die sie im Kampf um den Klassenerhalt schlagen müssten. Noch hat die junge Mannschaft Welpenschutz, noch haben Brokelmann und Quadt Zeit, ihre Konzepte umzusetzen. Dass die Uhr läuft, weiß Brokelmann allerdings genau.
Am Anfang der Vorbereitung auf die Saison standen zwölf neue Spieler im Güldensterner Kader. Jetzt sind es noch zehn. Das Durchschnittsalter der Mannschaft, die am Sonnabend vor nur 80 Zuschauern gegen Lüneburg auflief, lag bei 22 Jahren. Nach vier Spielen hält sich der Druck auf Spieler und Trainer noch in Grenzen. Obwohl die Hochrechnung von Thomas Brokelmann nichts gutes erahnen lässt. Fünf Punkte und Tabellenplatz zehn stehen zu Buche. Geht es so weiter, erspielt sich Güldenstern bis zum Ende der Saison 40 Zähler. Das reichte in der vergangenen Saison nicht für den Klassenerhalt. „Ich fordere die Zeit ein, die wir benötigen. Aber kein halbes Jahr“, sagt Thomas Brokelmann.
Die von Präsident Trabandt beschriebene engagierte Mischung schreibt Matthias Quadt einen „total guten Draht zu den jungen Spielern“ zu und definiert Brokelmann als einen „Teamplayer, der das Ganze im Auge hat“. Trabandt schätzt das strukturierte Training und sieht zwei Trainer auf Augenhöhe. 51 Prozent der Aktien hält Brokelmann, 49 Prozent Quadt.
Den Weg zur Entscheidung bestreiten beide gemeinsam. Der 33-jährige Quadt und der 39-jährige Brokelmann reden am Spielfeldrand ununterbrochen. Quadt zeigt sich gegen Lüneburg geduldiger bei Fehlern seiner Spieler. Brokelmann ist emotionaler, rauft sich die Haare oder schlägt die Hände über dem Kopf zusammen. Permanent dirigieren die beiden von der Seitenlinie, geben taktische Anweisungen, rufen rein, wann ein Spieler Druck auf den Ball ausüben soll, wann er vorlaufen soll, predigen die Zuteilung in der Abwehr. Aufgrund der Unerfahrenheit der meisten Spieler müssen Brokelmann und Quadt viel hereinrufen.
Gegen Treubund fehlt Güldenstern die Kompaktheit. Die Stader spielen hektisch und zerfahren, wie der Gegner auch. Deshalb hält sich das Niveau dieses Landesligaspiels in Grenzen. In der 32. Minute stellt sich die Stader Abwehr dumm an. In Überzahl können die Defensivakteure einen Querpass auf Lennart Holzhütter nicht verhindern. Holzhütter muss nur den Fuß hinhalten. Patrick Bartsch im Tor ist machtlos. In den übrigen Spielminuten hält er Güldenstern mit seinen Paraden am Leben.
Kevin Speer stochert den Ball zum 1:1 in der 71. Minute mehr ins Tor, als das er schießt. Güldenstern hat Glück, dass Schiedsrichter Bastian Mertel das kollektive Gedrücke von Speer und Benjamin Fritzenschaft kurz vor dem Treffer nicht als Foul wertet. Erst nach dem Tor und begünstigt durch eine Rote Karte für Lüneburgs Sascha Winter wegen dessen Ellenbogeneinsatzes spielt Güldenstern in der Folge aggressiver und mit Tempo. Zählbares kommt nicht mehr dabei heraus.
Mit dem Abpfiff des Spiels beginnt für das Trainergespann die Vorbereitung auf das nächste. Gemeinsam setzen Brokelmann und Quadt die Trainingsschwerpunkte. Das Umschaltspiel war Thema der vergangenen Woche. Die Spieler haben das Erlernte gegen Lüneburg nur bedingt eingesetzt. Quadt und Brokelmann schreiben sich viel, telefonieren unter der Woche, sehen sich beim Training und beim Spiel. „Wie in einer Beziehung“, sagt Quadt, der zugibt, seine Familie manchmal kaum zu sehen. Fußball und Privates auf die Reihe zu bekommen, sei ein schmaler Grat.
Brokelmann hat als Trainer die B-Lizenz. Quadt hat nichts. „Ich lerne viel von ihm“, sagt Quadt. Er kauft sich Lehrfilme, Literatur, schaut Videos im Internet und überlässt dem sechs Jahre älteren Cheftrainer auf dem Papier die sachliche Ansprache in der Kabine vor den Spielen und in der Halbzeitpause. Weil Quadt hinter verschlossenen Türen durchaus emotional sein kann, ergänzt er auf seine Art. Er kommt mit Spielern zurecht, die ein leichtes Kopfproblem haben. Vielleicht, weil er einst als Aktiver auch keinesfalls ein einfacher Kopf war.
Quadt und Brokelmann haben Lust auf die Arbeit, Lust auf Fußball, Lust auf das Team. Siege sind Siege der Mannschaft. Niederlagen nehmen sie auf ihre Kappe. Das spüren die Spieler offenbar und ziehen mit. Kevin Speer hat am Sonnabend seinen Dienst auf seiner Arbeitsstelle so eingeteilt, dass er zum Fußball kurz verschwinden konnte. Nach seinem Tor 20 Minuten vor Schluss wechselte Brokelmann Boris Gröne für ihn ein. Speer verschwand sofort in der Dusche und fuhr zurück zur Arbeit.
Güldenstern ist derzeit ein Haufen von Spielern, der sich allmählich kennenlernt. Nach dem Abpfiff sitzen sie zusammen. Nach dem Training. Zum Kennenlernabend mit den Spielerfrauen haben sich bereits acht Paare angemeldet. Matthias Quadt leuchten die Augen, als er davon erzählt.
Aufrufe: 024.8.2014, 22:39 Uhr
Daniel BerlinAutor