2024-05-02T16:12:49.858Z

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Den Absturz in die Regionalliga will der SSV Jahn unter allen Umständen vermeiden. F: Webel
Den Absturz in die Regionalliga will der SSV Jahn unter allen Umständen vermeiden. F: Webel

Eine Liga, die kaum mehr loslässt

Der Aufstieg aus der Regionalliga ist eine heikle Angelegenheit +++ Für den Jahn geht es daher darum, dieses Übel zu vermeiden

Die Akteure des FC Bayern München II liegen nach einem kuriosen Fußballspiel frustriert auf dem Rasen des Grünwalder Stadions. Es war der 1. Juni 2014, an dem die Aufstiegsträume der kleinen Bayern in letzter Sekunde platzten. In der Nachspielzeit des Relegationsspiels gegen Fortuna Köln unterlief Keeper Lukas Raeder ein katastrophaler Fehler. Beim Stand von 2:0 verschätzte sich der Schlussmann. Kölns Oliver Laux musste nur noch ins leere Tor einschieben. Dadurch siegte die Fortuna in Summe aus Hin- und Rückspiel. Die Bayern scheiterten, wie schon im Jahr zuvor der TSV 1860 München II, in der Relegation am Aufstieg in die 3. Liga. Und so bleibt es dabei: Seit Bestehen der neuen Regionalliga Bayern gelang es keiner Mannschaft, dieser nach oben hin zu entrinnen.

Auch beim SSV Jahn Regensburg ließ man sich nach der desolaten Hinrunde dieses beängstigende Szenario der Viertklassigkeit schon einmal durch den Kopf gehen. Zwar starteten die Rot-Weißen bislang mit guten Leistungen in die Restsaison, doch bis zum Klassenerhalt ist es noch ein hartes Stück Arbeit und ein weiter Weg. Sollte der Jahn jedoch in die Regionalliga Bayern absteigen, wäre das nicht nur mit Blick auf den Stadionneubau eine Katastrophe. Denn der Wiederaufstieg in die 3. Liga erscheint ein vielfaches schwerer als der Klassenerhalt.

Seit 2012 bildet die Regionalliga Bayern mit den Staffeln Nord, Nordost, West und Südwest die vierthöchste Ebene im deutschen Fußball. Die Liga profitiert zwar vom Dasein als Bayerns höchste Spielklasse, stellt aber vor allem für ambitionierte Vereine eine Herausforderung dar. Der Aufstieg aus der Viertklassigkeit erwies sich zuletzt als Traumtöter jeglicher Aufstiegsschwärmereien.

Aufstieg nur über die Relegation

Das Ligasystem sieht es vor, dass der Meistertitel nicht geichbedeutend mit einem direkten Aufstieg ist. Der Erstplatzierte qualifiziert sich lediglich für eine Aufstiegsrunde in die dritte Liga. Antreten darf dieser dann gegen die Meister der anderen Regionalligen sowie den Zweitplatzierten des Verbandes, der die meisten Mitglieder und Verbände im DFB stellt. Derzeit ist das die Regionaliga Südwest.

Wo die besonderen Herausforderungen dieser Spielklasse liegen, weiß einer ganz genau: Karsten Wettberg. Der frühere Trainer des TSV 1860 München ist ein Experte in Sachen Regionalliga und kennt sich im alten wie im neuen Ligensystem bestens aus. Er führte den SSV Jahn im Jahr 2000 in die damalige Regionalliga Süd und war 2013 als Trainer des SV Seligenporten in der jetzigen Regionalliga Bayern aktiv.

Wettberg, noch immer der erfolgreichste Amatauertrainer Deutschlands, ist überzeugt, dass die Regionalligen generell an Niveau gewinnen. „Sie entsprechen regelrechten Sammelbecken guter Spieler“, sagt der 73-Jährige. Vor allem Nachwuchstalente aus den Jugendabteilungen der oberbayerischen und fränkischen Profivereine nutzen die Regionalliga seiner Erfahrung nach als Chance. Spieler, die den Sprung in die ersten Mannschaften der Bundesligisten nicht schaffen, wechseln oft in die vierte Liga und können so nebenher ein Studium oder eine Ausbildung absolvieren. „Gerade die finanziell schwächeren Teams verstärken sich dadurch mit hervorragend ausgebildeten Spielern“, erklärt Wettberg. Er sieht ohnehin einen entscheidenden Vorteil in der Gründung der Regionalliga Bayern: „Der bayerische Fußball ist dadurch konzentrierter. Das kommt der Entwicklung der einzelnen Vereine entgegen.“

Zweite Mannschaften dominieren

Wettberg weiß aber ebenso um die Krux der Spielklasse: „Sie wird in weiten Teilen von den Reserve-Teams einiger Profimannschaften dominiert.“ Für vermeintlich kleinere Vereine sei es deshalb schwierig, eine ernstzunehmende Konkurrenz darzustellen. „Das liegt auch an den großen Unterschieden der einzelnen Mannschaftsetats“, sagt Wettberg.

Durch die Relegation ist auch die Stärke der vier anderen Regionalligen ein Problem. Wettberg sieht vor allem den Westen als stärksten Konkurrenten Bayerns. „In der Regionalliga West spielen viele Traditionsvereine und ambitionierte zweite Mannschaften. Natürlich wollen die alle nach oben“, erklärt er. Potenzielle Relegationsgegner für die bayerischen Teams sind namhafte Klubs wie Rot-Weiß Essen oder Alemania Aachen.

Trainingsaufwand ist kaum geringer

Was die finanziellen Gegebenheiten anbelangt, unterscheidet sich die Regionalliga zwar von der 3. Liga enorm, in Sachen Trainingsaufwand steht sie dieser aber kaum nach. Einnahmen durch TV-Gelder gibt es in der vierten Liga praktisch nicht. Nach Auskunft des Bayerischen Fußballverbands (BFV) steht man diesbezüglich in Verhandlungen mit dem TV-Sender Sport1. Im Falle einer Einigung, wäre dies aber auch nur ein Tropfen auf dem heißen Stein – zumal es auch den Weg nach oben nicht erleichtern wird.

Für den SSV Jahn geht es deshalb um alles. „Das ist kein Grund aufzugeben“, meint Wettberg. Er glaubt fest daran, dass die Regensburger den Klassenerhalt schaffen können – auch wenn es „verdammt schwer“ werden wird. Lukas Raeder, Bayern Münchens Pechvogel der letztjährigen Relegation, hatte nach dem verpassten Aufstieg übrigens auch genug von der bayerischen Regionalliga. Er flüchtete zu Vitória Setúbal in die erste portugiesische Liga.

Aufrufe: 025.2.2015, 12:06 Uhr
Alexander HuberAutor