Mit dem 1. FFC Frankfurt, eine der ersten Adressen im deutschen Frauenfußball, und RB Leipzig, finanzstarker Aufstiegskandidat in die Bundesliga, hatten zwei renommierte Vereine Kontakt zu Osman Cankaya aufgenommen. Etwas grübeln musste der 26-Jährige schon, entschieden hat er sich jedoch weitere zwei Jahre für den Club, weil er hier mit seinem Trainerteam schon einiges bewegt hat.
Vor allem jedoch, „weil der Verein mit seinen Strukturen, seiner glänzenden Verbindung von schulischen und leistungssportlichen Anforderungen durch die Zusammenarbeit vor allem mit der Bertolt-Brecht-Schule sich nicht vor den Großen zu verstecken braucht“. Die Aufbauarbeit der vergangenen Jahre will er fortsetzen, sieht angesichts des stimmigen Rundum- Pakets für die Betreuung der Mädchen viel Entwicklungspotenzial.
Angebote namhafter Vereine hat auch Jessica May vorliegen, und nach der Berufung in den EM-Nationalkader durch DFB-Trainerin Anouschka Bernhard werden es sicherlich nicht weniger werden für die Defensivspielerin, die in der kommenden Saison aus Altersgründen in den Seniorenbereich wechselt. Darüber reden will sie nicht, eine Entscheidung steht noch aus – und aktuell steht die EM als Höhepunkt ihres jungen Sportlerlebens bevor.
„Total überrascht worden“ sei sie von der Entscheidung nach erst zwei Länderspielen. „Die Trainerin war von meinem guten Spielverständnis angetan“, hat sie im Gegensatz zum Club, wo sie ihren Platz im defensiven Mittelfeld hat, als linke Außenverteidigerin eingeplant. Und natürlich ist die Hoffnung groß, in den Gruppenspielen gegen Titelverteidiger Spanien (4. Mai), Italien (7. Mai) und Tschechien (10. Mai) auch eingesetzt zu werden.
Was danach, nach den beiden letzten Bundesliga-Spielen, kommt? Schulterzucken. Den Ausschlag gibt letztlich die Ligazugehörigkeit, um den nächsten Karriereschritt in Angriff zu nehmen. Schlechte Karten also für die Frauenmannschaft des Club als Regionalligist. Die Zweitliga-Zugehörigkeit würde vieles einfacher machen – nicht nur für Jessica May, sondern eventuell für weitere Leistungsträgerinnen wie Paula Bittner und Katja Fischer, die ebenfalls aus Altersgründen die U17 verlassen werden. Vor allem aber für den Verein.
Die Verantwortlichen mit Vereinschef Andreas Exner und Frauentrainer Norbert Frey an der Spitze wissen, dass der Knackpunkt der Übergang von der Jugend zu den Erwachsenen ist. Für den Aufstieg in die Zweitklassigkeit ist trotz aller eigenen Talente langer Atem notwendig, oder es müsste für externe Verstärkungen „viel Geld in die Hand genommen werden“, meint Exner. Das will (und kann) man nicht, Liga zwei bleibt dennoch das Ziel. „Der Aufstieg steht im Mittelpunkt, da ziehen wir an einem Strang“, sagt Cankaya – mit dem Risiko, dass vorerst die besten Talente für andere Vereine ausgebildet werden. Die Jugendarbeit wird dennoch nicht vernachlässigt, Exner lobt explizit, dass es immer wieder gelingt, entwicklungsfähige Talente an den Verein zu binden. Und Nachwuchsleiter Heinz Seidler-Kniffka ist angesichts des Enthusiasmus von Cankaya überzeugt, „dass wir noch nicht am Ende der Fahnenstange sind“.
„Fast durch mit der Kaderplanung“ sieht sich Cankaya für die U17 der Saison 2016/17. Trotz der Altersfluktuation ist ein totaler Umbruch kein Thema, weil immer darauf geachtet wird, dass im Kader Spielerinnen des jüngeren Jahrganges überwiegen, die Schritt für Schritt herangeführt werden. Daher spielt das intensive Scouting eine große Rolle, speziell für ihn und Co-Trainer Lukas Steinbrenner. Passen müssen die Neuen zur Mannschaft, nicht nur sportlich, sondern auch vom Typ her.
Zwei, die diese Voraussetzungen erfüllen und die vom Club-Konzept überzeugt sind, kann Cankaya schon nennen: Anna Madl, 15, vom 1.FC Passau ist eine seiner Wunschkandidatinnen fürs Mittelfeld und stand als Spielführerin der U16-Bayernauswahl auch bei anderen Interessenten auf dem Zettel. Dagegen ist Tabea Deiters, 15, vom VfR Großostheim bei Aschaffenburg ein selbst Kennern weitgehend unbekannter Name. Als Defensivspielerin vorgesehen, tut sie sich in ihrem Verein derzeit als überragende Torschützin hervor – offensichtlich ein Rohdiamant mit Überraschungspotenzial.