2024-05-02T16:12:49.858Z

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Einmal klassisch, bitte. Top! Danke.

Das Mannschaftsfoto ist der Vorbote der neuen Saison. Unsere Reportage zeigt, was passiert, bis alle richtig stehen.

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Und jetzt gucken alle nochmal hier rüber! Genau! Hier! "Hier stehen wir", ruft einer, "hier drüben. Ja! Sehr schön! Danke. Top!" Und das Ergebnis sehen Sie rechts im Bild: 25 Vollprofis samt Trainerstab, Mannschaftsärzten und Physiotherapeuten, die aussehen, wie Fußballer auf dem Mannschaftsfoto zum Saisonstart nun einmal aussehen: geordnet, zuversichtlich, irgendwie akkurat.

Dass Peniel Mlapa noch vor zwei Minuten Nico Brandenburger am rechten Ohr zog, sieht man nicht. Rund 50 Fotografen sind in den Borussia-Park gekommen, um die Mannschaft in drei Reihen stehen zu sehen. 50 Fotografen hinter einem schwarzen Absperrseil im Seitenaus. Borussia-Pressesprecher Markus Aretz steht am Sechzehnmeterraum und sagt: "In fünf Minuten geht es los."

Das Mannschaftsfoto ist das wichtigste Fußballbild der Saison. Es zeigt ein Team, wie es war, bevor der ganze Zirkus losging. Die Schuhe sind sauber, die Frisur sitzt. Es gibt keine Gewinner und keine Verlierer, alles ist so schön ungewiss. Besonders Kinder warten sehnsüchtig auf das neue Bild. Sie hängen sich das komplette Team als Poster an die Wand und sehen gleich auf den ersten Blick: Wer ist neu, wer ist weg und wie machen sich eigentlich die neuen Trikots an den alten Idolen.

Filip Daems Trikot ist brandneu und glänzt in der Sonne. Der Kapitän ist der Erste, der aus dem Kabinengang kommt, gefolgt von Torwart Heimeroth in schwarz und Harvard Nordtveit mit grellen gelben Schuhen. Sie schlurfen von der Mittellinie Richtung Fotopodest, reden über dies und das, worüber, wissen nur die drei, denn alle anderen stehen hinterm Absperrseil.

Trainer Lucien Favre kommt im Polohemd. Er trägt zu große Turnschuhe vom Borussia-Ausstatter, die nicht zu ihm passen, aber das macht nichts. Auf dem Foto sind die Dinger später eh nicht zu sehen. Favre sagt "Hallo" und "Ça va" und man möchte antworten "Très bien" - Danke, es geht gut - aber da ist der Schweizer längst weiter.

Es dauert nun noch einige Minuten, bis alle versammelt sind. Die Fohlen traben auf den Platz, ein Galopp ist das noch nicht. Gerade noch erzählte ein Fotograf, dass sich seine Freundin plötzlich für Fußball interessiere, wegen der WM, "das hat sie früher nicht". Dann ist Ruhe. 50 Fotografen bringen sich in Stellung. 50 Objektive werden scharf gestellt, damit gleich alles reibungslos klappt.

Favre steht in der zweiten Reihe, rechts außen, Traoré sitzt unten links. Mlapa steht ganz oben, dritte Reihe, vor ihm Nico Brandenburger, dem er einen Klaps in den Nacken gibt und lacht wie ein Schuljunge. Nordtveit legt den linken Arm über die Schulter seines Nachbarmanns, Mahmoud Dahoud. Hrgota fährt sich mit den Händen durchs Haar. Ein letztes Mal. Das ist der Look, der eine ganze Spielzeit halten muss.

"Hallo, hier sind wir", rufen die Fotografen. Vorne auf dem Werbebanner steht "Die Fohlenelf". 38 Männer sehen auf und schauen Richtung Kameras.

Kurz darauf reihen sich Spieler und Trainer an der Gegengerade auf, zu Einzelaufnahmen, Lucien Favre vorneweg. Für 50 Fotos stellt er sich kerzengerade auf, in den kurzen Pausen dazwischen macht er sich locker. Aufstellen. Locker. Aufstellen. Locker. "Hallo, Patrick", sagt ein Fotograf und Patrick Hermann gähnt demonstrativ und stellt sich in Position. Marvin Schulz tippt auf die Uhr an seinem Handgelenk, die er nicht trägt. Der Zeitplan ist eng.

Es warten Aufnahmen für die Bundesliga-Vermarktung, für deutsche Fernsehsender, für den chinesischen und thailändischen Markt. Nach anderthalb Stunden sitzt Thorben Marx im Kabinengang auf dem Boden. Alvaro Dominguez läuft auf Socken, die Fußballschuhe trägt er in der Hand. "Früher wurde ein Foto für Autogrammkarten gemacht und eines mit der Mannschaft", erzählt Torwarttrainer Uwe Kamps. "Das war's." Schon ruft ihn ein junger Mann mit Klemmbrett zu sich. Weiß er denn, wozu das nächste Foto gut ist? "Ich hab' keine Ahnung", sagt Kamps und geht. Der Fotograf sagt: "Einmal klassisch, bitte." Kamps verschränkt die Arme. "Top! Danke."

Irgendwann ist Schluss, Favre möchte trainieren. Am Ausgang hängt das Mannschaftsfoto aus der vergangenen Saison. Mlapa steht hinten links und grinst. Der Schelm.

Aufrufe: 014.7.2014, 17:00 Uhr
Rheinische Post / Klas LibudaAutor