Zum ersten Mal seit langer Zeit steht kein Feldspieler im Tor. Und das, könnte man meinen, zahlt sich aus. Denn Feldspieler, dass wissen vor allem die Torhüter, haben meist so gar keine Ahnung, wie man ein Tor hütet. Wenn man Wolfgang Joa fragt, den Torwart, dann aber liegt das Spardorfer Drei-Königs-Wunder nicht unbedingt an ihm. "Wir haben einfach Spaß in der Truppe." Spaß. Und Erfolg.
Zum ersten Mal seit 1999 hat es der Verein der Sportfreunde beim Erlanger Hallenfußball-Turnier ins Viertelfinale geschafft. Keine andere Mannschaft ist so häufig bereits in der Vorrunde ausgeschieden. Erst zum vierten Mal überhaupt war für die Spardorfer nicht schon nach zwei Spielen Schluss — in 25 Jahren Turniergeschichte. "Das ist für uns ein riesiger Erfolg. Es ging gleich eine SMS an alle herum", sagt Joa.
"Besonders für die jungen Spieler ist so ein Turnier immer ein Highlight." Für ihn, mit 29 Jahren der Opa des Teams, nicht unbedingt. Hallenfußball ist nicht sein Ding. Erst zum dritten Mal tritt er in der Emmy-Noether-Halle an. "Sonst überlegen wir, ob wir nach der Vorrunde überhaupt bleiben sollen." Wenn die Brucker Gashenker auftreten, sind die Spardorfer manchmal schon weg. Nicht aber dieses Jahr. Ein Unentschieden und das bessere Torverhältnis in der Gruppe C reichen fürs Weiterkommen. Gegen Landesligist ATSV Erlangen gelingt sogar ein Tor.
"Vor dem Viertelfinale haben wir schon gedacht: Jetzt bloß keine zu hohe Klatsche kassieren." Gegen den Bezirksligisten TV 1848 Erlangen ist für den A-Klassisten dann auch prompt Schluss. Bis zur Siegerehrung bleiben die Spardorfer diesmal dennoch. Und das lohnt sich. Denn am Ende streckt auch Wolfgang Joa einen Pokal gen Hallendecke: den für Fairplay.
Das Brucker Drei-Königs-Turnier ist mit seiner Historie auch ein Ort des Wiedersehens. Und damit: des Händeschüttelns. Holger Müller weiß das nur zu gut. Der Fußball-Abteilungsleiter der Spielvereinigung Erlangen kennt jeden und jeder kennt ihn. Ein Hallo hier, ein Händedruck dort. Seit 25 Jahren trifft sich das Who-is-Who des Erlanger Fußballs einmal im Jahr in der Emmy-Noether-Halle. Es ist eine Institution. Fast schon seit dem ersten Mal.
Die Sieger damals: Holger Müller und seine Spielvereinigung. "Das Turnier war etwas Neues", erinnert er sich. "Es gab insgesamt wenige Hallenturniere. Wir wollten aber alle gerne in der Halle spielen." Als die Spieli-Mannschaft damals antrat, habe keiner die eigenen Chancen einschätzen können. "Aber wir hatten ein starkes Team." Wie stark, zeigte sich erst im Laufe des Tages. Mit Spielertrainer Herbert Heydenreich gewannen Holger Müller und seine Mannschaft jede Partie bei nur drei Gegentoren.
Im Finale schlug der damalige Bezirksoberligist den SC Uttenreuth mit 3:2 und sicherte sich so den ersten Turniersieg überhaupt. Wolfgang Wohlgemuth war mit vier Treffern Top-Torschütze. Müller, ebenfalls Offensivkraft, hatte dreimal eingenetzt. "Wir haben als Preis ein Handtuch mit FSV-Bruck- Logo gewonnen, das habe ich heute noch", sagt Müller.
Dass er auch ein Vierteljahrhundert später am Drei-Königs-Tag seiner Spieli in der Emmy-Nother-Halle die Daumen drücken würde, konnte sich der Buckenhofener damals bei Weitem nicht vorstellen. Holger Müller hat das Turnier als Spieler, Trainer und Abteilungsleiter erlebt. Dreimal hat es die Spielvereinigung gewonnen, 1993, 2009 und 2016. Diesmal reicht es nur zu Platz vier. Doch wenn jetzt Müllers Team auf dem Feld steht, fiebert er direkt an der Bande mit. Ansonsten sitzt er mit seinem roten Spieli-Pulli auf der Tribüne. Oder schüttelt einem Bekannten freudig strahlend die Hand.
Die Torhüter, sagt Turnier-Organisator Thomas Groß bei der Siegerehrung, hätten in diesem Jahr herausragende Arbeit geleistet. Nur 97 Tore sind am Drei-Königs-Tag in Bruck gefallen. Zuletzt blieb die Hunderter-Marke bei 94 Toren im Jahr 2003 unberührt. Nach dem Rekord im Vorjahr, als 143 Treffer gefallen waren, haben die Angreifer diesmal also weit weniger Glück. Bester unter den Glücklosen ist Tom Jäckel. Im doppelten Sinn.
Mit acht Treffern ist er im mageren 97-Tore-Jahr der beste Schütze. Zudem spielt der Stürmer mit dem FSV Bruck das Finale, kann die 3:4-Niederlage gegen den SC Eltersdorf aber auch nicht verhindern. "Lieber hätte ich das Turnier gewonnen und wäre kein Torschützenkönig geworden", sagt der 29-Jährige. Traurig wirken die Brucker nach der Endspiel- Pleite dennoch nicht. "Das Turnier ist etwas Schönes, es ist einmalig in Erlangen, eine Institution", sagt Jäckel. Er selbst ist extra früher aus seinem Spanien-Urlaub zurückgekehrt, um dabei sein zu können. In den vergangenen Jahren hat er beim 1. FC Schweinfurt 05 und bei Jahn Forchheim gespielt, das Brucker Turnier war für den ehemaligen Eltersdorfer weit weg.
"Jetzt hat es Spaß gemacht, einfach zu kicken, ohne Druck zu haben." In der Landesliga geht es für den FSV schließlich um Punkte, wenn nicht gar um den Aufstieg. "Als Ausrichter sind wir zwar auch mit einer gewissen Einstellung in das Turnier gegangen", sagt Jäckel. Aber es ist dennoch etwas anderes. Wirklich hitzig wird es nur im Viertelfinale, "das auch ein Finale hätte sein können". Bruck trifft auf den Liga Rivalen ATSV Erlangen: das Stadt-Derby am Tag der Stadt-Derbys. Es ist das spannendste Spiel des Turniers, mit grölenden Zuschauern auf den Rängen und technisch hochklassig. "Dafür spielt man doch Fußball", sagt Jäckel. Im Neunmeterschießen setzt sich sein Team durch. Im Finale aber ist der SCE nicht mehr zu schlagen.
Zweimal war Kevin Köhler Zweiter. Finale verloren, und das jeweils gegen einen Bezirksligisten. 2015 gewann der SV Tennenlohe, im Vorjahr war es die Spielvereinigung Erlangen. Diesmal sollte es anders werden. "Wir lagen 2:0 vorn, haben des Ausgleich kassiert. Aber dann habe ich aufgedreht und das 3:2 gemacht." Kevin Köhler sagt das im Spaß, die Mitspieler um ihn herum lachen und feiern im Kabinengang. Den Pokal haben die Eltersdorfer direkt mit Bier gefüllt, eine Pfütze ist wenig später noch übrig. Am Abend wird gefeiert, im Sportheim. Dabei geht es nur um ein Hallenfußball-Turnier. Aber eben nicht um irgendein Hallenfußball-Turnier. "Es ist ein super Turnier, mit Tradition", sagt Köhler. "Ich komme immer wieder gerne her, auch weil ich Hallenfußball mag." Es ist ein Einladungs-Turnier, weder Antritts- noch Preisgeld gibt es. Als Bayernligist tritt der SCE als klassenhöchstes Team an, ein Selbstläufer aber ist der Sieg dennoch nicht. "Die Halle hat eigene Gesetze, die Liga ist fast egal", sagt Köhler. "Die meisten Vereine schicken ihre besten Spieler. Im ersten Spiel haben wir 5:0 gewonnen und es dann schleifen lassen", sagt der 23-Jährige. In der Gruppenphase bestrafen das die Tennenloher, doch entscheidend ist es nicht.
"Wir hatten Losglück." Nach dem 6:1 im Viertelfinale gegen den TSV Frauenaurach wirft Eltersdorf mit der Spieli den Titelverteidiger aus dem Turnier. Im Finale treffen Patrick Fuchs und Christopher Uwadia zum 2:0-Pausenstand, Tim Basener und Tom Jäckel gleichen für Bruck aus, ehe Köhler kurz vor Schluss den Ball ins Tor hämmert und für die Entscheidung sorgt. Nach 2013, 2007, 2002, 2001, und 1994 ist es der fünfte Turniersieg des SCE. Gefeiert aber wird, als wäre es der erste.
Die meisten Fußballer kommen ohne Frühstück. Dementsprechend geschäftig geht es am Morgen im Foyer der Emmy-Noether-Halle zu. Karin Bergfeld hat dann schon literweise Kaffee gekocht. Müde Männer müssen schließlich wach werden, auch am Feiertag. Für die 67-Jährige ist das nichts Neues, sie hilft seit 25 Jahren beim Drei-Königs-Turnier am Verkaufsstand. "Beim FSV Bruck bin ich seit fast 50 Jahren, früher in der Gymnastikabteilung, später Schriftführerin, solche Sachen", sagt Bergfeld. Engagiert war sie schon immer. Und wenn der Verein Helfer sucht, ist sie da. So war das bei der Turnier-Premiere, so ist das heute. "Ich freue mich immer auf den Tag, man trifft viele Leute nur hier. Es ist wie eine Fußball-Messe." Ein paar Besucher würden aber auch nur für ein Leberkäsebrötchen vorbeischauen.
Verändert hat sich am Angebot der Speisen und Getränke wenig. "Es hat sich bewährt." 120 Liter Kaffee kochen Bergfeld und ihre Kolleginnen an diesem Tag. Brötchen und Kuchen gibt es. "Wir backen alle selbst, auch die Spieler bringen Kuchen mit." Der Verkaufsstand hingegen sieht anders aus als vor 25 Jahren. "Die Vorschriften haben sich geändert, wir haben jetzt diese Glastheke." Im Helfer-Team sieht die Bruckerin ebenfalls immer die gleichen Gesichter, aber auch neue kommen hinzu. "Dieses Jahr ist meine Enkeltochter im Verkauf dabei. Meine Söhne sind auch in der Halle im Einsatz." Besonders in den Pausen ist der Andrang groß. Fußball schauen kann Bergfeld eigentlich kaum. "Wenn die Brucker das Finale spielen, schaue ich aber zu und drücke die Daumen." Aufhören möchte sie nicht, auch wenn die Arbeit den ganzen Tag durchaus anstrengend ist. "Man ist auch stolz, ein Teil davon zu sein. Das Turnier gehört einfach zu Erlangen dazu."