2024-05-08T14:46:11.570Z

Ligabericht
Hat aus einer Leidenschaft ein Geschäftsmodell gemacht: Uwe Schneider.  Foto: Brüssel
Hat aus einer Leidenschaft ein Geschäftsmodell gemacht: Uwe Schneider. Foto: Brüssel

Ein Oberpfälzer entstaubt die Torwand

Der Clou von KickUp:5: fünf statt zwei Löcher +++ Mit Klaus Augenthaler als Markenbotschafter will Uwe Schneider hoch hinaus

Uwe Schneider ist ein Tüftler vor dem Herrn. Ein Zentimeter mehr Durchmesser bei den fünf Löchern, 40 Zentimeter weniger Abstand zur Wand, das Ganze auf einer Grundfläche von elf mal 4,5 Metern. Fertig ist die Anlage, mit der er „das Torwandschießen revolutionieren“ und wenn möglich auch ein bisschen Geld verdienen will. „KickUp:5“, so nennt sich die moderne Variante eines leicht angestaubten Klassikers, nämlich der Torwand im „Aktuellen Sportstudio“ des ZDF. Generationen von Kickern haben sich an ihr versucht. Drei Schüsse rechts unten, drei links oben. Sechs Treffer sind seltener als im Lotto. Live im „Sportstudio“ hat dieses Kunststück noch keiner vollbracht.

Uwe Schneider war 15, als er sich bei einem Vereinsfest in Steinsberg (Landkreis Regensburg) das Torwand-Virus einfing. Geheilt ist er bis heute nicht, im Gegenteil. Ende Oktober ging an der Grunewaldstraße im Regensburger Osten die erste „KickUp:5“-Arena in Betrieb, weitere Anlagen in Passau und Nürnberg stehen vor der Eröffnung. Gemeinsam mit seinem Partner Detlef Erhardt will Schneider mit seiner Idee auf Tournee gehen und hoch hinaus. Von Ferne lockt schon der im Weltfußball sagenumwobene asiatische Markt. Vorerst aber sind Schneider und Erhardt in München präsent – bei der Internationalen Sportausstellung. Als Finalist beim „Brandnew Award“ der Ispo brachte das sportliche Start-up-Unternehmen schon Vorschusslorbeeren mit in die Landeshauptstadt. „Es hagelt Anfragen“, berichtet Schneider aktuell vom 120-Quadratmeter-Stand.


Ein Video des Unternehmens von der ISPO:

Drei Jahre Arbeit, ein „technisch steiniger Weg“ und viel Erfindergeist stecken in der knapp 60000 Euro teuren und jetzt serienreifen Anlage. Das Startkapital spendierte eine Münchner Gesellschaft, und die Kooperation mit einem großen Wettanbieter öffnet viele Türen. Die bereits patentierte Anlage „KickUp:5“ protzt mit neuester Software und Sensoren, der Ballrücktransport zum Schützen erfolgt nach dem Vorbild einer Kegel- oder Bowlingbahn, digitale Anzeigen informieren über den aktuellen Stand.

Mehr Löcher, mehr Spannung

Der Clou der Anlage sind jedoch die fünf Löcher der Torwand, rechts und links jeweils eins unten und eins oben sowie eines zentral. Sie sind laut Uwe Schneider der Garant für einen weit größeren Spannungsbogen als beim traditionellen Torwandschießen, denn sie haben verschiedene Wertigkeiten. Wer bei 15 Schüssen den Ball zum Abschluss dreimal mittig versenkt, rollt eventuell das scheinbar bereits enteilte Feld noch von hinten auf. Der Übergang vom Freizeitvergnügen für jeden Hobby-Torwandschützen oder den Stammtisch hin zum ernsthaft betriebenen Leistungssport ist fließend. „Ich will diese Variante als richtige Sportart etablieren“, sagt Schneider. Drei Spieler bilden ein Team, die Mannschaften messen sich dann in einer Regional- oder später vielleicht sogar Bundesliga (Schneider: „Unser Fernziel“). Der Vorteil: Die lästige Anreise zu Auswärtsspielen entfällt. Warum sollten die Schützen nicht gleichzeitig auf „KickUp:5“-Anlagen in Hamburg und Regensburg antreten? Online lässt sich das Geschehen live und simultan verfolgen.

Uwe Schneider eifert mit „KickUp:5“ dem Trendsport Darts nach, der sich dank fernsehgerechter Präsentation als TV-Quotenbringer etabliert hat. Einen prominenten „Markenbotschafter“ hat er auch schon gewonnen: Klaus Augenthaler, den Fußball-Weltmeister von 1990, der derzeit den Landesligisten SV Donaustauf coacht. Schneiders eigene Laufbahn als technisch versierter Mittelfeldspieler war durchaus respektabel, mit Stationen beim SSV Jahn und VfB Regensburg, dem TB Regenstauf und mehrfach als Spielertrainer bei seinem Heimatverein FSV Steinsberg. Zur erträumten Karriere als Profi reichte es für den Inhaber eines Kfz-Zulassungsdienstes jedoch nicht.



„Über eine Million Schüsse“

Dafür entwickelte er eine Meisterschaft als Kunstschütze an der Torwand. „Über eine Million Schüsse“ habe er mittlerweile abgefeuert. Schneider begann durch die Republik zu tingeln, er verblüffte bei Fan-Festen und Public Viewings oftmals die Veranstalter mit seiner Präzision. Diese blieben bisweilen den ausgelobten Hauptpreis zunächst schuldig, weil sie zwar mit einem Auto als Gewinn für sechs Treffer prahlten, jedoch niemals ernsthaft in Erwägung gezogen hatten, dass sie den fahrbaren Untersatz tatsächlich übergeben müssen.

Apropos Hauptpreis: Schneiders Lohn für die Treffsicherheit war 1998 ein Trip zur Fußball-WM nach Frankreich, wo er erstmals über dem Konzept für ein modifiziertes Torwandschießen grübelte. Er nahm sich für die Realisierung Zeit, „weil immer klar war, dass ich erst die Fußballschuhe endgültig an den Nagel hängen will, bevor ich die Idee ernsthaft angehe“. Wie oft ihm die magischen sechs Treffer an der traditionellen Torwand gelungen sind, hat er nicht gezählt. „Über 100 Mal“, schätzt Uwe Schneider: „Das liegt mir einfach.“ Nun macht er aus seiner Leidenschaft ein Geschäftsmodell.

Aufrufe: 08.2.2017, 07:00 Uhr
Heinz Gläser, MZAutor