2024-05-02T16:12:49.858Z

Vereinsnachrichten
Achim Schulze in seinem Element. Auch mit 53 Jahren steht er noch regelmäßig für seinen TSV Düring auf dem Fußballplatz - und das nicht nur in der Ü30-Mannschaft, sondern auch in der 2. Herren. Foto: privat
Achim Schulze in seinem Element. Auch mit 53 Jahren steht er noch regelmäßig für seinen TSV Düring auf dem Fußballplatz - und das nicht nur in der Ü30-Mannschaft, sondern auch in der 2. Herren. Foto: privat

"Einmal noch mit den Jungs kicken"

TSV Düring veranstaltet am Sonnabend Ehrenspiel für an Krebs erkrankten Torhüter Achim Schulze

Die Diagnose ist erschütternd: Magenkrebs, der bereits ins Bauchfell gestreut hat. In eine Chemotherapie muss Achim Schulze nun seine ganzen Hoffnungen setzen. Ob der langjährige Torhüter der zweiten Herren des TSV Düring danach auf den Fußballplatz zurückkehren kann, steht in den Sternen. Sein großer Wunsch: „Einmal noch auf dem Platz stehen.“ Dieser wird ihm nun erfüllt – seine Vereinskameraden organisieren ein Spiel, nur um ihn zu ehren. VON Dennis Paasch

Wenn am Sonnabend um 14 Uhr die „Achim Allstars“ an der Uhlandstraße in Düring auf das „Düring Dreamteam“ treffen, ist das alles, aber kein normales Fußballspiel. Klar, es geht um Tore, um den sportlichen Wettkampf, aber es geht vor allem darum, dem „gutmütigsten Menschen, den ich kenne, eine große Ehre zu erweisen“, so Ingmar Wethje, Pressewart des TSV Düring. Denn niemand kann wissen, ob Achim Schulze noch einmal als Spieler auf den Fußballplatz zurückkehren wird. Und der war jahrelang sein zweites Zuhause.

Seit 2001 ist der heute 53-Jährige Mitglied im TSV Düring und seit deren Gründung ein unverzichtbares Mitglied der zweiten Herren. Auch in der Ü40-Mannschaft des Vereins steht das Torwart-Urgestein regelmäßig zwischen den Pfosten.

„Für Achim ist das alles ganz normal. Er gibt uns so viel mit seiner freundlichen zurückhaltenden Art, ist immer für seine Mannschaftskameraden da. Eine Gegenleistung hat er dafür nie verlangt. Das Spiel ist das Mindeste, das wir tun können, um ihm zu zeigen, wie viel er uns bedeutet“, erklärt Michael Engel, der das Spiel zu Schulzes Ehren gemeinsam mit unter anderem Ingmar Wethje, TSV-Vorstand Dieter Ehlers, Kai Stelljes und Mathias Strahl organisiert.

Diagnose vor Weihnachten

Der 22. Dezember 2015 war der Tag, ab dem Achim Schulzes Leben nicht mehr so sein sollte, wie es einmal war. „Ich war eigentlich immer kerngesund, hatte nie etwas. Es war kein Problem für mich, auch im fortgeschrittenen Alter zwischen den Pfosten zu stehen“, erinnert er sich. Dann kamen erst die Magenschmerzen und dann die Diagnose „Magenkrebs“.

Am Tag vor Weihnachten sei er aus dem Krankenhaus entlassen worden. „Mit der Diagnose im Kopf und ohne Geschenke in der Tasche“ – trotzdem habe er mit seiner Familie noch ein schönes Weihnachtsfest verbringen können. Erst nach Silvester wurde festgestellt, dass der Krebs im Körper des lebensfrohen und im Verein äußerst beliebten Mittfünfzigers schon sein Unwesen getrieben hat. Eine Streuung ins Bauchfell wurde festgestellt.

„Das war natürlich ein harter Schlag. Ich bin eigentlich ein positiver Mensch, aber so etwas musst du erst mal verdauen“, sagt er. Von da an war klar: „Papa kann mit einer OP nicht mehr geheilt werden“, wie Schulze auch seinen drei Kindern mitgeteilt hat. Doch er steckt nicht auf, will nicht, dass man ihn schon abschreibt. „Versprechen kann ich nichts, aber ich will natürlich gerne wieder auf den Platz zurückkehren“, sagt er.

Das Spiel, das seine Vereinskameraden nun für ihn organisieren, sei daher auch kein Abschiedsspiel. Es zeigt eher, was möglich ist, wenn Menschen mit ihrem Verein verwachsen, wenn sie füreinander da sind, sich Halt geben – in guten wie in schlechten Zeiten. In den guten Zeiten war Schulze immer für seinen TSV Düring und seine Vereinskameraden da. Jetzt, in Tagen größter Ungewissheit, revanchieren sich seine Freunde – mit all ihrer Herzenswärme. „Für mich ist das ein Ehrenspiel – und hoffentlich ein großes Fest“, sagt der Geehrte, der dem Verein sehr dankbar ist. „Beim TSV, da fühle ich mich geborgen, da fühle ich mich zu Hause.“

Achims großer Wunsch vor seiner Reise mit ungewissem Ausgang war daher auch kein teures Auto, kein Luxusurlaub und auch kein Fallschirmsprung. „Ich bin nicht der Typ, der sich so etwas Vermessenes wünscht“, sagt er in seiner bescheidenen Art. Einmal noch mit den Jungs kicken, einmal noch mit ihnen ein Bierchen trinken, einmal noch nach dem Spiel mit ihnen feiern. Das war es, was er gerne noch machen wollte, bevor seine Chemotherapie startet.

„Mit allen Sinnen genießen“

Die Behandlung hat er nach Absprache mit seinen Ärzten extra um eine Woche nach hinten verlegt, als seine Freunde ihm mitgeteilt haben, dass sie diesen Wunsch gerne in Erfüllung gehen lassen wollen: „Ich lebe nur im Jetzt, an meine Zukunft, wie auch immer sie aussehen mag, verschwende ich keinen Gedanken. Ich will diesen Moment genießen – mit allen Sinnen“, erklärt er seine Entscheidung und ist froh, dass neben vielen Mitstreitern aus seiner langen Zeit als aktiver Vereinsfußballer auch zwei seiner Brüder am Sonnabend mit von der Partie sind. Der eine, Peter, ist auch sein Trainer in der zweiten Herren. Der andere, Jens, hat schon seit Jahrzehnten nicht mehr auf einem Fußballplatz gestanden. Doch diesen Kick lässt er sich nicht entgehen. Ebenso wenig wie Achim Schulzes Sohn Daniel. Der hat seinen Vater schon zum Training der zweiten Herren begleitet, als er noch ein 14-jähriger Teenager war. Seit seiner Volljährigkeit ist der nun 26-Jährige ein Teil der Mannschaft.

Sie alle, seine Brüder, sein Sohn, seine etwa 40 Mannschaftskameraden aus den zweiten Herren und den Ü40-Senioren auf dem Platz sowie sicherlich etliche Zuschauer am Spielfeldrand, werden am Sonnabend alles dafür tun, diesen Tag zu einem ganz besonderen Erlebnis zu machen – für ihren Achim. Egal, bei welchen Wetter. „Wir spielen auf jeden Fall. Früher haben wir auch bei Schnee und Eis auf dem Platz gestanden. Warum sollte das heute nicht mehr gehen? Dann nehmen wir halt einen roten Ball“, sagt Engel, der sich mit den Mitorganisatoren ganz bewusst dafür entschieden hat, das Spiel groß anzukündigen – mit reichlich Werbung über das soziale Netzwerk Facebook. „Sonst hätten wir da mit 30 Leuten gestanden. Aber das wird Achim nicht gerecht. Er weiß gar nicht, was für ein geiler Typ er eigentlich ist. Wir glauben, dass ganz viele Menschen am Sonnabend für Achim nach Düring kommen werden.“ Das Spiel, nein, das Fußballfest, das dann steigt, soll dem 53-Jährigen „Kraft geben, um den folgenden Kampf gegen den Krebs aufzunehmen und den Mist zu überstehen“.

Schulze, dem es fast schon unangenehm ist, dass seinetwegen so ein Rummel veranstaltet werden soll, ahnt, dass „Sonnabend wohl mehr Leute zum Düringer Sportplatz kommen werden, als ich glaube“. Und er hofft, dass dann gar nicht erst große Trauerstimmung aufkommt. „Das ist nicht meine Beerdigung. Ich mag vielleicht momentan nicht mehr so gut aussehen wie früher, aber ich bin trotzdem noch der Alte“, sagt er und lacht dabei. Einer, für den seine Vereinskameraden Himmel und Hölle in Bewegung setzen würden, um ihm zu helfen – oder um ihm zumindest einen schönen Tag zu bereiten.

Ein Spiel für Achim
Was: Ehrenspiel für den an Krebs erkrankten Torwart Achim Schulze
Wann: Sonnabend, 23. Januar, 14 Uhr
Wo: Sportplatz Uhlandstraße, Düring
Bier: 1,50 Euro

"Er gibt uns so viel mit seiner freundlichen zurückhaltenden Art, ist immer für seine Mannschaftskameraden da. Eine Gegenleistung hat er dafür nie verlangt. Das Spiel ist das Mindeste, das wir tun können, um ihm zu zeigen, wie viel er uns bedeutet."
Michael Engel, Mitorganisator des Ehrenspiels

"Ich lebe nur im Jetzt, an meine Zukunft, wie auch immer sie aussehen mag, verschwende ich keinen Gedanken. Ich will diesen Moment genießen – mit allen Sinnen."
Achim Schulze



Ein Artikel der Nordsee-Zeitung

Aufrufe: 021.1.2016, 14:52 Uhr
Nordsee-Zeitung / Dennis PaaschAutor