2024-05-02T16:12:49.858Z

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Ein Publikumsliebling namens Pony

Wie ein isländischer Stürmer Trier fest ins Herz schloss

Er kickte nur zwei Jahre lang in Trier - aber das reicht manchmal, um eine Liebe fürs Leben zu finden. Im zweiten Teil der neuen TV-Serie Nachspielzeit erinnert sich Elmar Geirsson (67) an die schönsten Momente seiner Fußballkarriere. Am Zweitliga-Aufstieg der Eintracht vor 40 Jahren hatte der Zahnarzt aus Island entscheidenden Anteil.
Es kann ziemlich unschön werden, wenn man als Fußballer keinen Einfluss auf den eigenen Spitznamen hat. "Pannen-Oli" klingt für einen Torwart eher wenig charmant. "Die Axt" für einen Innenverteidiger zumindest furchteinflößend. Und wenn der inzwischen verstorbene Wolfram Wuttke seinen Trainer Jupp Heynckes als "Osram" bezeichnete, dann eher nicht, weil er ihn für eine Lichtgestalt hielt.

Auch Elmar Geirsson konnte sich seinen Spitznamen nicht aussuchen. Den hat der Isländer bei Eintracht Trier verpasst bekommen. "Mein Teamkollege Elmar Frank sagte mir, dass ich einen neuen Namen brauche, damit es keine Verwechslung gibt." Er nannte den Mann aus Island, genau, Pony. Völlig okay für Geirsson. "Das ist auf jeden Fall besser als Affe oder Elefant", sagt der 67-Jährige im Telefonat mit dem TV-Reporter. Seit fast 40 Jahren lebt Geirsson wieder in Island, drei Mal in der Woche arbeitet er noch als Zahnarzt in seiner Praxis in der Nähe von Reykjavik. "Dank des Fußballs habe ich künstliche Gelenke im rechten und linken Knie", sagt der frühere Außenstürmer, der immer noch bestens Deutsch spricht. "Aber ansonsten geht's mir gut. Die genetischen Voraussetzungen sind auch nicht schlecht - mein Vater wird 100 Jahre alt, meine Mutter 95."

Zwei Jahren in Trier, von 1975 bis 1977, das ist keine lange Zeit bei einem Verein an der Schwelle zwischen Amateur- und Profi-Fußball. Spieler kommen, Spieler gehen. Manchmal gleich im Dutzend. Auch bei den eingefleischten Eintracht-Fans verblassen mit den Jahren Namen und Gesichter.

Bei Geirsson ist das anders, zumindest für diejenigen, die den Aufstieg 1976 miterlebt haben. Zum einen, weil er als Mediziner aus dem hohen Norden ein Exot war in einem Team, das fast nur aus Spielern aus Trier und naher Umgebung bestand. Zum anderen, weil er in der Aufstiegsrunde gegen die großen Favoriten Neunkirchen und Worms Glanzstunden erlebte. Sportlich - und privat.

Etwa am 27. Mai 1976, Christi Himmelfahrt. Das erste Trierer Heimspiel steht an, in der Aufstiegsrunde gegen Borussia Neunkirchen. Fünf Tage zuvor hat die Eintracht auswärts bereits mit dem 1:1 in Worms für eine dicke Überraschung gesorgt. Dank Geirssons Tor.

Vom Krankenhaus ins Stadion

An diesem Donnerstag hat Elmar Geirsson erst einmal andere Gedanken. "Ich war bis kurz vor dem Spiel im Krankenhaus bei meiner hochschwangeren Frau", erinnert er sich. "Dann habe ich schnell meine Tasche gepackt und bin sofort ins Stadion." Für die Eintracht läuft's rund vor 10.000 Zuschauern. Elmar Frank macht in der ersten Halbzeit das 1:0. Aber noch besser in Erinnerung ist Geirsson die Halbzeitpause. "Ich erfuhr über die Stadion-Lautsprecher, dass gerade meine Tochter Karin geboren wurde. Zur Feier des Tages habe ich dann ein Tor geschossen." Es ist das 3:0, kurz vor Schluss, aus dem krassen Außenseiter Trier ist plötzlich ein ernsthafter Aufstiegsanwärter geworden. Und bleibt es auch nach dem turbulenten 4:4 in Neunkirchen - nach 0:3- und 1:4-Rückstand. "Wir haben uns damals immer mehr gesteigert. Der Höhepunkt war das 5:4 gegen Worms im randvollen Moselstadion. Wir haben als Mannschaft so hart dafür gekämpft. Das war ein unglaublicher Moment", sagt er.

Nach dem Spiel wird "der überragende Elmar Geirsson" (TV vom 19. Juni 1976) von den Fans auf Händen vom Platz getragen. Ein Tor hatte er selbst erzielt, dazu zwei Elfmeter herausgeholt, die Wolfgang Riemann sicher verwandelte.

Geirsson hat zwar keinen Kontakt mehr zur Aufstiegsmannschaft von damals. Aber Trier hat er nach den "zwei wunderbaren Jahren" fest ins Herz geschlossen: "Trier ist für meine Frau und mich immer noch so etwas wie ein zweites Zuhause. Wir sind immer wieder mal dort, vor ein paar Monaten noch. Das war fußballerisch meine schönste Zeit. Das ganze Leben lag ja noch vor uns."

Dass er nach dem Studium in West-Berlin - parallel spielte er damals in der Regionalliga für Hertha Zehlendorf - in Trier und einer Praxis in Konz landete, war eher Zufall. "Ich bin damals mit dem Käfer durch Deutschland gefahren und habe geschaut, wo ich arbeiten könnte."

Die Eintracht hielt sich nach dem Aufstieg fünf Jahre in der zweiten Liga. Aber für Geirsson war die Profi-Karriere in Deutschland bereits am zweiten Spieltag der Saison 1976/77 praktisch beendet - nach einer schweren Knieverletzung. Geirsson brachte es nach monatelanger Pause noch auf ein paar Zweitliga-Einsätze und ein Tor, dann ging er 1977 zurück in die erste isländische Liga. Die Trierer Zweitliga-Geschichte schrieben danach andere. Und "Pony" nennt ihn heute keiner mehr, in den Straßen von Reykjavik. Aber mit dem Spitznamen verbindet Elmar Geirsson nur Gutes.


UND DANN WAR DA NOCH…
… die eine Sache, die Elmar Geirsson deutschen Nationalspielern wie Gerd Müller oder Franz Beckenbauer voraus hat: Der 23-fache isländische Nationalspieler feierte einen Pflichtspielsieg gegen die DDR. Während sich die Bundesrepublik im einzigen Pflichtspiel gegen die DDR bei der WM 1974 blamierte (0:1), sorgte Elmar Geirsson mit der isländischen Nationalmannschaft dafür, dass die DDR als Gruppenzweiter (und späterer Olympiasieger!) die Endrunde zur EM 1976 knapp verpasste. In einer Qualifikationsgruppe mit Frankreich, Belgien und Island kassierten die Ostdeutschen in sechs Spielen nur eine Niederlage - ausgerechnet gegen Geirsson & Co. beim 1:2 (0:2) in Reykjavik. Mit großer Vorfreude blickt Geirsson auf die erste EM-Teilnahme Islands im Juni: "Das ist die beste isländische Nationalmannschaft aller Zeiten. Das ist ein tolles Team, auch ohne große Stars. Ich hoffe, dass wir die Gruppenphase überstehen - das wird aber sehr schwer." Island trifft bei der EM in Frankreich in Gruppe F auf Portugal, Österreich und Ungarn.
Aufrufe: 02.2.2016, 19:14 Uhr
Volksfreund / volksfreund.de Andreas FeichtnerAutor

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