2024-04-24T13:20:38.835Z

Vereinsnachrichten
Immer gut gelaunt: Heinz Werner in seinem Garten in Neuenhagen  ©Edgar Nemschok
Immer gut gelaunt: Heinz Werner in seinem Garten in Neuenhagen ©Edgar Nemschok

Ein Leben für den Fußball

Heinz Werner trainierte in der DDR Vereine wie den 1. FC Union Berlin, Hansa Rostock und Stahl Brandenburg. Angepasst war er nicht.

Heinz Werner ist einer der erfolgreichsten Fußballtrainer (Ost-)Deutschlands. Unter anderem führte er den 1. FC Union Berlin und Stahl Brandenburg in die DDR-Oberliga. Auch mit Hansa Rostock spielte er dort. Bis es eines Tages zu einer der spektakulärsten Trainer-Entlassungen im Arbeiter- und Bauern-Staat kam.

"Hören Sie das lustige Pfeifen nicht? Ja, der Herr Werner müsste zu Hause sein. Er hat eigentlich immer gute Laune", sagt eine Nachbarin in der kleinen Gartenkolonie in Neuenhagen.

Und tatsächlich, hinter der hohen Hecke seines knapp 400 Quadratmeter großen Gartens kümmert sich Heinz Werner um seinen Rasen und die Rosen. Heinz Werner wird in diesem Jahr noch groß Geburtstag feiern, denn er wird 80. Seinen Namen verbinden die Fußballfans vor allem mit den Traditionsvereinen wie 1. FC Union Berlin, Hansa Rostock oder Stahl Brandenburg. Den Begriff Trainerlegende hört er nicht gern, kann ihn mit Sicherheit aber auch nicht verleugnen.

"Ist der Rasen nicht schön?" Und schon ist Heinz Werner in seinem Element. "Ich werde Ihnen mal erzählen, wie ich zu diesem Grundstück gekommen bin. Im Juni 1989 wurde ich als Trainer der DDR-Nationalmannschaft von dieser Aufgabe entbunden." Was war passiert? Anfang 1989 wurde Werner zusammen mit Frank Engel als Assistenztrainer von Manfred Zapf zum Team von DDR-Nationaltrainern ernannt. "Eine Sache, die ich in dieser Konstellation nicht wirklich so wollte." Nachdem die Nationalmannschaft die Weltmeisterschafts-Qualifikation praktisch verspielt hatte, sollte das Trainertrio komplett entlassen werden. "Ich wurde dann zum Höhepunkt dieser Geschichte aufgefordert, zur Präsidiumssitzung des Fußballverbandes der DDR zu erscheinen. Auf der mir offiziell die Entlassung mitgeteilt werden sollte. Dem damaligen Generalsekretär Wolfgang Spitzer habe ich dann aber gesagt, es ist doch schon alles entschieden. Ich komme nicht zu dieser Sitzung, sondern fahre jetzt nach Neuenhagen und kaufe mir einen Garten."

Es war nicht das erste Mal, dass Heinz Werner ihm vorgezeigte gerade Wege verließ und mit den Funktionären des DDR-Fußballs, aber auch denen der politischen Organe aneckte.

"Ich habe bestimmt eine der spektakulärsten Entlassungen aus dem Amt eines Trainers miterleben müssen. Ich erinnere mich noch sehr gut, an den 8.März 1975 - Frauentag. Wir spielten zu Hause gegen FC Carl Zeiss Jena und gerieten früh in Rückstand. Mein Freund Hans Meyer war damals Trainer in Jena. Der Genosse Harry Tisch, Bezirkschef von Rostock, kam von einer Frauentagsfeier, und war, sagen wir mal so, recht gut gelaunt und angeheitert ins Stadion. Während des Spiels, Rostock war abstiegsgefährdet, hatte er entschieden, die Aufstellung der Mannschaft zu ändern. Er stand - er versuchte, zu stehen - plötzlich an der Trainerbank und forderte mich lautstark zur Auswechslung zweier Spieler auf, was ich nicht tat. Es kam zum Eklat, und ich war meinen Job in Rostock los."

Danach begann eine seiner erfolgreichsten und für ihn auch schönsten Stationen seiner Trainertätigkeit. Ab Januar 1976 arbeitete er beim 1. FC Union. Eine Liebe, die sich erst langsam entwickelte. Werner schaffte mit dem Zweitligisten aber auf Anhieb den Aufstieg in die Oberliga und konnte sich bis zum Ende der Saison 1979/80 im DDR-Fußballoberhaus halten.

Noch heute spricht man von ganz neuen Trainingsmethoden, die er sich erdachte und einführte. Legendär waren seine Wintertrainingslager in Frauenwald (Thüringen). Hier wurde mit hohen Trainingsumfängen Ausdauerschulung betrieben. Bis zu sieben Stunden Laufarbeit (täglich) waren unter anderem angesetzt. Die Spieler waren gereizt und aggressiv. Da sorgte er an einem Wochenende dafür, dass die Spielerfrauen kurzerhand in ein Trainingslager eingeladen wurden. Damals ein absolutes Novum.

Und obwohl der Verein 1981 unter seiner Regie den erneuten Aufstieg in der Oberliga der DDR feierte, wurde er von Harry Nippert abgelöst. Ein harter Schlag für Werner. Doch die Liebe zum 1. FC Union ist geblieben und noch heute fährt er zu den Heimspielen in die Alte Försterei "in ein wirklich tolles Stadion".

Es folgten weitere Stationen, wie die in Brandenburg, als er einen bis dahin eher unbedeutenden Verein (Stahl Brandenburg) in die Oberliga (1984) führte. Und auch hier musste er sich der Macht einiger Funktionäre beugen, die den Sportbereich mit beherrschten und ihn nach Karl-Marx-Stadt schickten.

Geboren ist Heinz Werner in Uenglingen, einem Ort in der Nähe von Stendal. Hier ging er zur Schule. Er machte später in Stendal sein Abitur. Werner wuchs bei den Großeltern auf, da seine Eltern in einem kleinen Bäckerbetrieb beruflich stark eingebunden waren. "Meine erste große sportliche Liebe gehörte dem Handball. Durch meine Schnelligkeit und Beweglichkeit war ich auch gar nicht so schlecht und als Kreisläufer warf ich viele Tore", erinnert er sich heute. Damals wurde noch Feldhandball gespielt. Bei Lok Stendal schloss er sich der Fußballmannschaft an. Seine Stammposition war die eines rechten Verteidigers. "Aber schon damals fand ich die starren Strukturen in Spielsystemen nicht gerade sinnvoll. Für einen Verteidiger war an der Mittellinie auch Schluss. Ich wollte mit meiner Grundschnelligkeit als etatmäßiger Abwehrspieler auch in der Offensive für Überraschungen sorgen." Doch eine schwierige Verletzung am Knöchel setzte seiner Karriere schon mit 23 Jahren ein Ende.

Nach seinem Pädagogikstudium (Geografie und Sport) verschlug es ihn nach Schwerin. Er arbeitete an einer Oberschule als Lehrer, ehe die erste Trainerstation beim KKW Greifswald, eine Art Vorzeigeverein in dieser Zeit, folgte und seine Trainerkarriere begann.

Nach der Wende in Deutschland galt es auch für ihn, sich neu zu orientieren. Vor allem die Tatsache, dass der DFB die Lizenzen der DDR-Trainer nicht anerkennen wollte, ärgerte ihn. Nach einem Disput mit dem damaligen Nationaltrainer Berti Vogts gelang es ihm aber, "dass die Herren vom Vorstand des DFB die Qualifikation der DDR-Trainer anerkannten".

Für ihn selbst gab es allerdings keine wichtigen Engagements bei großen Klubs mehr. Er arbeitete viel im Ausland und sagt heute, dass er 48 Länder der Welt bereist und in diesen zum Teil gearbeitet hat. So trainierte er zum Beispiel in China eine Mannschaft in Guangzhou.

Viele schöne und interessante Länder hat er kennen gelernt, wo er auch mehrfach wieder zu Vortragsreisen eingeladen wurde. "Wissen Sie, ich habe aber auch sehr viel Elend gesehen ..." Er spricht in diesem Zusammenhang von Brasilien und Südafrika. "Eines ist jedoch überall gleich, der Fußball verbindet und hat eine ganz besondere Magie."

Und auch heute ist Werner noch aktiv. So zeigt er Fotos, die jüngst während eines Trainingslagers, "Fußballcamp sagt man ja heute", entstanden sind. Er trainierte mit 47 Kindern beim VfB Schönebeck. "Das war anstrengend, hat aber auch mir sehr viel Spaß gemacht."

Selbst mit 79 ist sein Terminkalender noch voll. "Ich kann nicht lange ausruhen. Ich muss immer etwas zu tun haben", gibt er zu und sagt auch ein wenig Danke an seine Frau Anneliese. "Die stand mir in den vielen Jahren immer zur Seite."

Für den Herbst gibt es bereits zwei Anfragen. "Ich soll Vorträge vor Trainern in China und in Israel halten und freue mich riesig."

Aufrufe: 027.7.2015, 17:59 Uhr
MOZ.de / Edgar NemschokAutor